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Williger Schimmer

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Williger Schimmer

Aus gestalterischer Sicht war die FAF in München streng genommen wenig ergiebig, standen natur- gemäß Technik und Verarbeitung im Vordergrund. Dennoch gab es einige interessante Aspekte.

Armin Scharf

Ein visuelles Erholungsprogramm lieferte NCS in gewisser Weise: Statt sich wie überall drumherum in möglichst bunten Tönen in Szene zu setzen, reduzierten die Schweden ihren Messestand auf Weiß und Schwarz. Nur die Exponate kündeten von dem, was NCS im Kern ist: Ein Farb-Standardisierungs-Unternehmen. Längst ist NCS über den Anbieter und Verfeinerer des gleichnamigen Farbsystems hinaus gewachsen und betätigt sich unter dem Label „Global Color Management“ als Dienstleister. So sorgt NCS für weltweit aktive Firmen wie IKEA dafür, dass das IKEA-Blau überall gleich ist. Die Reduzierung des eigenen Auftritts zu Schwarz und Weiß zieht sich übrigens konsequent durch alle NCS-Ebenen durch – ein interessanter Ansatz. Ob der jedoch auch so registriert wurde, sei dahingestellt. Gleiches gilt für den Messestand der HAWK Hildesheim, jener Hochschule, an der unter anderem Farbdesigner ausgebildet werden. „3mg“ nennt sich das Konzept aus einem überdimensionierten, mehrfach verschleiften Kassenbon, Einkaufswagen, Lichteffekten und interaktiven Elementen. Entwickelt von den Studenten war der Stand bereits auf der Möbelmesse Köln zu sehen und wandert nach der FAF zur Light+Building nach Frankfurt. So witzig und engagiert die skulpturale Präsenz der HAWK war, einschließlich der Kassenzettel-Anspielung auf die Kostenseite des Studiums – es sei die Frage erlaubt, ob dies für die Besucher der FAF pragmatisch genug war.
Gold und Eisen
Genau in die praktische Richtung zielen Trendfarbenfächer verschiedener Hersteller, sei es für die Fassade oder für den Innenraum. „Designer Collection 10/11“ nennt sich das bei Sto, eine Zusammenstellung von sechs handwerklichen Oberflächen mit 38 Farbtönen und Effekten. Darunter finden sich auch Muster, die im visuellen Sinne mehrschichtig erscheinen, deren optische Wirkung also auf mehreren Ebenen abläuft und so noch interessanter werden.
Gold hingegen ließ sich bei Caparol besichtigen: „CapaGold“ bezeichnet die außentaugliche Acrylat-Dispersion mit goldfarbener Pigmentierung. Damit greift Caparol einen in jüngster Zeit zu beobachtenden Trend zu goldfarbenen Außenflächen in der Architektur auf.
Gold-Pigmente allein ließen sich derweil am Stand von Kremer-Pigmente bewundern, in handlichen Tütchen willig schimmernd. Daneben fielen die stumpfen Eisenpigmente kaum auf, doch genau die haben es in sich. In frisch appliziertes Dispersions-Bindemittel eingestreut, ergibt sich eine metallähnliche Anmutung, die sich durch die anschließende Oxidation in feuchter Raumluft noch verstärkt. Für vertikale Anwendungen können die Pigmente entweder zusammen mit dem Bindemittel aufgerollt oder im eingedickten Bindemittel gespachtelt werden. Die Oberflächenwirkung variiert dann je nach Oxidation zwischen Patina-Effekt und ganzflächigem „Rost“, der an Corten-Stahl erinnert.
Digitalbild fürs Haus
Das Prinzip kennt man bereits von Gerüstplanen, die großflächig mit unterschiedlichsten Motiven bedruckt, den Anblick von Baustellen mildern. Dies greift Caparol mit „PhotoVision“ nun auf, allerdings in der Version einer festen Installation direkt auf der Fassade. Das Spezialgewebe wird per Inkjet-Verfahren nach einer digitalen Vorlage bedruckt, dann auf die möglichst glatte Fassade Bahn für Bahn in den Spezialkleber eingebettet und schließlich für Witterungs- und UV-Schutz nochmals ganzflächig mit dem Spezialkleber überrollt. Eine faszinierende Möglichkeit, auch komplexe Motive, Logos, Bilder, Dekore oder Ornamente auf die Fassade zu bringen. Andererseits muss man nicht unbedingt Berufspessimist sein, um sich auszumalen, welch ästhetische Schrecklichkeiten künftig an Fassaden prangen können. Vorerst, so Caparol, schaue man aber die Aufträge unter diesem Aspekt jeweils genau an. Nicht vergessen sollte man als Verarbeiter, die Urheberrechte der digital einzureichenden Motive zu beachten. Wer fremde Motive, egal ob Fotos, Ornamente oder Kunstwerke nutzt, muss sich das Nutzungsrecht einholen – und gegebenfalls honorieren. Andernfalls drohen rechtliche Probleme und Schadensersatzforderungen.
Die dunkle Macht
Weil dunkle und farbintensive Fassaden nach wie vor im Trend liegen, befindet sich die einschlägige Industrie in einer Art Wettrüsten um den geringsten Hellbezugswert auf WDVS. Momentan hat Caparol mit dem HBW 5 die Nase vorn, realisiert wird dies mit dem System, das sinnigerweise „DarkSide“ heißt. Während man bei Caparol die dafür notwendige thermische Stabilität durch den kohlefaserverstärkten Armierungsspachtel erreicht, beschreitet man bei Relius einen eleganteren, smarteren Weg. Die BASF-Tochter Relius nutzt eine Pigment-Entwicklung ihrer Muttergesellschaft, die bereits im Textilbereich Anwendung findet. Die Rede ist von einem Schwarzpigment mit selektivem Absorptionsverhalten. Während es das sichtbare Licht wie konventionelles Schwarz schluckt, reflektiert es die für die Aufheizung zuständigen Infrarot-Wellen. Die nach wie vor schwarz erscheinenden Flächen bleiben spürbar kühler, die thermische Systembeanspruchung reduziert sich entsprechend.
Fazit: Gestalterisch war die FAF mit nur wenigen Highlights gesegnet. Die Farbe blieb das, was sie trotz der opulenten Leistungsschauen der Schulen immer war: schlichtes Material, Eimer- oder Siloware, die der Verarbeitung harrt. Dass in jedem dieser Gebinde aber auch ein visuelles Kulturgut steckt, Ästhetik und Lebensqualität, wurde leider wieder viel zu häufig vergessen.

praxisplus
Für weitere Informationen stehen Ihnen die im Beitrag angesprochenen Hersteller unter ihren Internetadressen zur Verfügung.
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