Rund 200 Malermeisteranwärter legten im Sommer 2019 an den badenwürttembergischen Meisterschulen ihre Prüfungen ab. Für die Ausstellung „Meister in Form und Farbe“ konnten sich etwas mehr als 20 Prüfungsarbeiten qualifizieren. Am Ende erhielten sechs dieser Meisterarbeiten eine Auszeichnung. Den Besuchern im Regierungspräsidium in Karlsruhe wurde also wieder ein äußerst hohes Niveau geboten.
Gleich drei Absolventen der Stuttgarter Schule für Farbe und Gestaltung konnten sich über eine der begehrten Auszeichnungen freuen.
Drei Auszeichnungen für Stuttgart beim Gestaltungswettbewerb “Meister in Form und Farbe”
Merlin Heusinger erarbeitete einen Vorschlag für eine Schmuckwand im Naturkundemuseum. Eyecatcher ist ein großformatiger Dinosaurierschädel, der sich über verschiedene dekorative Techniken hinwegzieht. Neben einer Spachteltechnik mit Risseffekt, zählt hierzu auch ein Kalkspachtel, der auf einen gekörnten Untergrund aufgezogen wurde sowie eine Kalkspachtelung, die durch Abdrücke von Farn und einen dezenten Metallüberzug den Betrachter fasziniert.
Eine weitere Auszeichnung im Gestaltungswettbewerb “Meister in Form und Farbe” konnte der Stuttgarter Absolvent Jonas Hoffmann entgegennehmen. Er hatte sich mit der Gestaltung eines Ladengeschäfts für einen Outdoor-Ausstatter auseinandergesetzt. Ein Gebirgspanorama zieht sich als Silhouette über die einzelnen Gestaltungstechniken hinweg. Als Hingucker spachtelte der frisch gebackene Malermeister eine Fläche mit dunkler Spachtelmasse ab. In diese Fläche hatte er vorab Linien gefräst, die die Bergsilhouette darstellen. Ebenfalls aus Fräs-
linien entstand das Logo des Outdoor-Ausstatters, ein Fuchskopf, der durch eine blaue Hinterleuchtung die Blicke auf sich zieht. Weitere Techniken von Jonas Hoffmann: eine Aluminiumplatte, auf der durch unterschiedliche Schleifrichtungen Bergformationen abgebildet werden und eine dreidimensionale Konstruktion, die durch eine Spachtelung in Betonoptik als eine moderne Interpretation einer Felsformation dient.
Die dritte Auszeichnung, die auf das Konto der Stuttgarter Schule geht, hat sich Jakob Berner für die Renovierung eines Verköstigungskellers einer Braumanufaktur verdient. Berners Arbeit zeichnet sich durch Eleganz aus, die sich wie ein roter Faden durch seine Arbeit zieht. In eine zementgebundene Dekorspachtelmasse beispielsweise hatte er Ähren eingedrückt. Die entstandenen Vertiefungen vergoldete er nach dem Schleifen und Polieren der Zementmasse. Die Ähren finden sich auch in einer mit Echtmetall pigmentierten Spachteltechnik wieder. Und das Logo der Braumanufaktur erstrahlt – wie könnte es anders sein? – als Hinterglasvergoldung.
Auch Karlsruhe, Lahr und Reutlingen vorne beim Gestaltungswettbewerb “Meister in Form und Farbe”
Selbstverständlich glänzten beim diesjährigen “Meister in Form und Farbe” aber nicht nur die Stuttgarter Meisterschüler mit ihren Leistungen. Robin Simon, der seine Meisterausbildung an der Heinrich-Hübsch-Schule in Karlsruhe absolvierte, gestaltete in seiner Prüfungsarbeit den Empfangsbereich der Silvretta-Seilbahn neu. Zentrales Element ist eine Spachtelmasse in Betonoptik, in die das Logo des unter Wintersportfans und Wanderurlaubern beliebten Ortes Ischgl eingearbeitet wurde. Einen schönen Kontrast zur grauen Spachtelmasse bildet eine Durchschleiftechnik, die das Rot aus dem Ischgl-Logo aufnimmt. Für diese Technik hatte Robin Simon einen Streichputz zunächst schwarz, dann rot überlackiert. Beim anschließenden Durchschleifen kamen die Farbschichten partiell wieder zum Vorschein. Auch die Arbeit von Torsten Schmieder von der Badischen Malerfachschule in Lahr war der Jury eine Auszeichnung wert. Für eine Sonderausstellung zum Thema Ägypten in einem Kunstmuseum hatte er die Wandgestaltung entworfen. Ein prächtiger Pharaonenkopf in zweifarbiger Metallspachteltechnik dient dabei als Eyecatcher. Eher dezent, deshalb aber nicht weniger interessant, sind dagegen die flankierenden Gestaltungstechniken. Neben einem Reißlack in Braun- und Beigetönen, besticht vor allem ein cremeweißer Lehmputz durch sein feines Rissbild.
