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Farbe und Architektur

Aus- & Weiterbildung
Farbe und Architektur

Farbe und Architektur
Farbentwurf: Studienarbeit Mario Mühl
Teil 7: Beachtung von Materialien und deren Eigenfarben bei der Gestaltung.

Autor: | Skizzen: Klaus Friesch

Gebauter Raum und seine begrenzenden Oberflächen entstehen aus der Konstruktion. Der österreichische Architekt Otto Wagner (1841–1918) – ein Pionier der Gestaltung am Übergang zur Moderne – betonte, dass sich gelungene Architektur aus der Konstruktion entwickle. So steht eine Fassade in Beziehung zur inneren Struktur eines Gebäudes. Sie ist kein beliebig dekorierbarer Selbstzweck, sondern Ausdruck einer architektonischen Gesamtordnung aus Form, Material und Farbigkeit.

Dem Material kommt an dieser Stelle eine Schlüsselrolle zwischen den Gestaltungsmitteln Form und Farbe zu. Die vier grundlegendenden Baustoffgruppen, mineralische Baustoffe, Metalle, Hölzer und Kunststoffe zeigen einerseits sinnvolle Einsatzgebiete aufgrund spezifischer chemischer und bauphysikalischer Eigenschaften, andererseits materialtypische Grundformen wie zum Beispiel die längliche Form von Bäumen und deren Widerspiegelung in Massivholzbauteilen und Fachwerkkonstruktionen. Die Materialien prägen somit die Formerscheinung der Bauwerke und nehmen aufgrund ihrer Eigenfarbigkeit Einfluss auf die Farberscheinung.

Drei Grundmerkmale in Bezug auf den Einfluss von Licht können unterschieden werden: Als opak werden Materialien bezeichnet, die lichtundurchlässig sind wie Holz, Steine oder Metalle. Das Ergebnis ist die materialtypische Eigenfarbigkeit. Transluzenz bezeichnet die teilweise Lichtdurchlässigkeit (z. B. manche Kunststoffe, Strukturgläser) und transparente Materialien sind licht- und blickdurchlässig wie z. B. Klarglas.

So wie sich die Gesamterscheinung als ein konstruktives Spiel aus Form und Material unter Berücksichtigung statischer Notwendigkeiten ergibt, stehen die Fassadenoberflächen im Doppelspiel aus Schmuck- und Schutzfunktionen. Auch hier besteht eine Beziehung zwischen Konstruktion und Ästhetik, die sich in drei durch den Gestalter im Entwurf beeinflussbaren Ebenen zeigt.

Struktur

Die Struktur eines Materials ergibt sich aus dessen innerem Aufbau. Holz als natürlich gewachsenes Material zeigt typische Maserungen durch die jahreszeitenabhängigen Wachstumsphasen. Ähnliches ist bei Natursteinen zu sehen. Gestein zeigt durch seinen Entstehungsprozess steinspezifische Maserungsbilder. Künstlich erzeugten Materialien wie Stahl, Beton oder Kunststoffen fehlen meist solche Grundstrukturen. Sie können jedoch im Herstellungsprozess als Oberflächenstrukturen bewusst erzeugt werden.

Textur

Alle Materialien unterliegen einer Limitierung der Dimensionen hinsichtlich dem Abbau, bzw. der Herstellung, dem Transport und abschließender Verarbeitung am Bauwerk. Daher ist die Zusammenfügung des Materials aus Einzelteilen zu einer (flächigen) Einheit notwendig. In der Gestaltung wird dafür häufig der Begriff Textur verwendet. Mauerwerkssteine werden geordnet geschichtet, um eine Wand zu bilden, Holzbretter fügen sich zu einer Verschalung: In Verbindung mit dem Merkmal Struktur lassen sich durch die bewusst gewählte Ordnung der Textur, Oberflächen über Flächengliederung, Proportionen und Maßstäblichkeit gezielt gestalten.

Faktur

Eine letzte Ebene kann mit dem Begriff Faktur beschrieben werden. Hierunter sind Techniken einer materialtypischen Oberflächenbearbeitung zu verstehen. Dies kann aus Schutz- oder Schmuckgründen, oder aus der Kombination von beidem erfolgen. Natursteine werden u. a. geschliffen, poliert oder gestockt. Holzoberflächen gegebenenfalls lackiert, geölt oder gebürstet. Hierunter fallen dann auch alle farblichen Veränderungen von Oberflächen, abweichend von der Eigenfarbigkeit.

Alle Aspekte verdeutlichen den großen Einfluss der Materialität auf die Farbigkeit von Bauwerken im Allgemeinen und damit die Bedeutung der Beachtung von Materialeigenfarben bei der Farbgestaltung von Fassaden im Besonderen. Die Flächenanteile sind extrem unterschiedlich und reichen von Details wie Regenrinnen, Fallrohre über Akzente wie Fenstergewänden oder gliedernden Bauteilen wie Gesimsen, Pilastern bis zu sehr dominanten Dachflächen oder Sockelzonen. Neben den klassischen Ansichten der senkrechtstehenden Wandflächen können die geneigten Dachflächen farblich sehr bedeutsam werden. Je nach Gebäudegröße, Dachform, Dachneigung und Lage des Bauwerks im Straßenraum kann dies einen Großteil der Gesamtfläche ausmachen, wobei je nach Trauf- oder Giebelseite die Dachfarbigkeit dominant oder unbedeutend werden kann. Der Farbmaterialplan kann diese Problematik oft nur unzureichend visualisieren.

Dessen ungeachtet ist die Erfassung der Materialeigenfarben und deren Darstellung der erste Schritt in der Farbplanung. Darauf aufbauend ergeben sich die Überlegungen zur Beibehaltung oder Veränderung der vorhandenen Eigenfarben und die Abstimmung der neu festzulegenden Farben.

Weitere Beiträge aus der Serie:
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