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Lernen fürs Leben

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Lernen fürs Leben

Auch in diesem Jahr beherbergte das toskanische Städtchen Volterra 16 junge Handwerkergesellen aus der Region Stuttgart für einen Lern- und Arbeitsaufenthalt.

Susanne Wierse

Von einem Grad auf 15 Grad Celsius: so fühlte sich der erste positive Eindruck für die jungen Handwerksgesellen bei ihrer Ankunft in der Toskana an. Für drei Monate fanden sie hier eine Wohn- und Arbeitsstätte und konnten nach ihrer Ausbildungszeit eine erste berufliche Auslandserfahrung sammeln. Die Spanne der teilnehmenden Berufe ist groß: Dabei sind eine Konditorin, ein Glaser und eine Glaserin, ein Anlagenmechaniker Sanitär, eine Friseurin, drei Schreiner, ein Zimmerer, drei Stuckateure und eine Stuckateurin und zwei Maler- und Lackiererinnen.
Das italienische Städtchen Volterra genießt für viele Handwerker aus der Region Stuttgart eine besondere Bedeutung: Seit 1999 haben hier nach Ende ihrer Ausbildungszeit mehr als 300 Teilnehmer beim Austauschprojekt „Leonardo da Vinci“ berufliche wie auch persönliche Erfahrungen gesammelt.
Um sprachliche Barrieren auszuräumen, beginnt der Aufenthalt mit einem auf die Praxis abgestimmten Sprachkurs in der Villa Palagione, einem Kultur- und Bildungszentrum. Einst Sommerresidenz adliger Volterraner, wurde die Villa vor ca. 30 Jahren von einer deutsch-italienischen Gruppe vor dem Zerfall gerettet und restauriert und gilt heute als eine der schönsten in der Stadt.
Erfahrungen sammeln
Die 23 Jahre alte Maler- und Lackiererin Stephanie Krüger aus Schorndorf, ihre Berufskollegin Bianca Sowa, 22 Jahre aus der Nähe von Bietigheim und die ebenfalls 22-jährige Katharina Eichmann sind dieses Jahr mit dabei gewesen. „Mir hat es riesigen Spaß gemacht und ich möchte diese Erfahrung nicht missen“ stellt Stephanie Krüger im Nachhinein fest. Nach dem Sprachkurs hat sie mit Bianca Sowa und Katharina Eichmann sowie den beiden anderen Stuckateuren im Etruskermuseum gearbeitet: „Dort haben wir gemeinsam mit Maurern, Schreinern und Stuckateuren sechs Ausstellungsräume komplett restauriert. Wir haben gelernt, wie man alte Freskenmalereien freilegt und Löcher, Risse und größere Ausbrüche in den Wänden verspachtelt.“ Unterstützt wurden sie dabei von einer Restauratorin, die den Teilnehmern auch zeigte, wie man die Wände so bearbeitet, dass der neue Farbauftrag alt aussieht, um den historischen Charakter des Hauses zu imitieren. „Dabei haben wir ganz einfache Techniken, wie z.B. eine Lasurtechnik angewandt. Wo Bordüren erneuert werden mussten, fertigten wir Schablonen an.“ „Der vorherige Italienischkurs half, uns im Alltag (im Beruf, beim Einkauf, bei Festlichkeiten, etc.) zu verständigen,“ erklärt Katharina Eichmann und wischt damit das häufig befürchtete Hindernis Sprache zur Seite.
Die jungen Frauen haben vieles dazugelernt: „Beruflich hat mir das Auslandsprojekt viel gebracht. Ich habe neue Techniken erlernt, schon gelernte verbessert oder aufgefrischt“, bestätigt Stephanie Krüger. „Aber auch das Zusammenleben mit 15 weiteren jungen Handwerkern, gemeinsam eine Sprache zu lernen, sich um den Haushalt zu kümmern und die Freizeit zu gestalten war zwar oft anstrengend, aber es hat unheimlich viel Spaß gemacht.“ Auch Unterschiede zur Arbeit in Deutschland haben die jungen Teilnehmer feststellen können: „In Italien ist man um einiges gelassener, trotzdem funktioniert eigentlich alles reibungslos und das Arbeiten miteinander klappte hervorragend“, berichtet Stephanie Krüger und Bianca Sowa ergänzt: „Außerdem ist mir die Herzlichkeit der Menschen in Italien im Gedächtnis geblieben, besonders von den Personen, die uns betreut haben.“
Als einen der schönsten Momente der Reise beschrieben die Teilnehmerinnen den Moment, als alles fertig war und sie eine Gedenktafel im Museum bekamen. „Einen ganz besonderen Abschluss hatten wir durch die Jahresfeier des Leonardo-Projekts, das jetzt schon 15 Jahre stattfindet. Es gab ein großes Fest an dem viele ehemalige Teilnehmer und Verantwortliche teilgenommen haben. Wir haben zusammen gegessen, getanzt und uns über die vergangenen Projekte ausgetauscht“, beschrieb Bianca Sowa den Abschluss der Reise.
Resümees
Und welches Resümee ziehen die jungen Gesellinnen:
Stephanie Krüger: „Vorbereiten sollte man sich auf jeden Fall. Man sollte sich über den Aufenthaltsort informieren. Geld muss angespart werden, weil der Verdienst sehr gering ist, und Fragen zur Mobilität und Unterkunft müssen vorab geklärt werden. Aber kein Stress: Das sind alles Kleinigkeiten die sich schnell lösen, der Rest kommt von alleine und es lohnt sich auf jeden Fall bei solch einem Projekt mitzumachen.“
Bianca Sowa: „Vor allem hat das Projekt mich persönlich weitergebracht. Wir sind selbstständiger und selbstbewusster aus dem Projekt gegangen. Wir haben auch die italienische Sprache gelernt und während des LeonardoProjekts auch hilfreiche Kontakte knüpfen können, die uns vielleicht auch einmal helfen werden. Ich würde jedem raten, der die Möglichkeit hat, ins Ausland zu gehen oder auch hier in Deutschland bei so einem oder einem ähnlichen Projekt teilzunehmen, diese zu nutzen.“
Katharina Eichmann: „Das Leonardo-Projekt kam mir sehr gelegen, denn ich habe sowieso vor, mich im Bereich der Restauration weiterzubilden. Ich genoss einen tiefen Einblick in das Leben einer fremden Kultur und ich würde jedem jungen Handwerker eine solche Reise empfehlen, da dies dabei helfen kann, den Horizont zu erweitern und zu sehen, was der Beruf alles bietet.“
Ausblick
Nach 15 Jahren ziehen die Projektpartner aus Italien, vonder Kommune, der Sparkasse Volterra, der örtlichen Naturfreunde und von dem Kulturzentrum Villa Palagione wie auch von deutscher Seite, von der Handwerkskammer Region Stuttgart und dem Regierungspräsidium Karlsruhe, ein positives Fazit. Wichtig ist ihnen der Fortbestand der Qualifizierungsmaßnahme für die Nachwuchshandwerker. Da das Leonardo-Projekt jetzt ausgelaufen ist, wurde die Förderung beim „Erasmus Plus“- Programm der Europäischen Kommission beantragt. Diese wurde Anfang Juni genehmigt.
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