Von der Jury ausgezeichnet wurde auch die Reutlinger Meisterschülerin Sandra Höhn, die einen Gestaltungsvorschlag für eine Hofmanufaktur entwickelt hatte. In dem von ihr gestalteten Verkaufsraum werden Edelbrände nicht nur verkauft, sondern auch verköstigt, weshalb ein ansprechendes Ambiente den Besucher zum Verweilen animieren soll. Mit ihren fein aufeinander abgestimmten, alles andere als alltäglichen Gestaltungstechniken dürfte das der jungen Meisterin sicherlich gelungen sein. So finden sich auf einer fein strukturierten Poliermetallfläche halbierte Glasflaschen. Diese hatte Sandra Höhn partiell mit Goldfarbe beschichtet, um das „flüssige Gold“, das sich in ihnen befindet, zu symbolisieren. Sehr natürlich mutet dagegen ein Reinkalkputz mit einem vertieften Pflanzenmuster, das mithilfe einer Musterwalze entstand, an. Sehr edel präsentiert sich eine Wandfläche in Steinoptik, in die zwei beleuchtete Schaukästen integriert wurden. Während sich in dem einen eine matt vergoldete Birne befindet, beherbergt der zweite einen glanzvergoldeten Apfel.
Nicht ausgezeichnet, aber erstklassig
Hätte die Jury mehr Auszeichnungen zu vergeben gehabt, so wären noch ausreichend Möglichkeiten vorhanden gewesen. Denn auch die Aussteller, die nicht prämiert wurden, hatten meisterhafte Arbeiten abgeliefert.
Alina Schamberger (Stuttgart) etwa hatte für das Infocenter eines Metal-Festivals eine Wandgestaltung mit dem Logo des Open Airs kreiert. Auf der einen Hälfte prangt das Logo auf einem malerischen Farbverlauf aus Pastellkreiden, auf der anderen Hälfte kombinierte die Malermeisterin eine matte Dispersions- mit einer Metallic-Spachtelmasse, um das Logo in Szene zu setzen.
Andreas Volkmann (Kerschensteiner Schule Reutlingen) erarbeitete ein Konzept für einen Kindergarten. Besonderes Highlight ist eine Lackarbeit, die sich aus Puzzleteilen in verschiedenen intensiven Farbtönen zusammensetzt. Ein Kalkputz mit Abdrücken von Kinderhänden, die anschließend mit Silikatfarben bunt abgefasst wurden, versinnbildlicht die umhertobenden Kinder.
Eine Modeboutique diente Larissa Eck (Meisterschule Mosbach) als Grundlage für ihre praktische Meisterprüfung. Besonders sehenswert: ein Schild mit der Aufschrift „Anprobe“ im Vintage-Look sowie eine Eichenfurnierplatte, auf die mit Nussbaum-Lasur in mehreren Schichten eine Frauenfigur mit Einkaufstüten aufgebracht wurde.
Die Aufmerksamkeit der Besucher konnte auch eine Eisblumentechnik auf sich lenken, die Lucas Walter (Stuttgart) für den Empfangsbereich eines Lebensmittellogistikers entworfen hatte. Der Eisblumeneffektlack wurde auf eine Plexiglasplatte aufgebracht, die wiederum mit Abstand vor eine grau beschichtete Lackplatte montiert wurde. Beide Lackierungen werden von Netzlinien durchzogen, die mithilfe einer Klebeschablone entstanden sind. Durch die rückseitige Beleuchtung entsteht eine enorme Tiefenwirkung, die die Fläche wie Eisschollen wirken lässt.
