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Alte Handwerkstechniken: Schritt für Schritt zur Polimentvergoldung

Hochwertige Oberflächen
Polimentvergoldung: Zu echtem Glanz

Die Polimentvergoldung ist die edelste und handwerklich anspruchsvollste Technik. Eine spezielle Ausbildung und viel Übung sind die Grundlagen für perfektes Gelingen: Josef Jakob, viele Jahre als Lehrer für Maler und Lackierer tätig, beschreibt, worauf es bei der Arbeit mit Blattgold besonders ankommt.

Autor I Fotos: Josef Jakob

Die Polimentvergoldung ist eine sehr alte und anspruchsvolle Technik im Gestaltungsbereich, die sich nur für Innenräume eignet. In längst vergangenen Zeiten wurde diese geheimnisvolle Arbeitstechnik und ihre Rezepturen fast nur vom Vater auf den Sohn weitergegeben. Unerwünschte Konkurrenten sollten keinen Zugang zu den Abläufen und den wohlgehüteten Rezepturen bekommen. Meist führen Spezialisten diese Technik aus. Das Fachwissen ermöglicht die Herstellung edler Oberflächen, deren Perfektion auf optimal vorbereiteten Untergründen beruht.

Geeignete Untergründe für die Polimentvergoldung

Die Untergründe für diese Vergoldetechnik sind mehrheitlich Hölzer wie Eiche, Linde und Fichte. Die Untergründe müssen trocken sein, eine gewisse Rauigkeit aufweisen und dürfen keine anderen Rückstände aufweisen. Harthölzer dürfen einen Feuchtigkeitsgrad von maximal 12 Prozent und Weichhölzer von 15 Prozent nicht überschreiten. Es ist empfehlenswert, die weiteren Arbeitsgänge bei einer Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent und einer Raumtemperatur von 20° C in geschlossenen Räumen auszuführen.

Den Untergrund schummern

Als erster Schritt wird ein Steinkreidegrund aufgetragen. Sie wird mit Knochenleim angesetzt. Knochenleim oder Tafelleim muss zuvor mindestens 24 Stunden in kaltem Wasser eingeweicht werden. Durch Erhitzen dieser Masse in einem Wasserbad auf 50° C entsteht eine dünnflüssige Leimtränke.

Parallel wird in einem zweiten Wasserbad Venezianisch-Terpentinharz (Lärchenharz) erhitzt. Beide Materialien werden gleichzeitig sehr heiß mit einem kurzen Borstenpinsel in die zu vergoldende Fläche eingerieben. Diesen Vorgang nennt man Schummern.

Das Venezianisch-Terpentinharz dringt auf diese Weise tief in das Holz ein und zieht gleichzeitig den Knochenleim mit der Steinkreide in den Untergrund hinein. Die raue Steinkreide dient als Kontaktbrücke für die folgenden Schichten.

Zubereitung des Kreidegrunds

Für eine gute Qualität der Polimentvergoldung ist der Kreidegrund von entscheidender Bedeutung. Als Bindemittel kommen Hautleime und Hasenleime (Kölner Leim, Perlleim) zum Einsatz. Zugegeben werden Kreidesorten wie Champagnerkreide, Bologneser Kreide und auch China-Clay aus unterschiedlichen Abbaugebieten.

Ausschlaggebend für ein fehlerfreies Ergebnis sind die Mengenverhältnisse von Wasser zu Leim und zur Kreide. Hinzu kommt die genaue Vorgabe der Temperatur und die sorgfältige Benetzungsgeschwindigkeit beim Einsumpfen der Kreide im warmen Leim.

Es ist sinnvoll, die Kreide durch ein Backsieb in den warmen Leim einzustreuen. Das trennt grobe Verunreinigungen vom Basismaterial.  Die angesetzte Kreidegrundmenge sollte für eine Woche reichen. Als Aufbewahrungsort eignet sich ein Kühlschrank. es ist wichtig, das Gefäß abzudecken, damit keine Krustenbildung stattfindet. Der kalte Kreidegrund lässt sich prüfen, indem man ihn in Würfelform schneidet. Die Probe muss zwischen den Fingern federn.

Auftrag des Kreidegrundes für die Polimentvergoldung

Beim Auftrag des Kreidegrundes werden immer objektbegleitende Werkstücke als Materialproben mit angefertigt. Fünf bis sechs Kreidegrundschichten sind für ein gutes Ergebnis erforderlich. Mit zunehmenden Kreidegrundschichten werden die Bindemittelanteile reduziert. Jede neue Kreidegrundschicht darf nur nach ausreichender Trocknungs- und Durchhärtungszeit der vorangegangenen Schicht aufgebracht werden.

Eine Gitterschnittprobe zeigt einen fehlerhaften Kreidegrund an: Springen die geschnittenen Rauten, war der Kreidegrund zu hart oder zu heiß aufgetragen oder die Bindemittelanteile sind zu hoch. Dies kann zu Rissbildungen und zum Abplatzen der nachfolgenden Schichten führen.

Schleifarbeiten führt der Vergolder trocken mit feinem, wasserfestem Schleifpapier aus. Letzte Schleif- und Glättearbeiten erfolgen mit einem nassen Leinwandtuch . Zum Abschluss genügt ein feuchtes Ledertuch. Jetzt können zugeschlämmte, tiefliegende Ornamente mit dem Gravier- oder Reparierhaken ausgearbeitet werden.

