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Die Kraft der Farben

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Die Kraft der Farben

Farben sind mehr als ein Gestaltungsmittel. Farben beeinflussen das Wohlbefinden, regen an oder be- ruhigen. In Kliniken, Seniorenheimen und Arztpraxen können Farben ihre therapeutische Wirkung entfalten.

Marco Bock, Brillux

Bei der Erstellung eines Farbkonzeptes für eine Klinik oder ein Pflegeheim reichen Geschmack und Intuition nicht aus. Nur wer die physiologischen und psychologischen Hintergründe kennt, ein Gespür für die speziellen Bedürfnisse und Einschränkungen der Zielgruppe hat und die richtigen Produkte einsetzt, kann ein Farbkonzept entwickeln oder umsetzen, das Wohlbefinden, Orientierung und Heimat generiert.
Glücklicherweise werden öde Krankenhausflure und eintönige Patientenzimmer immer seltener. Denn der Wettbewerb zwischen den Kliniken, Heimen und Praxen um Patienten und Mitarbeiter wächst. Die Einrichtungen müssen sich immer mehr abgrenzen, mit medizinischen Leistungen, aber auch mit „soften Faktoren“ wie einer angenehmen Atmosphäre und Innengestaltung. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Kranken und Älteren infolge des demografischen Wandels stetig zu. Das Ergebnis ist ein wachsender, sich immer mehr differenzierender Markt, in dem sich Planer und Ausführende mit neuen Spezialkompetenzen gut positionieren können und daher versuchen sollten, diese Marktchance zu nutzen.
Oberste Maxime: Orientierung
Kranke und Angehörige sind in einer Ausnahmesituation, in der sie sich geschwächt fühlen, bei alten Menschen kommen altersbedingte physische Einschränkungen hinzu. Orientierung ist daher immens wichtig. Mangelnde Orientierung verstärkt dagegen ein Gefühl der Schwäche, Unsicherheit oder gar des „Verlorenseins“.
Es beginnt bereits beim Betreten der Einrichtung. Im Idealfall ist der Eingang klar ausgewiesen, gut beleuchtet und beschildert. In der Eingangshalle empfängt Patienten und Besucher eine angenehme, freundliche und offene Atmosphäre. Die Augen müssen nicht lange suchen, schnell machen sie den farblich abgesetzten Empfang oder die Infotheke aus. Ähnlich leicht zu identifizieren sollten Treppenhäuser und Aufzüge sein. Hier bieten sich kontrastierende Farben und spezielle Beleuchtung an.
Das Thema Orientierung zieht sich durch das gesamte Krankenhaus oder Heim und betrifft auch Treppenhäuser, Stockwerkbeschilderung und Aufzüge: Signalgebende Farben leiten und ordnen, gliedern und betonen. Strukturen, große Schrift und Beleuchtung unterstützen die Orientierung. Andersherum funktioniert es auch: Zurückhaltende, neutrale Farben lassen Funktionsbereiche in den Hintergrund treten, die den Patienten nicht offen- stehen oder irrelevant für sie sind.
Lebensader und Ruhepol
Flure sind die Lebensadern eines Krankenhauses. Stark frequentiert sollten sie sauber und sachlich wirken. Neben den physischen Eigenschaften einer reinigungsfreundlichen, chemikalienresistenten und mechanisch widerstandsfähigen Wandbeschichtung können Farben wie kühle Blau- und Grüntöne, Weiß und Zitronengelb diesen sauberen Eindruck verstärken. Flure dürfen jedoch auch nicht aseptisch wirken, sondern einladend und freundlich. Intensive Farbflächen als Kontrast zu den ruhigen Patientenzimmern sind hier ein Mittel. Farbige Flächen gliedern lange Flure in optisch getrennte Einheiten. Türen oder andere Bezugspunkte können mit Farbrahmen klar ausgezeichnet werden. Wartezonen werden durch einen farblich abgesetzten Bodenbelag und passendes Mobiliar zur Nische.
Wenn der Flur die Lebensader ist, sollte das Wartezimmer der Ruhepol sein. In der Realität herrschen in herkömmlichen Wartezimmern häufig Anspannung und Unruhe. Die richtige farbliche Innengestaltung kann beruhigen und Nervosität abbauen. Behagliche Brauntöne durch Naturmaterialien oder Wandfarbe vermitteln beispielsweise fast Wohnzimmeratmosphäre. Frische, kraftgebende Farbakzente wie Frühlingsgrün oder Gelb und viel Licht stimmen positiv und bauen Erschöpfung ab. Ornamente, Wandtattoos oder Mustertapeten lenken ab und lassen die Gedanken angenehm schweifen.
Arztpraxen sind als inhabergeführte, kleine Einheiten naturgemäß flexibler in ihren Entscheidungen als große Kliniken. Einige nutzen diese Chance und setzen mutige und recht aufwendige Farbgestaltungen um. Doch auch mit wenigen Mitteln – einer interessanten Deckengestaltung, Wohnacces- soires, Motiven oder Mustern auf der Wand – kann man eine starke Wirkung erreichen. Blau zum Beispiel beruhigt und lindert Schmerzen. Auch Violett wirkt schmerzlindernd. Grüntöne entspannen, wirken erholsam und regenerierend. Gleichzeitig beleben sie den Organismus. Orange lockert und aktiviert das Immunsystem. Und Rot stimuliert und vitalisiert.
