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Die Gestaltung der Sockelzone und das Prinzip der Farbstatik

Teil 3: Sockelzonengestaltung
Farbe und Architektur

Farbe und Architektur
Foto/Skizzen: Prof. Klaus Friesch
Die Gestaltung der Sockelzone und das Prinzip der Farbstatik.

Autor | Fotos: Prof. Klaus Friesch

Ein einfaches Grundprinzip der Beziehung von Form und Farbe in der Architektur lässt sich bei der Sockelfarbigkeit erkennen. Die traditionelle Bauweise arbeitet mit tragenden Außenwänden. Das jeweilige Baumaterial führt zu charakteristischen Baukonstruktionen und Dimensionen. Die typische „Lochfassade“ weißt einen kleinen, an der statischen Ordnung ausgerichteten Fensteranteil auf. Bei älteren Bauwerken ist die Zunahme der Baulasten durch eine Zunahme der Mauerstärken erlebbar.

Die Sockelzone

Der bautechnisch sehr anspruchsvolle Übergang zwischen Bauwerk und Gelände unterscheidet sich im Regelfall deutlich als Sockelzone durch Material- und Formänderungen von der Wandfläche. Neben funktionalen Aufgaben wie Lastabtragung, Widerstand gegen witterungsbedingte und mechanische Beanspruchungen oder Schutz vor aufsteigender Feuchtigkeit hat die Sockelzone als horizontale Gliederung – von eher geringer Ausbildung im Spritzwasserbereich bis hin zu kompletten Sockelgeschossen – auch eine ästhetische Funktion. Dem Sockelbereich kann zum Gesamtverständnis eines Bauwerks auch ein Gefühlswert beigemessen werden. Analog zur „optischen Lastabtragung“ der Formgebung und Materialwahl können Farben ein Gebäude architekturbezogen richtig interpretieren. Dies hängt vor allem davon ab, ob die Hell- bzw. Dunkelbezüge am Bauwerk „farbstatisch“ richtig hergestellt werden. Dazu gehört vor allem, dass in aller Regel „die dunklere Farbe die hellere trägt“ und deshalb Sockelflächen eher dunkler gestaltet werden.

Farbstatisch richtig hergeleitete Helligkeitsunterschiede bewirken einen harmonischen Gesamteindruck. Der Sockel wird so als eigenständiges Bauteil wahrgenommen, ist seinen Aufgaben entsprechend farblich akzentuiert und dennoch Teil der Gesamtfassade.

Sehr helle Sockelfarbtöne stellen die architekturbezogenen Zusammenhänge auf den Kopf. Das Gebäude wirkt schwebend und abgelöst vom Untergrund. Eine zu kräftige Differenzierung in den Helligkeitsunterschieden bewirkt eine Zergliederung des Baukörpers.

Hellbezugswerte

Ein Hilfsmittel für die Farbtonauswahl stellen die Angaben zur Helligkeit dar. Farbordnungssysteme für Baufarben geben häufig den für die Baupraxis sinnvollen Begriff Hellbezugswert (HBW) an. Dieser gibt Auskunft über den Reflexionsgrad von Körperfarben und eignet sich als ein Maß für die Helligkeit. Die Skala bewegt sich zwischen den genormten Angaben 0 als theoretisch niedrigstem Wert für absolute Absorption und 100, dem Wert des hellsten, technisch herstellbaren Weiß. So können Farben anhand der Lichtreflexion gemessen werden. Der Zahlenwert gibt dann Auskunft über die charakteristische Eigenhelligkeit einer Beschichtung und ermöglicht Vergleichbarkeit. So sagt z. B. ein Hellbezugswert von 87 für einen Farbton aus, dass dieser sehr hell ist und dass es sich bei einem HBW-Wert von 20 um eine dunkle Farbnuance handelt.

Hellbezugswertdifferenz

Für die Farbauswahl kann die Hellbezugswertdifferenz herangezogen werden. Eindeutige Angaben sind nicht möglich, je nach Sockelformen (vorstehend, eben oder zurückgesetzt), Materialien (z. B. Putzstrukturen), verwendeten Bunttönen und Lichtverhältnissen kann das Zusammenspiel zweier verschiedener Farben variieren.

Dennoch geben die von der Kunsthistorikerin Dr. Christel Darmstadt gesammelten Erfahrungswerte eine gute Grundorientierung für die Praxis. Wird das Prinzip der Farbstatik berücksichtigt, dann lassen sich für den Helligkeitsunterschied zwischen Sockel- und Wandfarbe drei Bereiche abgrenzen: Liegt die Hellbezugswertdifferenz unter 10, ist die optische Unterscheidungsmöglichkeit zu gering. Aus der Ferne oder auch bei Sonneneinstrahlung sind kaum Unterschiede feststellbar. Bei einer Differenz zwischen 10 und ca. 20 ergibt sich ein deutlich wahrnehmbarer Unterschied, der zur Differenzierung einer Fassadengliederung beiträgt und dem Prinzip der „Farbstatik“ genügt. Dennoch lässt er dem Bauwerk seine Geschlossenheit. Helligkeitsunterschiede von mehr als 25 führen zu starken Differenzierungen, sodass die Unterschiede gewichtiger erscheinen als die Gemeinsamkeiten. Der Sockelbereich erscheint als vom Bauwerk getrenntes Element.

Das Prinzip der Farbstatik ist ein Gestaltungsgrundsatz, der sich aus der Tradition heraus entwickelt und vielfach bewährt hat. Problematisch kann es bei einem Vertauschen der Helligkeiten werden. Eine auf den Farbtheoretiker Dr. Aemilius Müller zurückgehende Theorie besagt, dass zwei Farbnuancen nebeneinander dann als harmonisch empfunden werden, wenn ihre Helligkeiten dem Helligkeitsverhältnis der zugrunde liegenden Volltöne entspricht. Wird dieses durch Aufhellungen der ursprünglich dunkleren Farbe und Abdunklung der helleren Farbe invertiert, können sich disharmonisch wirkende Farbstimmungen ergeben.

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