Im zehnten Buch von Martin Benad geht es um Farbe in der Architektur, das heißt, im Außenraum. Martin Benad konzentriert sich dabei auf Bauten von ca. 1960 bis heute. Nach Einschätzung des Autors gibt es für solche Bauten weder etablierte „Dekorationssysteme“ noch existiert eine allgemein verbindliche Auffassung, nach welchen Kriterien und mit welcher Methode man z.B. Plattenbauten, die saniert werden, oder neu errichtete Industriefassaden farblich gestalten sollte, weshalb heute viel Willkür und Herumprobieren herrscht. Das versucht Martin Benad, der viele Monate im Studio des Farbgestalters Friedrich Ernst von Garnier recherchierte (und dessen Gestaltungsansätze er für richtungweisend hält), mit seinem Lehrbuch auszugleichen. Im Mittelpunkt steht der Begriff der „Organischen Farbigkeit“, den von Garnier geprägt hat. Dabei spielen Rhythmus, Klang und die „vertraute Atmosphäre“ eine große Rolle. „Organische Farbigkeit“, so stellt Martin Benad Schritt für Schritt dar, beruht auf der Lichtstimmung natürlicher Landschaften, die mit Hilfe einer „Grammatik der Farbe“ auf Bauwerke übertragen wird. Der „Farbenkompass“ ordnet die Verhältnisse von aktiven zu passiven, warmen zu kühlen, hellen zu dunklen Farbnuancen, wobei Martin Benad immer wieder klarmacht, dass nicht Farbmetrik, sondern „empfundene Abstände“ das Wichtige sind. Die Kapitel über den „Charakter des Materials“ und die „Nachbarschaften“ sind flüssig und anregend geschrieben, während die Kapitel mit den sorgfältigen formalen Analysen von Garnier’ scher Entwürfe für Stahlfassaden und Wohngebäude einige Konzentration beim Leser voraussetzen.
Auch wenn einige Inhalte eher an Planer (Architekten) adressiert sind, so bietet das Buch auch für Maler viele wertvolle Hinweise. Vor allem die Kapitel „Arbeitsschritte“ und „Regeln zur Hell-Dunkel-Verteilung“ liefern praktische Ratschläge und Anregungen für die eigene Gestaltungspraxis. Dazu kommt, dass zahlreiche Projekte von Garniers in Fotos vorgestellt werden und aussagekräftige 3D-Visualisierungen und Grafiken, die der Architekt Jürgen Opitz entwickelte, den Text unterstützen und schon das Durchblättern zum Vergnügen machen. Das Buch ist eine gelungene systematische Lehre zur Farbgestaltung heutiger Bauwerke, kritisch, konstruktiv, und mit vielen umsetzbaren Hinweisen.
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