Stiefkind Raumdecke: In der Regel wird ihr bei Gestaltungsfragen wenig Beachtung geschenkt. In Krankenhäusern sollte dies anders sein, denn die Patienten liegen viel. Und auch in Zahnarzt- und anderen Praxen ist die liegende oder halb liegende Position häufig der Regelfall. Farben, Strukturen, Muster oder Ornamente können hier ablenkend oder beruhigend wirken und die Angst vor der Behandlung oder der Operation lindern.
Hanne Fink, Farbgestalterin Brillux Farbstudio Braunschweig, betont aber: „Es reicht nicht, z. B. die Decke eines Behandlungsraumes für Kinder mit Tieren oder Sagenfiguren zu bemalen. Es muss ein übergeordnetes, stimmiges Farbkonzept über alle Räume und Funktionsbereiche hinweg geben. Außerdem dürfen Farben nie einzeln betrachtet werden, es ist immer das Zusammenspiel – also die Kombination mehrerer Farben, ihre Kontraste und ihre Sättigung –, das die Farbwirkung bestimmt. Farbräume und Farbpausen sollten sich abwechseln und so zu einem spannungsvollen Gesamteindruck führen.“
Farbgestaltung für Senioren
In Senioreneinrichtungen gelten ganz spezielle Regeln für die Farbgestaltung. Denn alte Menschen haben neben möglichen akuten Krankheiten mit altersbedingten Einschränkungen zu tun, die sich die jüngeren Planer, Maler und oft auch Bauherren nicht immer bewusst machen. Ihr Sichtfeld ist kleiner und ihr Sehvermögen schwächer. Sie sehen nur punktuell scharf, sind häufig altersweitsichtig und blendempfindlich. Und sie sehen Farben durch eine altersbedingte Trübung wie durch einen gelben Filter (Yellowing-Effekt). Hanne Fink: „Das kann man simulieren, indem man z.B. eine gelbe Folie über die Farben legt. Die Überraschung ist groß: Aus Rosa wird Beige, aus Violett Braun. Grün- und Blautöne in ähnlicher Sättigung sind kaum zu unterscheiden, gelbe Schrift auf Weiß wird unsichtbar!“
Kurzum: Für ältere Menschen muss anders geplant werden als für jüngere. Entsprechend hoch ist der Beratungsbedarf sowohl auf Bauherren- und Betreiberseite als auch auf der Seite der Ausführenden. Wo ein junger Mensch problemlos Stufen und Absätze erkennt, kann sich für einen älteren Menschen eine Stolperfalle verbergen. Stufen sollten über Farbe oder Material klar erkennbar, die Geländer aufgrund der empfindlichen Haptik ergonomisch gestaltet sein. Beschriftungen und Stockwerkzahlen sollten groß und höchstens mittelhoch angebracht sein, denn die Beweglichkeit und der Blickradius nehmen ab. Und, was häufig vergessen wird: Der Lichtbedarf steigt im Alter immens. Daher sollten wichtige Wege und Funktionsbereiche wie Flure und Treppenhäuser, aber auch Waschräume und Tische sehr gut beleuchtet sein.
Patienten- und Bewohnerzimmer überraschen selten. Auch hier überwiegen in der Regel Funktionalität und Praktikabilität. Das gilt für Krankenhauszimmer im Allgemeinen und für Pflegeheimzimmer im Besonderen. Farbe kann hier eine individuelle Note setzen, Freundlichkeit und Behaglichkeit schaffen. Für Patientenzimmer empfehlen sich zurückhaltende, nicht zu lebhafte, helle, leicht getönte Farben, im Pflegeheim können mit dezenten Mustern Erinnerungsräume geschaffen werden.
Innen- und Außengestaltung gehen bei einem stimmigen Farbkonzept Hand in Hand. Auch die Fassade kann und sollte eine gute Orientierung, Identifikation und Heimatgefühl vermitteln. Ein professionelles, durchdachtes Farbkonzept kann außerdem klare Signale senden: Weiß- und Grautöne symbolisieren klassische Funktionalität, Qualität und Ordnung, starke Farben als Kontrast stehen für Modernität und Offenheit. Und nicht zuletzt sorgen Farbakzente für eine heitere, positive Ausstrahlung und Identifikation.

praxisplus
Was macht die Farbgestaltung für Kliniken, Heime und Praxen so besonders? Wie unterscheiden sich die Zielgruppen und Funktionsbereiche des Gesundheitswesens in Bezug auf die ideale Farbgestaltung? Und was bewirken welche Farben genau?
Antworten auf diese hochkomplexen Fragen, die medizinisch-physiologische, psychologische und farbtechnische Aspekte integrieren, erhalten Interessenten zum Beispiel im KompaktKurs „Farbe ist Medizin“ von Brillux. Die Kurse geben Malern und Planern praxisorientiertes Handwerkszeug für Akquise, Farbkonzept und Ausführung an die Hand.
Hanne Fink, Farbgestalterin aus dem Brillux Farbstudio Braunschweig: „Bei den KompaktKursen gibt es eine Mischung aus Theorie und Praxis. Gerade die praktische Übung und Selbsttests bringen einen ungeheuren Lernerfolg und öffnen im wahrsten Sinne des Wortes die Augen. Damit erfahren und verinnerlichen die Teilnehmer Gelerntes. Input, mit dem sie im Alltag beim Kunden punkten können.“ www.brillux.de
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