Die EU-Kommission hat jetzt entschieden, das Weißpigment Titandioxid als einen „Stoff mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung durch Einatmen“ zu klassifizieren – und das obwohl sich die Mehrheit der Experten der Mitgliedsstaaten auf der Sitzung am 18.09.2019 dagegen ausgesprochen hat.
Während bisher die Zustimmung der Experten nötig war, kann die Kommission durch eine Verfahrensumstellung auf einen sogenannten Delegierten Rechtsakt im Juli dieses Jahres nun auch im Alleingang eine solche Entscheidung treffen. Bereits im Vorfeld zur Sitzung im September kündigte die Kommission an, unabhängig von den Einwänden der Experten im Verfahren fortschreiten zu wollen.
Das bedeutet das Urteil für die Verarbeitung von Titandioxid
Mit der Einstufung von Titandioxid wird damit erstmals ein Stoff auf Basis von stoffunspezifischen, allgemeinen Partikeleffekten eingestuft. Pulverförmige Produkte mit Titandioxid müssen jetzt eingestuft und gekennzeichnet werden. Ergänzend sind Zusatzkennzeichnungen für flüssige und feste Gemische mit Titandioxid vorgesehen, unabhängig davon, ob überhaupt eine Freisetzung von Titandioxid am Arbeitsplatz oder beim Verbraucher zu erwarten ist. Auswirkungen wird die Einstufung in vielen Bereichen und Anwendungen haben, auch dort wo Titandioxid gar nicht eingeatmet werden kann. Beispielsweise ergeben sich gravierende Konsequenzen im Recycling- und Abfallbereich: Produkte, die mehr als 1 Prozent Titandioxid enthalten, werden zu gefährlichem Abfall. Dies betrifft zum Beispiel die Entsorgung rund der Hälfte aller Kunststoffprodukte und Bauschutt. Eine aktuelle Studie der Kunststoffindustrie, der Pigmenthersteller und der Recycler zeigt, dass in Deutschland beispielsweise etwa 400.000 Tonnen Kunststoffe wegen der Einstufung zukünftig nicht mehr recycelt werden können.
Quelle: VDMI