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Bioprodukte - Raus aus der Nische

Bioprodukte
Raus aus der Nische

Immer mehr Kunden interessieren sich für Bioprodukte. Die Lebensmittelbranche konnte den Umsatz laut Statistika in den letzten zehn Jahren verdoppeln. Wie aber entwickeln sich Angebot und Nachfrage bei ökologischen Farben und Lacken? Dr. Markus Lettau, Leiter der Forschung & Entwicklung bei Auro nimmt im Malerblatt-Interview Stellung.

Fotos: Auro

Wie bewerten Sie die derzeitige Lage für Naturfarben im Markt?

Dr. Markus Lettau: Der Trend nach Farben, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, wächst deutlich. Erkennbar ist dies an konkreteren Kundennachfragen nach der Herkunft der Rohstoffe in Naturfarben. Über alle Altersgruppen unserer Kunden sieht man, dass sich diese kritischer mit den Produkten auseinandersetzen. Nachhaltigkeit wird Teil eines Phänomens, welches als Megatrend bezeichnet werden kann.

Wie sehen Sie die Entwicklung in der Farben- und Lackbranche?

Dr. Markus Lettau: Auch unsere Zulieferer haben erkannt, dass „bio“ nicht mehr nur in Emissionswerten bzw. Lösemittelfreiheit von Rohstoffen bemessen wird, sondern echte Biomasse in den Produkten gefragt ist. Inzwischen haben viele Zulieferer Programme gestartet, um einen biobasierten Anteil an Kohlenstoff in Rohstoffen zu etablieren. Momentan laufen diese Programme noch auf recht kleinem Niveau. Durch angepasste oder gar neue Produktionsprozesse und gleichzeitig kleinerem Produktionsvolumen, sind viele neue biobasierte Rohstoffe derzeit noch teurer als die vergleichbaren petrochemischen Analoga. Erst wenn die Verbreitung dieser Rohstoffe steigt, und damit auch die Produktionsmengen, ist damit zu rechnen, dass Preise auf Dauer sinken und dann stabil bleiben. Die Tendenz, biobasierte Alternativen zu entwickeln und für den Markt verfügbar zu machen, wird momentan zum Glück nicht, wie viele andere Themen, durch die Pandemie in den Hintergrund verschoben.

In welchen Bereichen können biobasierte Rohstoffe ihre petrochemischen Analoga ersetzen?

Dr. Markus Lettau: Das Bindemittel stellt sicher das Rückgrat der Rohstoffe in einer Formulierung dar. Bei Auro haben wir uns diesen Rezeptbestandteil in der Forschung & Entwicklung bereits 2011 angenommen. Seit 2015 stellen wir unser biobasiertes Bindemittel in einer eigenen Produktionsanlage für den Wandfarbenbereich selbst her und sind durch weitergehende Forschung in der Lage, hier Produktverbesserungen schnell zu entwickeln und einzuführen.

Weitere Komponenten sind die Pigmente, die einen größeren Anteil darstellen sowie die Additive, die eher einen geringeren Gesamtanteil an der Rezeptur ausmachen. Im Bereich der organischen Pigmente gibt es derzeit Forschungsansätze diese auch biobasiert anbieten zu können, diese sind aber von einer Marktreife noch sehr weit entfernt. Additive dagegen sind bereits zumindest teilweise verfügbar. Es existieren z. B. Entschäumer, Dispergiermittel oder Verdicker, die einen hohen biobasierten Kohlenstoffanteil aufweisen.

Der Bereich der typischen Maler-, Bauten-, oder DIY-Farben lässt sich mehr und mehr mit biobasierten Rohstoffen formulieren, während der industrielle Bereich, z. B. UV-härtende Systeme oder Spezialanwendungen wie schwerer Korrosionsschutz noch nicht sehr gut mit biobasierten Rohstoffen formuliert werden können.

Welche Vorteile ergeben sich durch die höhere Kundennachfrage und welche Nachteile zeigen sich?

Dr. Markus Lettau: Es wird mehr und mehr hinter die Deklaration eines Produktes geschaut und gezielter nachgefragt, was sich genau an Rohstoffen im Produkt befindet und woher diese stammen. Leider ist es für den Kunden sehr schwer erkennbar, ob ein Produkt tatsächlich biobasiert ist. Wir setzen bei all unseren Produkten auf eine Volldeklaration der Rohstoffe, die zusätzlich auf der Homepage mittels einer Rohstoffkunde für den Kunden transparent gemacht wird. Bei konventionellen Produkten finden Sie meist keine Erklärungen zu den eingesetzten Rohstoffen. Das Produkt wird oft mit wohngesund oder einem ähnlichen Attribut beworben, was sicher nicht immer falsch ist, aber dass mit synthetischen Rohstoffen gearbeitet wird, wird nicht beschrieben.

Generell ist Greenwashing ein Problem.

Was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit das für den Kunden besser erkennbar wird?

Dr. Markus Lettau: Eine eindeutige Unterscheidung für den Endkunden kann nur mittels einer klaren Deklaration oder Kenntlichmachung der Herkunft der Rohstoffe erfolgen. Wird im Bereich der Lebensmittel auf eine Ampel zur Kennzeichnung verwiesen, so könnte man bei Farben und Lacken einen ähnlichen Weg gehen. Wenn wir aber sehen, wie schwer es sich die Politik mit solchen Kennzeichnungssystemen tut, ist es zweifelhaft, ob diese kurzfristig eingeführt werden. Zudem es momentan auch im Lebensmittelbereich eher freiwillige Lösungen für die Industrie gibt.

Label oder Zertifikate machen es dem Kunden nicht einfacher, sich für eine echte Naturfarbe zu entscheiden. Neben offiziellen Zertifikaten existieren viele selbst kreierte Label, die einem Produkt bescheinigen, bestimmte Kriterien hinsichtlich der Nachhaltigkeit zu erfüllen. Der beste Weg ist es, sich die Firmengeschichte anzusehen um zu erkennen, dass eine große Erfahrung auf der Formulierung nachhaltiger Farben vorliegt.

Wo liegen derzeit die größten Hürden für Naturfarbenhersteller?

Dr. Markus Lettau: Obwohl in Summe die Formulierung von leistungsfähigen Farben und Lacken in der jüngeren Vergangenheit etwas leichter geworden ist, liegt die größte Hürde in der schon genannten Verfügbarkeit neuer biobasierter Rohstoffe für die Formulierung von modernen Produkten. In den wenigsten Fällen kann sich ein Farbenhersteller selbst helfen, wie es Auro im Jahr 2014 im Bereich der Bindemittel gemacht hat. Die Eigenentwicklung von Replebin, unserem hauseigenen Bindemittel, legt den Schlüssel zu modernen emissionsfreien Wandfarben, welche auf dem Niveau konventioneller Produkte liegen.

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