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Sanierung: Wein und Lehm aus der Region

Vinothek Sanierung
Wein und Lehm aus der Region

Sanierung mit Lehm: Thomas Glück ist ein erfahrener Lehmgestalter. Bei der Vinothek Sauer stampfte er die Lehmwände, veredelte die gesamten Decken mit einem lebendigen Strukturputz, der zudem die Akustik verbessert, und machte den Bauherren Mut zu mehr mineralischer Farbigkeit.

Autor: Achim Pilz | Fotos: Nikolay Kazakov

Mit Lehm zu bauen oder zu sanieren, ist ein Trend, der zunehmend Fahrt aufnimmt. Denn in kleinen Kreisläufen klimaschützend zu bauen ist mit dem lokal reichlich vorkommenden Stoff einfach möglich. Als sichtbarer Stampflehm ist der Trend aktuell besonders augenfällig. Stuckateurmeister Thomas Glück von der Firma Glück Lehmbau in Lauterbach (Schwarzwald) hat viel Erfahrungen mit dem nachhaltigen Material. Er hat es gestampft, gespachtelt, geputzt und sogar einen eigenen Strukturputz entwickelt, den er „Black Forest Style“ nennt.

Auch Heiner Sauer, der mit Frau und Sohn das Bio-Weingut Sauer leitet, wählte den natürlichen Baustoff Lehm bei der nachhaltigen Erweiterung seiner Betriebsstätte in Landau-Nußdorf.
Rund zwei Millionen Euro investierte er in eine Vinothek, Seminar-und Büroräume mit darunterliegendem Fassweinkeller sowie eine Kelterhalle. Sauers Philosophie ist nachhaltiges Wirtschaften, Bewahrung und respektvoller Umgang mit der Natur. „Die weitgehende Verwendung von natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen wie Holz und Lehm sowie die energieeffiziente Heiz- und Kühltechnik spiegeln das ökologische Bewusstsein der Winzerfamilie wider“, betont Klaudia Fritz, die verantwortliche Architektin. So kommt nicht nur der dickschichtige Fassadenputz der Kelterhalle ohne Biozide aus. In den außen sichtbaren Stampflehmwänden ist lokaler Lehm aus einem eigenen Weinberg verarbeitet.

Sanierung mit Lehm für gute Lebenszykluswerte

Die 63 Zentimeter dicken Stampflehmwände des Fassweinkellers schieben sich aus dem angrenzenden, höher liegenden Boden heraus. Der geschichtete Lehm zeigt unter anderem drei Lagen mit großen Steinen und leicht dunklerer Tönung. Dieser Lehm stammt von einem Weinberg von Sauer. Er gliedert die Fläche und verstärkt die horizontale Lagerung. „Wir wollten nicht, dass das zu rustikal wird“, erklärt Fritz. „Deshalb betont er nur einzelne Stellen.“ Insgesamt handelt es sich nur um einen Bruchteil (etwa zehn Prozent) des verbauten Lehms, der den ausgesprochen kurzen Weg auf die Baustelle hatte, wo ihn Thomas Glück im Zwangsmischer mit verschiedenen Sanden mischte. Der Großteil des Lehms stammt vom Lehmbauspezialisten Claytec und wurde verarbeitungsfertig und geprüft geliefert.

Neben der Optik verbessert der Stampflehm auch Luftfeuchte und Temperatur in den Innenräumen. „Der Lehm macht ein gutes Raumklima. Auch der Geruch ist gut. Das finde ich extrem überzeugend“, ist Sauer begeistert und fährt fort: „Durch den Neubau haben wir in den Weinkellern zum ersten Mal kein Kondenswasser, selbst im Altbau.“ Auch in der Vinothek tragen die sorptionsfähigen Materialien – 44 Tonnen Lehm ergänzt durch Holz – zu einem guten Raumklima bei.

Erdige Farbgestaltung mit Lehm

Zusammen mit Architektin Fritz arbeitete Stuckateur Glück die Farbgestaltung aus und fertigte Farbmuster an. „Zu Beginn war weiß vorgesehen“, erinnert er sich. „Ich habe Mut zu einer erdigeren Farbigkeit gemacht.“ Alle Wände des Büros, des Seminarraums und der Vinothek erhielten darauf einen Lehmfarbanstrich, der leicht mit Umbra-Natur abgetönt ist. Wände und Decken der Toiletten schmückt ein etwas dunklerer Umbraton.

