Denkt man hierzulande an Israel, beschleichen einen zunächst ungute Gedanken. Terror, Gewalt und ein von jahrhundertelangen Konflikten geplagtes Land sind die ersten Assoziationen. Ein großartiges Projekt hat nun einen kleinen, jedoch wichtigen Beitrag geleistet und Horizonte erweitert. Gleichzeitig wurde ein Stück Baugeschichte erhalten.
In der Hauptstadt Tel Aviv wurde ein Unseco Weltkulturerbe fachgerecht saniert – mit großer Unterstützung von deutscher und israelischer Seite. Die Sanierung ist Teil der Kooperation „Open for Renovation“, die vom Amt für Bundesbau (ABB) in Mainz als Vertretung der Bundesregierung und der Geschäftsstelle Weiße Stadt Tel Aviv koordiniert wird. Für die Fassadensanierung finanzierte und organisierte die gemeinnützige Sto-Stiftung den deutsch-israelischen Workshop und brachte mit insgesamt fünf Handwerkerteams, darunter junge deutsche Stuckateure und Maler, ihre Expertise bei der Denkmalpflege mit der Kultur der Weißen Stadt zusammen.
Mit vor Ort waren diese Maler- und Lackierergesellen, welche derzeit eine Weiterbildung zum „Staatlich geprüften Lacktechniker“ an einer der sieben deutschen Fachschulen absolvieren
- Bastian Schultze
- Alexander Neumann
- Jakob Berner
- Pirmin Kenk
- Maximilian Wolfgruber
- Kai-Christopher Hardt
- Fabian Walter
Betreut wurde die Gruppe von der Malermeisterin und Lehramtsanwärterin Annika Hillegeist.
Hinter der Fassade
Bildungsaustausch und interkultureller Erfahrungszugewinn sowie handwerklicher Wissenstransfer waren von Anfang an die Intention hinter den Workshops. Obwohl die acht Teilnehmer schon ein ganze Menge an Erfahrung mitbrachten, war es für alle eine nicht alltägliche und besondere Erfahrung an dem Denkmal zu arbeiten und dabei auch die alten Techniken zu verwenden: statt Pinsel und Walze arbeiteten sie ganz traditionell mit dem Quast.
Dass es nicht bei der Arbeit allein bleiben soll, stand für die Stiftung von vorneherein fest: Das Projekt sollte den Handwerkern auch die Möglichkeit geben, etwas von der Kultur dieses Landes und der Leute mitzunehmen. „Die Zeit hier hat uns nicht nur beruflich, sondern speziell in unserer persönlichen Entwicklung weitergebracht“, betont Malergeselle Alexander Neumann. In ihrer Freizeit kamen die acht immer wieder in Kontakt mit einheimischen und jungen Leuten und tauschten sich über weit mehr als nur die Sanierung des Gebäudes aus.
Die moderne Hauptstadt mit ihrem pulsierenden Nachtleben und der Offenherzigkeit überraschte die Handwerker besonders. Ausflüge zum Toten Meer, an den Jordan, nach Jerusalem und Yad Vashem, einer Gedenkstätte für Holocaust und Heldentum, vermittelten ein noch umfangreicheres Bild der Landesgeschichte und beeindruckte alle tief.
„Wir haben uns vor der Reise vorbereitet und mehr über das Land und auch die politische Lage informiert“, sagt Kai-Christopher Hardt. Trotzdem seien alle Teilnehmer vorurteilsfrei in das Projekt gestartet. Sorgen, die es natürlich trotzdem gab, sind dann binnen weniger Tage unter der israelischen Sonne, mehr aber noch durch die Freundlichkeit der Leute und dem Spaß an der Arbeit, verflogen.
Überwältigende Eindrücke
Dass die Intention der Stiftung voll aufgegangen ist, das konnten die Maler nur bestätigen. Bei so einem Projekt dabei zu sein, sei etwas, „was man noch seinen Kindern erzählen kann“, sagt Bastian Schultze. „Man macht sich schon Gedanken, aber keiner hat gezögert diese Möglichkeit zu nutzen, denn wie oft hat man schon die Gelegenheit, in einem fremden Land an einer so großen Sache mit zu wirken?“ Resümee der Teilnehmer: Beeindruckendes Projekt, beeindruckendes Land. Die Maler waren sich einig: Das war nicht das letzte Mal, dass wir dieses Land besucht haben.
Auch die Sto-Stiftung wird sich weiterhin für die Sanierung des Gebäudes und damit den Erhalt der Weißen Stadt einsetzen. Im März nächsten Jahres werden daher wieder Fachschüler der sieben deutschen Maler-Fachschulen in Tel Aviv sein, um auch im Innenraum die Wände, Decken, Türen und Fensterrahmen des Max-Liebling-Hauses denkmalschutzgerecht zu sanieren.
PraxisPlus
Ein Ort für Diskussionen
Am 19. September soll das Gebäude offiziell seiner Bestimmung als deutsch-israelisches Dokumentations-, Vermittlungs- und Kompetenzzentrum übergeben werden. So können sich beispielsweise Bauherren beraten lassen, die ihr eigenes „Bauhaus“ denkmalschutzgerecht sanieren wollen.