Fast scheint es, dass mit Tapeten bald alles möglich ist. Zum einen gaukelt uns der Wandbelag dank neuester Drucktechnologien täuschend echte Optiken vor. Zum anderen rüstet die Tapete technisch auf. Sie kann leuchten und als Orientierung dienen oder aber Materialien wie Basalt integrieren. Und dabei sieht sie immer gut aus.
Bärbel Bosch
Ein Ort für Stoffverliebte, Interieurbegeisterte und Tapetenbesessene ist die Heimtextil in Frankfurt, die dieses Jahr vom 14. bis 17. Januar stattfand. Sie gilt als Leitmesse für Wohn- und Objekttextilien. Das Thema „Nachhaltigkeit“ verbindet wie ein roter Faden alle Aspekte und Trends miteinander.
Im Trendbericht der Messe finden sich für 2015/2016 sowohl umweltfreundliche als auch luxuriöse Hightech-Materialien. Designer kombinieren Handwerk und Tradition mit Modernität. Nostalgische Elemente werden neu interpretiert. Kontrastreiche Dynamik, leuchtende Farben und Ethno-Muster, sollen das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen verdeutlichen.
Die Trends der Hersteller
Auch die Tapetenhersteller selbst sind Trendforscher, denn sie müssen mit ihren Kollektionen den Zeitgeist treffen. Erismann etwa sieht einen Trend zum natürlichen Wohnstil und nennt dies Quite Nature – Harmonie, Ruhe und Entschleunigung sind dabei Hauptthemen. Florales steht hier im Mittelpunkt. Dessins wie Blüten- und Rankenmotive gewinnen an Romantik und Leichtigkeit.
Verwaschenes, patiniertes Holz, Betonptiken und Steinmotive in täuschend echter Optik gehören zum Thema Factory-Spirit und sind bei vielen Herstellern zu finden. In warmen Farbnuancen und kombiniert mit hellen Holzmöbeln wirken diese Motive besonders puristisch und expressiv.
Mit „weniger ist mehr“ werden Räume hochelegant präsentiert. Ornamentik in neuzeitlichen Facetten und gedämpfte Farbwelten geben hier den Ton an. Aber auch Glanz und Glimmer findet seine Liebhaber. Die Kombination von Matt- und Glanzeffekten wird durch dezente Farbverläufe betont.
Farbtrends
Sanft, zart, warm und diffus kommen die neuen Farben laut Erismann 2015 daher. Insgesamt wird der Farbmix erdiger und atmosphärischer. Blautöne werden neutraler, Grün vermischt sich mit Blassgrau und Rotnuancen sind verspielt, tropisch oder pastellig. Helle und erdige Naturtöne stehen besonders im Fokus. Kombiniert mit unterschiedlichen Abstufungen von sanften Grautönen ergibt sich ein klarer und minimalistischer Wohnstil. Akzente setzen Farbtupfer. Neu im Farbspektrum sind warme Orangetöne. Diese Nuancen passen zum Metallic-Trend und lassen sich besonders gut mit unterschiedlichen Holzarten kombinieren.
Neuheiten
Pickhardt + Siebert aus Gummersbach setzt auch weiterhin auf die Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen. Die dritte Kollektion des Poptitans heißt Spotlight und besteht aus drei Serien.
Auch die Marburger Tapetenfabrik setzt auf bekannte Namen in der Branche. Der Designer Ulf Moritz hat mit Imagination die sechste Kollektion für das Unternehmen geschaffen, in der er mit Materialien experimentiert hat. Etwa mit Basaltgarn. Ein weiterer Werkstoff ist Mica oder Glimmerschiefer. Glas als drittes Material wird in Perlenform als großzügiges Dessin in verschieden großen Punkten aufgetragen. „Das ist Technik auf der Höhe der Zeit“, erläutert Ullrich Eitel, Inhaber der Marburger Tapetenfabrik.
Eine neue Art der Wandgestaltung zeigte NMC auf seinen Messestand: Arstyl Wall Panels, eine dreidimensionale Wandpaneele aus Polyurethan in sechs Designvarianten. Es gibt Wellen- und Würfelmuster, Formen, die an Dominosteine erinnern und solche im Retro- design.
Mut zu Mustern – dieses Motto verfolgt A.S. Création 2015. Opulent und aufwendig gestaltet mit grafischen Dekoren zeigt sich die Kollektion des Designers Lars Contzen. Eine Premiere ist die Zusammenarbeit mit dem Produktdesigner Werner Aisslinger, der das Thema Fliesen neu interpretiert und mit Gegensätzen von Natur und Urbanität spielt.
Architects Paper, die Premium- und Objektmarke von A.S. Création, setzt mit der Tapete ColourTec Glow auf technische Finessen. ColourTec Glow ist eine fluchtwegunterstützende, gestaltbare Tapete aus der Kollektion Pigment. Bei einem Stromausfall geben die Leuchtpigmente ihre gespeicherte Energie ab und leuchtende Pfeile weisen den Weg zum Notausgang.
Trotzdem hat gerade jetzt die Tapetenbranche eine schwere Zeit vor sich. Zum einen wirtschaftlich, da viele Hersteller aufgrund der politischen Situation in Russland und der Ukraine unter Umsatzeinbußen leiden. Zum anderen durch interne Unstimmigkeiten in der Branche, die schon zu Verbandsaustritten geführt haben. Dazu sagt Dieter Buhmann, ehemaliger Geschäftsführer der Marburger Tapetenfabrik: „Ein Gebot der Stunde ist es, die Verbandsarbeit nicht sterben zu lassen.“ Und Martin Hisge, Vertriebsleiter Architects Paper, sagt über die Entwicklung in der Tapetenbranche: „Der Tapetenmarkt wird sich in 2015 weiter spalten: in preisbewussten Konsum für den „Selbermacher“ und in anspruchsvolle designorientierte hochwertige Tapeten für den gehobenen Fachhandel und guten Verarbeiter.“
praxisplus
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