Gemeinsam mit ein bis zwei Mitarbeitern führte Thomas Glück sämtliche Lehmbauarbeiten aus. Eine Herausforderung beim Stampflehm war das Stampfen unter den nachfolgenden Decken. Dabei stampfte Glück die oberen Lagen von der Innenseite mit etwas feuchterem Material. Nach ein paar Tagen war es angetrocknet, sodass er noch einmal nachschlagen und retuschieren konnte. „Nach dem Ausschalen muss man die Retuschierarbeiten so hinbekommen, dass man das nicht mehr sieht“, betont er. „Das ist eine Tüftelei.“ Insgesamt etwa vier Manntage brauchte er dazu. Nach der Trocknung sprühte er verdünntes Wasserglas auf, um die Oberfläche zu festigen, außen auch ein zweites Mal. Innen bürstete er stattdessen zweimal Carnaubawachs mit dem Quast ein.

Doch Glück legte in der Vinothek Sauer nicht nur selbst Hand an. Der Experte für nachhaltige Gestaltung beriet außerdem die Bauherren und lieferte ihnen Material für Eigenleistungen. Die Bauherren übernahmen das Verspachteln der Schraublöcher und zusätzlichen Bohrungen für die Einblasdämmung. Dann verklebten sie Glasfaservlies mit Lehmkleber von Lesando . „Der ist durch und durch Natur“, begründet Thomas Glück seine Empfehlung. Zudem bemusterte der Stuckateurmeister die große Deckenfläche. „Wir brauchen hier eine belebte Decke“, riet er den Bauherren schließlich.

Black Forest Style

Die abgehängte Decke in der Vinothek besteht aus einem Lehm-Trockenbausystem der Firma WEM, mit dem geheizt und gekühlt werden kann (siehe dazu auch S. 28/29 in dieser Ausgabe). Ästhetisch aufgewertet hat Thomas Glück diese mit dem von ihm selbst entwickelten „Black Forest Style“. Die Kreativtechnik besteht aus drei Putzschichten und sechs Arbeitsgängen und kann schwächer oder stärker strukturiert werden. Der etwa 1,5 Zentimeter dicke Putz verbessert durch seine drei Schichten mit ungerichteter Struktur spürbar die Raumakustik. Kein Wunder, wie der Fachmann erklärt: „Das Grundprinzip ist durch eine Weiterbildung für Akustikputze inspiriert.“ Für eine Variation des „Black Forest Style“ wurde Thomas Glück beim Claytec Lehm-Gestaltungswettbewerb 2018 ausgezeichnet (mehr dazu hier: bit.ly/3TnGYmV). Inzwischen hat er die Kreativtechnik bereits mehrfach leicht variiert umgesetzt.

Auf die vollflächige Gewebespachtelung der Lehmbauplatten spritzten die Mitarbeiter von Thomas Glück einen mit Stroh versetzten Lehm-Unterputz relativ flächig auf und zogen ihn leicht vor. Anschließend begann Glück die Struktur mit einer kleinen Traufel (5–6 cm Kantenlänge) in die Oberfläche zu kratzten. „Wir haben wirklich 220 Quadratmeter mit einer kleinen Spachtel abgekratzt. So bekommen sie diese Natürlichkeit und Gleichmäßigkeit. Mit einem größeren Werkzeug kann das nicht entstehen“, erklärt der Stuckateurmeister. „Da braucht es ein Bild vor Augen, wie das werden soll. Das muss man verinnerlicht haben und sehen: dort muss ich noch etwas mehr kratzen, dort etwas glatter machen.“ Nach der Trocknung wurden zwei Schichten eines groben, ebenfalls mit Stroh versetzten Lehmoberputzes in einem hellen Farbton fleckig aufgespritzt. „Die Struktur selbst kommt vom Spritzbild. Die Flächigkeit entsteht durch das anschließende Abglätten bzw. Abkratzen“, führt er aus und betont: „Wichtig ist, dass man kratzt und nicht etwa schiebt oder reibt.“

Viele weitere Fotos:
www.malerblatt.de


PraxisPlus

Stampfen lernen

Wer das Stampfen von Lehm erlernen möchte, kann sich an den Dachverband Lehm (DVL) wenden. Im Rahmen der Fachkraft Lehmbau gibt es ein Zusatzmodul Stampflehm, das aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht.

www.dachverband-lehm.de

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