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Kreidegrund für die Polimentvergoldung

Glänzend gemacht
Dekorative Techniken bei der Polimentvergoldung

Folge 3: Dekorative Techniken bei der Polimentvergoldung. Bei dieser Vergoldungsart sind durch verschiedene Variationen die unterschiedlichsten Effekte möglich.

Susanne Wierse

Neben der rein glänzenden Oberfläche einer Polimentvergoldung können durch Variationen beim Vergoldungsvorgang oder durch Nachbearbeitung der Oberfläche dekorative Effekte erzielt werden. Es gibt verschiedene Techniken im Zuge der Aufbauphase des Kreidegrundes: Hier können Gravuren oder sogenannte Aufsetzarbeiten durchgeführt oder durch die spezielle Mischung der Kreidegründe Risse erzeugt werden. Diese Technik nennt sich Craquelé, abgeleitet vom französischen Wort craquelé für rissig, gesprungen. Eine weitere vielseitige Möglichkeit ist, die fertige Goldoberfläche nachzubehandeln, zu patinieren und dadurch farblich zu verändern.

Gravieren und Aufsetzen im Kreidegrund

Der Kreidegrund für Gravuren muss weicher sein, damit er mit entsprechenden Werkzeugen geschnitten und graviert werden kann. Als Hauptbestandteil eignet sich dazu die Bologneser Kreide, der China Clay zugesetzt wird, damit der Untergrund nicht zu weich gerät. Zur Herstellung des Kreidegrundes wird wegen seiner höheren Elastizität Hasenleim verwendet.
Das Auftragen des flüssigen Kreidegrundes mit dem Pinsel nennt man Aufsetzen. Auch hier kann in der Technik variiert werden. Dick und erhaben aufgetragen entsteht eine glatte Oberfläche, die glanzvergoldet werden kann. Häufig wird diese Technik so verwendet, dass der Eindruck von getriebenem (punziertem) Goldblech entsteht. Wird der Kreidegrund flacher und malerischer aufgetragen und bleiben die Pinselspuren sichtbar, wächst das Ornament optisch aus der Fläche heraus. Diese Aufsetzarbeit wird in der Regel matt vergoldet.

Craquelé

Ein netzartig gerissener Untergrund mit gleichmäßigem Erscheinungsbild bildet sich, wenn der aufgetragene Kreidegrund sehr spannungsreich ist und beim Trocknen stark schwindet. Die Vergoldemeisterin und Buchautorin Karin Havlicek beschreibt folgende Vorgehensweise: Reisstärke im angegebenen Verhältnis mit kaltem Wasser ansetzen, wobei ein zäher, mittelfester Brei entsteht. Nach dem Quellen wird parallel Kölner Leim erwärmt und heiß auf den grundierten und geschliffenen bspw. Bilderrahmen aufgetragen. Die angesetzte Reisstärke wird jetzt mit ebenfalls erwärmtem und verflüssigtem Mischgrund im Verhältnis 1:1 gemischt. Diese Mischung wird gleichmäßig und in einem Zug auf die noch nicht ganz trockene Schicht Kölner Leim gestrichen. In der so hergestellten Kreideschicht bilden sich beim Trocknen nach einer Stunde Risse.
Nach diesem Aufbau sollte natürlich nicht unbedingt geschliffen werden. Leichte Korrekturen mit einem feinen Schleifpapier sind aber möglich. Der Schleifstaub wird anschließend mithilfe von Alkohol und einem Borstenpinsel entfernt. Möchte man die Goldoberfläche durch Tönung beispielsweise künstlich altern, so kann dies mit oder ohne Schutzüberzug der hauchdünnen Blattvergoldung geschehen.