Piroska-Edit Friedmann (Karlsruhe) gestaltete ein Brautmoden-Geschäft neu. Die hierfür ausgewählten Techniken wirken dezent, leicht und gleichzeitig edel. Plastisch aufgebrachte Schriftzüge, die durch eine grüne Perlmuttlasur vor dem Hintergrund einer weißen Spachteltechnik dezent betont werden, machen sofort klar, worum sich hier alles dreht: um verschiedenste Stoffe. Auch eine Brautsilhouette, die mittels Schablone auf eine Wand in heller Beton-Optik eingearbeitet wurde, unterstreicht das Thema noch einmal. Hochwertigkeit symbolisiert ein grob aufgetragener Mineralputz, in den ein Rankenornament integriert wurde, dadurch, dass letzteres durch Metalliclasur und Goldfolie akzentuiert wird.
Nicht nur Sport-Fans dürften von Rene Littkes Meisterprüfungsarbeit begeistert sein. Der Stuttgarter Absolvent hatte für die Dekoration eines Sportgeschäfts einen überdimensionalen Turnschuh geschaffen, der durch die Reißlack-Technik in sattem Grün und ein vergoldetes Markenlogo sofort ins Auge fällt. Die Hintergrundgestaltung wirkt nur auf den ersten Blick unspektakulär. Hierfür hatte Rene Littke eine besondere Betoninterpretation gewählt. In frischen Lehmputz hatte der Jungmeister eine Folie eingelegt und diese nach mehrstündiger Trocknung entfernt. Auf diese Weise entstanden Ausbrüche und Lunkerlöcher, die durch die anschließende farbige Behandlung betont werden.
Robin Sieber (Reutlingen) verpasste den Geschäftsräumen des elterlichen Brennholzhandels einen neuen Look. Er entschied sich u.a. für grob geschliffene und in unterschiedlichen Holzlasuren beschichtete Stirnholzwürfel, die er patchworkartig anordnete. Aus Beize, in die der junge Meister Spiritus tropfen ließ, schuf er eine Wurzelholztechnik.
Manuel Lutz (Stuttgarter Schule) gestaltete den Probenraum einer aufstrebenden Death-Metal-Band. Der Schriftzug der Band setzt sich über drei unterschiedliche Techniken in Schwarz, Grau und Weiß fort: eine Spachteltechnik mit Blattaluminium-Auflage, eine Reißtechnik auf Basis von Latexfarben und eine Zementspachtelmasse, in die ein Krokodilledermuster eingeprägt wurde.
Die Ausstellungsräume eines RC-Modellbauladens waren Gegenstand der praktischen Meisterprüfung von Timo Beck (Karlsruhe). Eine Echtrost-Technik, die durch eingearbeitete plastische Schweißnähte, äußerst realistisch erscheint, wird von einem Schriftzug verziert. Perfekt zum Thema passt auch eine plastische Spachtelmasse, in die Reifenspuren eingedrückt wurden. Der Metallic-Lasurüberzug verleiht den Abdrücken zusätzlich Tiefe.
Wer auf der Suche nach weiteren kreativen Anregungen ist, wird vielleicht in den Beiträgen über den Gestaltungswettbewerb “Meister in Form und Farbe” aus den vergangenen Jahren fündig:
Meister in Form und Farbe 2007
Meister in Form und Farbe 2010
Meister in Form und Farbe 2011
Meister in Form und Farbe 2014
Meister in Form und Farbe 2015
Meister in Form und Farbe 2017
Meister in Form und Farbe 2018
Meister in Form und Farbe 2019
Meister in Form und Farbe 2020
PraxisPlus
Die Meisterschulen in Karlsruhe, Lahr, Mosbach, Reutlingen, Stuttgart und Ulm wählten die interessantesten Prüfungsarbeiten für die Ausstellung und den Gestaltungswettbewerb “Meister in Form und Farbe” aus. Eine landesweit zusammengesetzte Jury hat diese Exponate nach den Kriterien „Gestaltung“ und „Ausführung“ unter die Lupe genommen und die Besten ausgezeichnet. Unterstützt wurde die Prämierung von den Firmen Brillux, Caparol, dem Euro-Kreis Maler, der Firma Farben Klotz sowie von ProfiTec und Sto.