Ab und zu ist es ja durchaus hilfreich, wenn die Bahn sich im Kriechgang fortbewegt. Die Zugstrecke am Aufstieg zur Schwäbischen Alb bei Geislingen lässt keine hohe Geschwindigkeit zu, weil mit Blick auf die kommende Neubaustrecke am alten Gleiskörper viele Jahre lang nur die notwendigsten Investitionen vorgenommen wurden. Der Vorteil: In Ruhe lässt sich alles studieren, was das Auge vor dem Fenster entdeckt. Zwei Freunde taten genau das, während sie im Zugrestaurant ein Weizenbier genossen. Als der Zug an Geislingen vorbei schlich, begannen sich die Herren über die Fassadenfarben zu unterhalten. Und jetzt kam, was kommen musste: „Schau mal, dieses rote Haus, das sieht doch klasse aus.“ – „Bist du verrückt, das ist ein grelles Teil, sonst nichts. In hundert Jahren würde ich mein Haus nicht in dieser Farbe streichen lassen. Grässlich sieht das aus. Mir gefällt das große Weiße in der Ortsmitte.“ Mit ausladender Geste streckte er den Arm aus und zeigte mit dem Finger in die Richtung, in der er sein Lieblingsobjekt entdeckte. – „Das Ding? Das sieht doch aus wie ein bleicher Käse, unscheinbar, langweilig, das geht gar nicht.“ Für mich und die anderen unfreiwilligen Zuhörer hatte dieser Disput durchaus Unterhaltungswert. Aber, was wurde wieder einmal bewiesen: Die Geschmäcker sind verschieden. Sie treffen in Ihrem Alltag auf beide Fraktionen. Da sind dann Fachwissen und Fingerspitzengefühl mit Blick auf den Kunden und die Nachbargebäude gefragt.
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