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Ausbildung weitergedacht

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Ausbildung weitergedacht

Ulrich Temps führt einen der größten Malerbetriebe in Deutschland. Den Auswirkungen des demografischen Wandels begegnet er durch gezielte Nachwuchsgewinnung. Sein Betrieb nimmt erfolgreich an verschiedenen Integrationsprojekten teil.

Autor: Martin Mansel | Fotos: temps

Seit dem Frühjahr 2016 hat die Unternehmensgruppe temps die Zahl seiner Auszubildenden deutlich erhöht. Insgesamt bilden die Malereibetriebe zurzeit 69 junge Menschen aus 15 Nationen aus, davon 51 in der Zentrale in Neustadt am Rübenberge bei Hannover.

temps Malereibetriebe mit seinen 445 Mitarbeitern besteht aus sieben produktiven Einheiten mit Stammsitz in Neustadt am Rübenberge und weiteren Standorten in Magdeburg, Brandenburg und Hamburg. Grundsätzlich arbeitet man mit Mitarbeitern aus der Region für die Region. Eine Ausnahme bildet der Standort Brandenburg, da von dort aus Projekte für hochwertige Hotelanlagen bearbeitet werden. In Neustadt gibt es neben einer neuen Lackiererei seit 2016 auch ein modernes Ausbildungszentrum mit 700 Quadratmeter Übungsfläche und Seminarräumen für 90 Teilnehmer/-innen.

Das Thema Ausbildung hat Geschäftsführer Ulrich Temps zur Chefsache erklärt. Als erfahrener Ausbildungsbetrieb arbeitet man schon lange mit Partnerschulen zusammen und hat über die reguläre Ausbildung hinaus zusätzliche Maßnahmen entwickelt. Gegen Ende 2015 überlegte Temps, wie sich sein Unternehmen in das Thema Integration einbringen könnte. Als er bei einer Betriebsversammlung 2016 das Engagement in die Ausbildungsprojekte SPRINT (SPRach- und INTegrationsprojekt für jugendliche Flüchtlinge), SPRINT Dual und BAVKA (Berufsausbildungsvorbereitung und kooperative duale Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher) und die Höhe der damit verbundenen Investitionen vorstellte, brachte das jedoch kräftig Unruhe in die Belegschaft. Bei Teilen des Personals stieß er auf Unverständnis. „Ich musste mehr nach Innen als nach Außen um das Projekt werben. Es rumorte das gesamte erste Quartal 2017 im Betrieb“, berichtet Ulrich Temps.

Eine Belegschaft altert

Ihm wurde bewusst, dass er seine Kommunikation überarbeiten und seinen Mitarbeitern die Problematik des demografischen Wandels vor Augen führen muss. In den nachfolgenden Diskussionen stellte er dar, dass in zehn Jahren von den über 400 Mitarbeitern der Unternehmensgruppe ca. 60 im Ruhestand sein werden und dann lediglich ein Drittel der Belegschaft noch jünger als 45 ist. Er warf die Frage in die Runde, wer denn dann langfristig die praktische Arbeit auf der Baustelle erledigen solle. Auch den Mitarbeitern sei klar geworden, dass der Nachwuchsbedarf allein über den heimischen Markt nicht zu decken ist und man bei der Mitarbeitersuche neue Wege gehen müsse. Normalität kehrte langsam ein, so Temps, als die deutschen Kollegen die SPRINT-Teilnehmer mit auf die Baustellen nahmen und sich von deren Motivation überzeugten.

Projekte im Ausbildungszentrum

Im Januar 2016 war Temps aus der Presse darauf aufmerksam geworden, dass es an der berufsbildenden Schule in Neustadt am Rübenberge, einer der größten Berufsschulen Niedersachsens, das Modellprojekt SPRINT gibt. Dieses Projekt für jugendliche Flüchtlinge bis 21 Jahre soll Sprachbarrieren abbauen und einen besseren Übergang in das Berufsleben ermöglichen. Die Projektdauer beträgt ein Jahr. Die Jugendlichen sind einen Tag im Ausbildungszentrum und vier Tage in der berufsbildenden Schule.

Herr Marsch, damals Schulleiter an der Schule und heute zum Bedauern von Temps im Ruhestand, hatte das Thema Integration für sich entdeckt. Als erstes startete VW Nutzfahrzeuge Hannover im Januar 2016 mit den ersten Teilnehmern in das Projekt. „Ab März waren wir dann auch mit dabei. Das ging nur, weil wir unser Ausbildungszentrum zu diesem Zeitpunkt fertig hatten. Denn sie müssen die jungen Leute beschulen, die Teilnehmer müssen Grundkenntnisse bekommen, wie das im Handwerk läuft, wie man miteinander umgeht, etwas von der Kultur mitbekommen und natürlich selber Hand anlegen“, berichtet Temps. 17 junge Leute waren in der ersten Staffel dabei, in den zwei Folgejahren jeweils neun.

Das Folgeprogramm SPRINT Dual qualifiziert gezielt die Teilnehmer für den Einstieg in den späteren Ausbildungsberuf. Die Voraussetzung ist das Beherrschen der deutschen Sprache auf dem Niveau A2 und eine gültige Aufenthalts-/Arbeitserlaubnis. Die Jugendlichen lernen während der mindestens sechs bis maximal zwölf Monate drei Tage im Betrieb und zwei Tage in der Berufsschule. Im Betrieb von Ulrich Temps sammeln die gewerblichen Teilnehmer ihre Erfahrungen zu Beginn im Ausbildungszentrum. Später gehen sie mit erfahrenen Kollegen auf die Baustelle. Die Agentur für Arbeit fördert die Aktion. Die Teilnehmer erhalten pro Monat 231 Euro. Dieser Betrag wird durch das Unternehmen Temps ausgezahlt.

Gute Erfolgsquote

An der Kick-off-Veranstaltung im ersten Halbjahr 2017 nahmen zehn Jugendliche teil. Von denen wurden vier anschließend in eine Ausbildung übernommen. An der Folgeaktion im Frühjahr 2018 nahmen acht teil und alle konnten in ein reguläres Ausbildungsverhältnis wechseln. Aber, so schildert Temps, der Prozess wird im Unternehmen kein Selbstläufer. Er betont, wie wichtig es bleibt, die Stammbelegschaft mit einzubeziehen und auch bei der Arbeit mit den Flüchtlingen nachzujustieren. Sein Resümee: „Es läuft nicht von alleine. Damit die Jugendlichen wirklich eine reelle Chance haben nach der dreijährigen Ausbildung, müssen wir dranbleiben. Beispielsweise haben wir für die Nachhilfe zwei pensionierte Gymnasiallehrer engagiert, einen für Politik und einen für Mathe.“ Für die Zukunft ist Temps zuversichtlich: „Bisher können wir dieses starke Engagement nur in Neustadt leisten, da wir nur hier die Manpower haben. Wir haben aber die Vision, die jungen Menschen später für die anderen Standorte zu begeistern. Insgesamt ist es ein langer und herausfordernder Prozess und es geht nicht ohne Querelen ab, aber es lohnt sich.“

Weitere Informationen:
www.temps.de

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