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Farbe und Architektur: Vom Basisfarbton zum Akzent

Teil 5: Der Basisfarbton und seine Varianten
Farbe und Architektur

Farbe und Architektur
Farbentwurf: Studienarbeit U. Bitzer Fotos/Skizzen: K. Friesch; Farbentwurf: Studienarbeit U. Bitzer
 Der Gestaltungsgrundsatz: Vom Basisfarbton zur Dominante, Subdominante und dem Akzent.

Autor I Fotos: Prof. Klaus Friesch

Durch technologischen Fortschritt in der Farbherstellung stehen heutzutage für die Gestaltung von Bauwerken viele Farbnuancen zur Verfügung. Dies ist Fluch und Segen in einem. Es zwingt den Farbgestalter bei der Farbauswahl zu einer Abwägung gestalterischer, emotionaler, ökonomischer und technischer Aspekte. Für die Kundenberatung ist es aber notwendig, eine Vorauswahl zu treffen. Dabei sind die individuellen Rahmenbedingungen aus Kundenwunsch und Objekt zu berücksichtigen. Aus diesen Überlegungen resultierend lassen sich dem Kunden sinnvolle Gestaltungsvarianten anbieten. Hierbei spielt der Basisfarbton eine wichtige Rolle.

Viele Nuancen

So stellt sich zunächst die Frage, wie viele Farbtöne für die Gestaltung eines Gebäudes benötigt werden und wie viele zur Verfügung stehen?

Bei der computergestützten Entwurfsarbeit lassen sich im RGB Farbsystem über 16 Millionen Farbnuancen aufrufen, die physiologische Fachliteratur nennt je nach Autor für die Anzahl unterscheidbarer Farbnuancen einige Hunderttausende bis ca. 7 Millionen. Auch die Farbordnungssysteme für Baufarben und Lacke weisen je nach Anbieter einen Umfang von ca. 1000 bis ca. 6000 Standardfarbnuancen auf. Und dies mit der Option weitere Sonderfarbtöne zu mischen. Unter Berücksichtigung der Anwendung im Außenbereich reduziert sich die Anzahl auf ca. 500 Fassadenfarbtöne. Durch diese Vielfalt bleiben kaum Wünsche offen,  für die Erstellung eines Farbkonzeptes stellt die Vielfalt eher ein Hemmnis dar.

Denn demgegenüber steht die Tatsache, dass für ein Gebäude „eine Handvoll“ verschiedener Farbnuancen ausreichen. Farbigkeit an Bauwerken basiert  auf der Tatsache, dass durch das Licht- und Schattenspiel am dreidimensionalen Objekt und unterschiedlichen Oberflächenstrukturen (z.B. Putze) eine Vielfalt an Helligkeits- und Buntheitsnuancen auf dem Basisfarbton der großen Flächen entstehen. Viele verschiedene Bunttöne sind gar nicht notwendig, meist wirken sie sogar eher störend.

Zeitlose Regel: Ein Buntton als Basisfarbton

Eine einfache zeitlose Regel aus der Malertradition kann für die Farbauswahl eine gute Hilfestellung bieten: Bei der Bearbeitung eines Objektes sollte für die wichtigste und größte Fläche ein Buntton als Basisfarbton festgelegt werden. Aus diesem kann durch Berücksichtigung architekturspezifischer Farbigkeit mit Helligkeits- und Buntheitsanpassungen der Fassadenhauptfarbton – auch Dominante genannt – in Varianten abgeleitet werden.

In der Folge geht es von viel nach wenig, bzw. von groß nach klein weiter. Die nächstkleineren Flächenbereiche, als Subdominante bezeichnet, sind meist untergeordnete Bauteile wie Erker, Risalithe, Gesimse, Faschen, Gewände oder Sockelflächen. Auch hier kann in Varianten geplant werden. Nachfolgend kommt die Farbwahl für Akzentflächen. Diese eher geringen Flächenanteile sind Fenster, Fensterläden, Dachuntersichten an Traufe und Ortgang, Zierelemente oder auch Werbung in Form von Schriften. Hier kann nun mit einer größeren Auswahl gearbeitet werden.

Farbiger Dreiklang aus dem Basisfarbton

Mit dieser Strategie nach dem Auswahlprinzip Dominante, Subdominante, Akzent wird zunächst ein farbiger Dreiklang als Basis für eine Farbgestaltung gebildet. Über unterschiedliche Basisfarbtöne entstehen alternative Farbkonzepte. Ein weiteres grafisches Hilfsmittel stellt der quantitative Farbplan dar. In einem einfachen rechteckigen Streifen werden die Mengenanteile der farblich zu gestaltenden Flächen grob dargestellt und in einem ersten Schritt auch die unveränderlichen Materialeigenfarben mitberücksichtigt.

So lassen sich zunächst schnell polychrome Farbkonzepte erstellen und Grundprinzipien der elementaren Farbenlehre wie Kontraste und Harmonien überprüfen. Bei einfachen Objekten kann dies direkt zum Anlegen von Farbmustern am Objekt führen. Bei aufwendigeren Vorhaben ist die Erstellung eines Farbentwurfs auf Grundlage von Bauzeichnungen sinnvoll. Es ist wichtig „um die Ecke zu denken“ und alle Fassaden zu berücksichtigen.

Vor allem geneigte Dächer mit ihrer Materialeigenfarbigkeit wirken je nach Trauf- oder Giebelseite extrem unterschiedlich. Die zweidimensionale Darstellung als Ansicht/Aufriss ist eine zeichnerische Abstraktion. Dachuntersichten sind nicht berücksichtigt und auch die räumliche Wirkung einer Fassade aus der Fußgängerperspektive oder die Stellung im städtebaulichen Kontext sind nur bei einem Vororttermin erlebbar, der durch nichts zu ersetzen ist.

Die traditionelle Methode der Farbwahl von groß (Basisfarbton) nach klein (Akzent) bietet auch für das Kundengespräch eine geordnete Struktur und Vielfalt in Form von Alternativen. Diese Arbeitsschritte ermöglichen die konstruktive Teilhabe der Kundschaft an der Farbwahl, ohne die Gefahr langatmiger Diskussionen. Eine bewährte Herangehensweise und zeiteffektive Methode des Entwerfens, die Gestaltungskompetenz beweist.

Die weiteren Teile der Serie finden Sie hier:

Teil 4: Farbwechsel an Ecken

Teil 3  Die Gestaltung der Sockelzone und das Prinzip der Farbstatik

Teil 2 Grundgedanken zur Architekturfarbigkeit

Teil 1 Farbigkeit von Bauwerken

 

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