Häufig sind es die kleinen Dinge im Leben, die es großartig machen. Wer hat diesen Spruch nicht schon einmal irgendwo gehört oder gelesen? Diese geflügelten Worte könnte man eins zu eins auf die Lehmtechnik von Michaela Huber übertragen. Äußerst dezente Strukturen, die erst bei genauerem Betrachten ins Auge fallen, lassen die Lehmputzoberfläche elegant und natürlich zugleich erscheinen. Um die Eleganz der Gestaltungstechnik zu unterstreichen, hat Michaela Huber einen naturweißen Lehmfeinputz gewählt. Er lässt ein dezentes Spiel von Licht und Schatten in der filigranen Knitterstruktur entstehen, das sich je nach Betrachtungswinkel unterschiedlich deutlich zeigt.
Zeitungspapier hinterlässt Spuren
Die Struktur erhält der Lehmfeinputz durch einfaches Zeitungspapier. Bevor die Zeitung nach der Morgenlektüre also ins Altpapier wandert, kommt ihr noch eine gestalterische Aufgabe zu. Damit das Papier die gewünschte Struktur im Putz hinterlassen kann, sollte es bereits vor dem Aufziehen des Putzes zerknüllt und wieder leicht glatt gezogen werden.
Der Lehmputz wird auf den vorbereiteten Untergrund gleichmäßig aufgezogen. Dann glättet man ihn mit der venezianischen Glättkelle ab. Jetzt muss der Putz etwas anziehen; er sollte sich noch feucht, aber nicht mehr „klebrig“ anfühlen. Falls er tatsächlich ein bisschen zu trocken geworden sein sollte, kann man den Putz vor dem nächsten Arbeitsschritt noch einmal mit einer Nebelsprühflasche leicht anfeuchten. Denn nun kommt das Zeitungspapier ins Spiel. Dieses wird auf die Putzoberfläche aufgelegt und mit der Moosgummiwalze kreuz und quer angedrückt. Dabei wird die Knitterstruktur der Zeitung in den Putz geprägt. Danach wird das Papier abgenommen und in die angrenzende Fläche eingerollt. Auf diese Weise strukturiert man die gesamte Putzoberfläche. Das Zeitungspapier kann solange verwendet werden, bis es spürbar feucht ist. Dann sollte es getrocknet bzw. gegen eine neue Zeitungsseite ausgetauscht werden. Nach Fertigstellung der Arbeiten kann die Zeitung dann selbstverständlich wie gewohnt ins Altpapier wandern. So entsteht kein unnötiger Abfall, was mit dem umweltfreundlichen Baustoff Lehm sehr gut harmoniert.
Preisgekrönte Lehmputz-Struktur
Die Intensität der Struktur lässt sich in einem gewissen Rahmen steuern. Je stärker die Knüllstruktur des Zeitungspapiers ist, desto deutlicher zeichnet sich diese selbstverständlich auch im Putz ab. Und in einem feuchteren Putz prägt sie sich stärker ein als in einem stark abgetrockneten. Allerdings sollte der Putz niemals so feucht sein, dass beim Abnehmen des Papiers die Oberfläche aufgezogen wird, denn das würde die filigrane Knitterstruktur stören. Und gerade diese macht die Oberfläche ja so interessant. Das wurde Michaela Huber auch von der Jury des ersten Claytec-Lehmgestaltungswettbewerbs bestätigt, der im April 2018 stattfand (das Malerblatt berichtete in Ausgabe 6/2018 auf S. 60 ff.) Sie verlieh Michaela Huber dafür einen zweiten Preis.
Dieser Beitrag ist Teil einer Lehm-Kreativserie. Weitere Folgen:
Teil 1 – Rustikaler Lehm-Strohputz von Thomas Glück: https://www.malerblatt.de/betrieb-markt/aus-und-weiterbildung/lehmputz/
Teil 2 – Streifentechnik von Florian Epple: https://www.malerblatt.de/fassade/aussenputz/anwendungstechnik-aussenputz/lehmputz-teil-2/
Teil 3 – Gemusterter Lehmputz von Alexander Tschofen: https://www.malerblatt.de/betrieb-markt/aus-und-weiterbildung/mit-hoehen-und-tiefen/
Teil 5 – Aufgerissener Lehmfeinputz von Robert Klima: https://www.malerblatt.de/betrieb-markt/aus-und-weiterbildung/aufgerissener-lehmfeinputz/
Teil 6 – Besenstrich in Lehmputz von Peter van Hemert: https://www.malerblatt.de/betrieb-markt/aus-und-weiterbildung/besenstrich-deluxe/