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Mit Nanotechnologie in die Zukunft

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Mit Nanotechnologie in die Zukunft

Schimmelpilze sind ungeliebte Mitbewohner. Eine Anti-Schimmel-Beschichtung, basierend auf der Silber-Nano-Technologie, hat Remmers gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut in Pfinztal bei Karlsruhe entwickelt. Der Leiter des Bereichs Nanotechno- logie des Fraunhofer-Instituts, Helmut Schmid, sowie Wolfgang Steurer und Jens Engel von Remmers geben Auskunft über die Wirkung des Produktes.

Kurz und knapp: Was ist Nanotechnik? Helmut Schmid: Es ist fast unmöglich, die Nanotechnik in kurzen Sätzen zu beschreiben. Letztlich beschreibt sie die Technik, die sich mit sehr kleinen Partikeln im Nanometerbereich beschäftigt. Die Technologie beruht auf bestimmten Partikel-Eigenschaften, die nur in der Größenordnung zwischen 1 und 100 Nanometern zum Tragen kommen. Denn hier verändert sich das Verhältnis zwischen Oberfläche und Masse dergestalt, dass die Oberflächeneigenschaften stärker hervor treten. Die Nanotechnik ist somit die Partikel-Technologie oberhalb der Atom- bzw. Molekülebene.