Patinieren

Bei direktem Auftrag ist zu beachten, dass nach der Patinierung keine Korrekturen mehr möglich sind und die hauchfeine Goldschicht leicht verletzt werden kann. Karin Havlicek rät daher, einen Schutzüberzug mit Acryllack auf der Vergoldung auszuführen. Tönungen lassen sich auf Terpentin-, Alkohol- oder wässriger Basis durchführen.
Bei Patinierungen auf Terpentinbasis werden die Farbpigmente zuerst dem Terpentin zugegeben und dann mit einem Borstenpinsel am Rand des Glases angerieben. Für Tönungen im Braunbereich eignen sich die Pigmente Umbra und Siena. Eisenoxidschwarz bewirkt einen leichten Graustich und Titanweiß eine pudrig wirkende Oberfläche. Nach Zugabe eines Kunstharzlacks wird alles gerührt, bis die Pigmente fein verteilt sind. Der Terpentinanteil hält die Lösung lange offen, wodurch sich die Tönung besser steuern lässt. Der Lackanteil bindet die Pigmente auf die Oberfläche. Mit einem Borstenpinsel wird die Patina gleichmäßig auf das Werkstück aufgetragen und direkt im Anschluss ein Teil der Lösung möglichst schnell mit einem Baumwolltuch wieder abgetragen. Der noch auf der Oberfläche verbleibende Rest wird mit einem Rundpinsel verstupft. Die Pinselstupfer sitzen direkt neben-, beinahe übereinander, um keine Fehlstellen zu erzeugen. Hat man vier- bis fünfmal gestupft, wird der Patina-Überschuss des Rundpinsels auf einem daneben liegenden Stück Pappe abgestreift. So wird die Lösung gleichmäßig verteilt. Das Werkstück sollte liegend mindestens 12 Stunden trocknen und darf in dieser Zeit nicht berührt werden. Nach der Trocknung erscheint die Oberfläche leicht rau, bspw. durch Fusseln, die sich angesammelt haben. Sie lassen sich mit einem Tuch vorsichtig abreiben, ohne den Überzug zu beschädigen. Zum Schutz der Patina kann nochmals ein einmaliger Lacküberzug erfolgen.
Tönungen auf Alkoholbasis trocknen schneller als solche auf Terpentinbasis. Die Patina wird in diesem Fall mit Schellack und alkohollöslichen Teerfarbstoffen hergestellt. Bei diesem Verfahren lassen sich auch matte Endergebnisse erzielen. Zu Bedenken gilt, dass Schellack im Laufe der Jahre vergilbt und auch die Farbstoffe verblassen können.
Auch Tönungen auf wässriger Basis können auf Vergoldungen durchge- führt werden. Allerdings perlt die Lösung gerne auf dem glatten Golduntergrund. Hier empfiehlt Karin Havlicek die Zugabe von Ochsengalle oder einem winzigen Tropfen Spülmittel. Wird zunächst mit Lackpatina auf Terpentinbasis und nach dem Trocknen die Oberfläche mit wässriger Patina überarbeitet, entstehen lasierende Schichten mit Tiefenwirkung.

Herstellung von Kreidegrund für die Polimentvergoldung
Benötigte Arbeitsmaterialien und Arbeitsgeräte für die Herstellung eines Kreidegrunds mit Craquelé:
20 g Kölner Leimgranulat mit 60 g kaltem Wasser angesetzt, 50 g Reisstärke mit 50 g Wasser angesetzt, 100 g Mischgrund, 2 Dosen, Grammwaage, Löffel, Tongefäß, 2 Pinsel, Rührstab.
Die Angaben sind dem Buch „Vergolden mit Blattgold. Schritt für Schritt“, von Karin Havlicek entnommen, das 2010 bei der DVA erschienen ist. Die erfahrene Vergoldermeisterin beschreibt darin anschaulich die einzelnen Arbeitsschritte der verschiedenen Techniken, begleitet von Rezepturen, Hinweisen auf Fehlerquellen, Tipps und aussagekräftigen Abbildungen. Das Buch bildet die Grundlage der Artikelserie „Glänzend gemacht“.
 
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