Zubereiten der Lösche

Um eine gleichmäßige Saugfähigkeit des Untergrundes zu erreichen, ist das Auftragen der Lösche erforderlich. Dazu wird sehr dünner Leim mit sehr wenig Boluspigment zubereitet und anschließend ganz dünn mit einem weichen Haarpinsel aufgetragen. Hinterlässt dieser Arbeitsgang einen Glanzschleier, dann sind die Bindmittelanteile zu hoch. Dieser Arbeitsgang erzeugt einen gleichmäßig saugenden Untergrund.

Herstellung des Poliments als Basis für die Polimentvergoldung

Um die Massivität echten Goldes bei der Polimentvergoldung vorzutäuschen benötigt man als Träger des Blattgoldes das sogenannte Poliment, eine Mischung aus Polimentleim und Bolus. Bolus ist eine fette Tonerde, die im angesetzten Zustand pastenförmig, aber auch trocken, z. B. in Hütchenform in den Handel kommt. Die Tonerde ist in verschiedenen Farbtönen erhältlich. Üblich sind die Farben Gelb, Rot, Blau und Schwarz.

Bei der Hütchenform wird der Bolus zerrieben und das Pigment in einem sauberen Glas mit destilliertem Wasser eingesumpft. Nach ein paar Tagen entnimmt man die Masse, gibt sie auf eine kalte Marmorplatte, fügt Eiweiß hinzu und vermengt alles bspw. mit dem Vergoldermesser zu einer Paste.

Um das Poliment in eine gebrauchsfertige Viskosität zu bringen, fügt man entmineralisiertes Wasser hinzu. Mit einem weichen Pinsel wird das Poliment vier Mal lasierend aufgetragen. Für einen warmen Goldton bei einer Polimentvergoldung verwendet man bspw. zwei Mal gelb und zwei Mal rot, bei Versilberungen verwendet man auch andere Farbtöne. Der Farbton des Poliments beeinflusst die Strahlkraft und die Wirkung der ausgeführten Arbeit.

Netze und Vergoldevorgang

Zur Vorbereitung des Vergoldevorgangs wird eine Netze hergestellt. Sie setzt sich aus zwei Drittel destilliertem Wasser und einem Drittel reinem Alkohol zusammen. Das Gold wird auf dem Vergolderkissen mit dem Vergoldermesser zugeschnitten und mit dem Anschießer transportiert. (Das Anhaften des Goldes am Anschießer erreicht man, indem der Anschießer z. B. an der Wange entlanggezogen wird.)

Die Netze wird mit einem weichen Pinsel satt auf den Bolus aufgetragen. Sie weicht das Poliment an und sorgt für eine leichte Klebewirkung. Unverzüglich wird jetzt das Gold angeschossen. Man arbeitet bei der Polimentvergoldung von oben nach unten. Netze darf nicht auf die bereits vergoldete Fäche fließen. Und die Bolusschichten darf vom Verarbeiter nicht mit den Fingern berührt werden.

Polieren der Vergoldung

Die Netze muss nun verdunsten. Die Raumtemperatur und die Luftbewegung spielen hier eine große Rolle. Bei zu frühem Polierbeginn beschädigt man die Bolusschicht, bei zu langer Wartezeit wird der Untergrund zu hart und der Glanzgrad leidet.

Poliert wird bei er Polimentvergoldung mit einem Achat. Der Halbedelstein Achat befindet sich in einer Metallhülse, die an einem Holzgriff befestigt ist. Es gibt ihn in verschiedenen Formen. Unter leichtem Druck reibt der Achat das Gold in den Bolusgrund ein. Es entsteht eine hochglänzende Endschicht. Jetzt zeigt es sich, wie sorgfältig und gewissenhaft der Vergolder gearbeitet hat.

Weitere Fotos und Informationen:
www.malerblatt.de


PraxisPlus

Über das Blattgold

Das Angebot von Blattgoldsorten und Liefergrößen ist sehr reichhaltig. Die Maßeinheit für Gold ist Karat. Im Handel und im Handwerk sind Goldlegierungen üblich.

Zuerst bringt ein Walzverfahren das Gold auf eine gewisse Dicke. Es entstehen lange Goldbänder, die in der Goldschlägerei zugeschnitten und übereinander gelegt werden. Zwischen jedem Goldplättchen befindet sich ein Blatt Pergamentpapier mit einem Gleitmittel. Nun beginnt das Schlagen des Goldes, zu Beginn mit einem Federhammer. Danach erfolgt es mechanisch bis zur Gebrauchsdicke. Das Zuschneiden des Goldes auf 80 x 80 mm erfolgt noch von Hand mit einem Zuschneideschlitten.

Blattgold gibt es in verschiedenen Dicken, Zuschnitten und Legierungen. Die Goldschlägereien verfügen über ein großes Sortiment und man hat eine große Auswahl verschiedener Goldprodukt: Beispiele sind Dukatengold, Rosenoble Gold, Gold mit Platinmischung, Doppelgold, Rotgold, Gelbgold, Weißgold, Grüngold.

Das Blattgold ist in Heften zu 25 Blatt je Heft erhältlich, bei einer Größe von 80 x 80 mm. Transfergold ist auf Seidenpapier gepresst. Sonderwünsche sind immer möglich. Der Goldpreis unterliegt dem Börsenhandel, er ist immer schwankend. Genaue Auskünfte erteilt die Geschäftsführung der Goldschlägerei.

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