Wie kam die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen Remmers und dem Fraunhofer Institut zustande? Jens Engel: Wir haben sicherlich nicht die Grundlagenforschung angeregt. Wir waren auf der Suche nach innovativen Systemen, um unser Produkt zu verbessern. Normalerweise sind Farben gegen Schimmelbefall mit herkömmlichen Bioziden ausgerüstet, die nachweislich schädlich sind. Dann sind wir auf das Fraunhofer ICT aufmerksam geworden. Heute stoßen wir gemeinsam neue Projekte an und verlassen uns dabei auf die Grundlagenforschung des ICT.
Was ist das Besondere an diesem Produkt? Jens Engel: Das Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir auf humantoxische Zusätze verzichten. Eine Untersuchung der Universität Jena hat ergeben, dass jede dritte Wohnung zuerst von Feuchtigkeit und dann von Schimmel befallen ist; das heißt, es besteht ein enormer Handlungsbedarf. Die Wohnungswirtschaft reagiert bei Schimmelbefall häufig mit der schnellen Lösung einer biozidhaltigen Farbe, aber nicht auf die eigentlichen Ursachen des Befalls. Das Schimmelproblem an sich und warum es auftaucht, wird also nicht thematisiert. Für uns ist die nanosilberhaltige Bioni-Farbe nur die verträglichste der einfachen Lösungen. Zur Sanierung bauphysikalischer oder bautechnischer Mängel bieten wir entsprechende Systeme. Hier ist jede Farbe ungeeignet und nur in Kombination mit einer echten Ursachenbeseitigung zu sehen.
Wolfgang Steurer: In den letzten Jahren konnten wir feststellen, dass die Sensibilität bezüglich dieses Themas zugenommen hat. Normalerweise wird in 80 bis 90 Prozent aller Fälle einfach ein neuer Anstrich als Problembehebung eingesetzt. Der positive Ansatz zeigt sich aber nur bei der Ursachenbekämpfung und einem neuen Anstrich ohne Biozideinsatz. Außerdem hat uns die nachhaltige Wirkung dieser Entwicklung überzeugt.
Nachhaltig, was bedeutet das? Helmut Schmid: Die Silbernanopartikel stehen in direkter Wechselwirkung mit den Schimmelsporen oder Bakterien und zerstören diese. Dabei verbraucht sich der Silbernanopartikel nicht, und die antimikrobielle Wirkung des Systems bleibt lange erhalten.
Jens Engel: Es kann keine Garantie auf die Langfristigkeit und Nachhaltigkeit der Produkte gegeben werden. Eine mangelnde Bauphysik lässt sich auch durch die beste Beschichtung nicht ausgleichen. Das bedeutet: Einfach die Farbe darüber streichen reicht nicht, auch der Untergrund muss entsprechend behandelt werden.
Sind die entwickelten Produkte ausgereift? Wird die Farbe in Zukunft auf chemische Einflüsse reagieren und sich dadurch verändern oder besteht hier keine Gefahr? Helmut Schmid: Die Produktionsentwicklung vollzog sich im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel. In der Testphase waren mindestens zehn andere Institute beteiligt, unter anderem der TÜV und ein Institut für Bauphysik. Das bedeutet, die Entwicklung und die Prüfung des Produkts geschahen getrennt. Diese Qualitätstransparenz macht das Produkt insgesamt glaubwürdiger. Gewisse Feldversuche in der Praxis muss es einfach geben. Gerade die Toxizitätsaspekte und die Umweltrelevanz sind stark überprüft worden. Feldversuche in der Praxis zum Nachweis der Nachhaltigkeit werden weitergeführt. Wenn entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, sind Produkt-Verbesserungen tendenziell aber natürlich immer möglich.
Wird die Wandfarbe erst bei Schimmelbefall angewendet oder kann sie auch prophylaktisch verwendet werden, so dass erst gar kein Schimmel entstehen kann? Jens Engel: Eine prophylaktische Anwendung ist bisher nicht der Regelfall, da alle neuen Produkte immer recht teuer sind, bis sie sich am Markt etabliert haben. Also wird die Wandfarbe erst dann eingesetzt, wenn das Problem, also der Schimmelbefall, schon vorhanden ist. Besser wäre jedoch sicherlich der prophylaktische Einsatz. Die hochwirksame Technologie ist besonders im Bereich der Biohygiene erstrebenswert, zum Beispiel beim prophylaktischen Einsatz der Wandfarbe in Krankenhäusern. Die Farbe hat quasi einen keimfreien Status und erreicht die gleiche Keimreduktion wie ein Desinfektionsmittel.
Wie sieht es mit dem Preis für ein derartiges Produkt aus? Jens Engel: Wir befinden uns hier im Profibereich, da ist es ganz klar, dass unser Produkt im höherpreisigen Segment angesiedelt ist. Momentan ist sie noch gut doppelt so teuer wie eine herkömmliche Farbe. Das Produkt ist zwar erst eineinhalb Jahre auf dem Markt, aber wir erwarten riesige Steigerungsraten in nächster Zeit.
Wolfgang Steurer: Man muss sich einfach die Bandbreite der Preise bei Produkten zur Schimmelinstandsetzung vor Augen führen: Je nach Anwendung und System variiert der Preis zwischen zehn und 150 Euro. Man darf also nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, da z.B. die bauphysikalischen Eigenschaften der einzelnen Maßnahmen stark differieren. Der Markt der fungiziden Beschichtungen ist leider im Gegensatz zu den Produkten ohne humantoxische Zusätze gigantisch. Die Überzeugungsarbeit dauert einfach ein bisschen.
Sind weitere Kooperationen in diesem Sektor geplant? Helmut Schmid: Die Weiterentwicklung der Produkte wird angestrebt. Mögliche Zusatzfunktionalisierungen sind denkbar. Aber auch Kooperationen mit anderen Unternehmen der Branche auf anderen Gebieten sind möglich.
Wolfgang Steurer: Die Schimmelinstandsetzung ist ein heißes Thema. Die Nanotechnologie ist bisher nur ein Aspekt. Unabhängig vom Fraunhofer ICT müssen Systeme entwickelt werden, um in der Lage zu sein, auch auf die Ursachen zu reagieren. Egal, ob es hier um den Putz, die Platten oder die Farbe geht.
Jens Engel: Mit der Technischen Universität Dresden arbeiten wir gerade an einem neuen System zur Innendämmung. Wir möchten ein dünnschichtiges System entwickeln, das den Anforderungen an die neue Energieeinsparverordnung genügt. Wir hoffen, diese Innovation bereits nächstes Jahr präsentieren zu können.
Vielen Dank für das Gespräch
Das Interview führte Jörg Bleyl.

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Bereits im Altertum war man sich des Atomgedankens bewusst, erkannte Übergänge vom Makrokosmos bis hin zu kleinsten Teilchen. Schon in den sechziger Jahren wurden Atommodelle entwickelt, die Analysemethoden der neunziger Jahre ermöglichten, kleinste Partikel bis hin zu Atomen sichtbar zu machen. Die Nanotechnik gilt als Schlüsseltechnologie in den unterschiedlichsten Bereichen. Sie ermöglicht Produktentwicklungen mit völlig neuen Eigenschaften. Die kleinen Partikel, um die es dabei geht, liegen im Nano-Bereich bei einem milliardstel Meter. Bei ihrer Herstellung unterscheidet man die „Bottom-up“-Methode, bei der Atome zusammengefügt werden, und die „Top-down“-Methode, bei der größere Moleküle zerkleinert werden. Jörg Bleyl interviewte zu diesem Thema Helmut Schmid, Leiter des Bereichs Nanotechnologie im Sektor energetische Systeme des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie, sowie vom Löninger Unternehmen Remmers den Leiter der Unternehmens-Kommunikation, Wolfgang Steurer, und den Produktmanager der Remmers Baustofftechnik, Jens Engel.
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