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Rückenwind für die energetische Gebäudesanierung? (II)

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Rückenwind für die energetische Gebäudesanierung? (II)

Was leistet der Gebäudesektor zum Erreichen der Energiespar- und Klimaschutzziele und wie kann die Wärmedämmung ihre wichtige Rolle in diesem Prozess behaupten? In Teil 2 der Serie kommen Verbandspräsident Jan Bauer und der Energieberater Markus Grenz zu Wort.

Herr Bauer, welche Bilanz ziehen Sie nach dem guten halben Jahr, in dem es die steuerliche Absetzbarkeit und erhöhte BAFA-/KfW-Förderungen für die energetische Gebäudesanierung gibt?

Jan Bauer: In der Diskussion der letzten Monate hat WDVS so gut wie keine Rolle gespielt. Corona war das große Thema und hat alle anderen Themen verdrängt. Im eigenen Betrieb habe ich seit Jahren erstmals wieder Anfragen zum Thema WDVS gehabt, sehe hier aber so gut wie keinen Zusammenhang zur verbesserten Förderung.

Die Bauindustrie im Allgemeinen hat während des Lockdowns fast durchgehend weitergearbeitet. Gilt das auch für das Malerhandwerk?

Jan Bauer: Das gilt auch für das Malerhandwerk. Vereinzelt waren Betriebe von den Einschränkungen betroffen, z. B. bei Kunden wie Altenheimen etc. Es gab auch Kunden, die Aufträge aus Sorge vor Corona storniert haben. In anderen Fällen haben Kunden gerade wegen Corona Aufträge vergeben, weil sie Home-Office-bedingt sowieso zu Hause waren oder weil sie ihr Zuhause besonders schön haben wollten, da der Urlaub gestrichen wurde.

Wie können und sollten sich Handwerksbetriebe jetzt in der Krise positionieren – defensiv und warten, dass die Flaute vorübergeht oder aktiv und mit Investitionen (auch Ausbildung!), um künftige Geschäfte auf den Weg zu bringen?

Jan Bauer: Bei aller Ungewissheit und damit einhergehend einer gewissen Vorsicht vertreten wir die Meinung, dass gerade in diesen Zeiten ein verstärktes Engagement bei der Ausbildung erforderlich ist. Auf der einen Seite kann gerade die Vorsicht der anderen Wirtschaftsbereiche dazu führen, dass wir vielleicht bessere Chancen haben, geeignete Auszubildende zu finden. Auf der anderen Seite wird Corona die demographische Entwicklung nicht aufhalten und das bedeutet für uns, dass wir bald noch mehr Auszubildende und vor allem Fachkräfte nötig haben werden.

Haben die jetzt getroffenen Maßnahmen (Steuer und Förderung) nach Ihrer Erfahrung entscheidenden Einfluss auf die Investitionsentscheidungen von Hausbesitzern? Was melden Ihre Mitgliedsunternehmen?

Jan Bauer: In Gesprächen mit Kollegen und aus eigener Erfahrung habe ich nicht den Eindruck, dass sich das Verhalten der Kunden in den letzten Monaten geändert hat. Geplante Investitionen sind in vielen Fällen durchgeführt worden. Die die Unsicher waren, sind in der aktuellen Situation weiterhin zurückhaltend. Unsere diesjährige Konjunkturumfrage, die vor der Corona-Krise durchgeführt wurde, hat bereits eine wachsende Skepsis hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung gezeigt. Die Betriebe haben sich schon vor der Corona-Pandemie auf ein Nachlassen des Booms eingestellt.

Welche Kriterien (der Kunden) sind die ausschlaggebenden, und haben diese sich in den letzten Jahren verändert?

Jan Bauer: WDVS-Maßnahmen im privaten Bereich werden im Neubau und bei Umbaumaßnahmen durchgeführt, reine WDVS-Maßnahmen sind selten. Dieses Verhalten hat sich in der letzten Zeit nicht geändert

Hört die Politik Ihrer Meinung nach zu wenig auf das Handwerk, wenn es um wichtige Zukunftsfragen wie Klimaschutz und Energiepolitik geht? Wenn ja, was müsste sich ändern?

Jan Bauer: Die Politik hat in den letzten Jahren viele Wünsche des Handwerks erfüllt. Hier ist der ZDH in engem Kontakt mit den Ministerien. Es gibt zwar noch immer weitergehende Wünsche, aber ich kann mit dem Erreichten gut leben. Bemerkenswert ist allerdings, was die Politik durchsetzen kann, wenn es wirklich nötig ist. Die Entscheidungen der letzten Wochen zeigen, dass der Klimaschutz nicht die allerhöchste Priorität besitzt.

Viele Betriebe überlegen sich Investitionen in der Krise sehr genau. Was raten Sie? Welche Werkzeuge (evtl. Werbung, Marketing, direkte Kundenansprache auch über soziale Medien) kommen jetzt oft zu kurz?

Jan Bauer: Das Malerhandwerk ist von der Krise nicht sehr stark betroffen. Die modernen Betriebe investieren weiterhin in moderne Kommunikation in den Markt. Für viele Betriebe steht die Werbung aber nicht im Vordergrund, da sie mit den vorhandenen Ressourcen kaum ihre Aufträge abarbeiten können. Hier wird verstärkt in Nachwuchswerbung und Mitarbeitergewinnung investiert.

Status Energieberatung: Wie läuft derzeit das Geschäft mit Energieberatungen – wie war das erste Halbjahr, welche Tendenz ist erkennbar? (Auswirkungen neuer steuerlicher Absetzbarkeit, höhere Förderungen von BAFA / KfW?)

Markus Grenz: Die Auftragslage im Bereich der Energieberatung ist als gut zu betrachten. Die Motivation der Inanspruchnahme beratender Leistungen des Energieberaters lag jedoch sehr gering bei der steuerlichen Absetzbarkeit energetischer Sanierungsmaßnahmen. Die erhöhten BAFA-Zuschüsse für „Vor-Ort-Beratungen“ und „Heizen mit erneuerbaren Energien“ wurden sehr positiv angenommen. Eine außerordentlich hohe Nachfrage an Beratungsleistungen bringt die Erhöhung der KfW-Zuschüsse für „Energieeffizientes Bauen und Sanieren“ mit sich. Aufgrund der höheren Förderung soll der beste Effizienzstandard erreicht werden; nichts soll unversucht bleiben.

Was sind die Wünsche von Hausbesitzern in Bezug auf Klimaschutz und Energiesparen, was sind weitere Motive, eine energetische Sanierung anzupacken?

Markus Grenz: Klimaschutz und Energiesparen sind geringe Motive, die Leistungen eines Energieberaters in Anspruch zu nehmen. Hauptgründe und Motivation liegen klar darin, Zuschüsse zu generieren. Nachhaltigkeit der Maßnahmen ist vor allem jungen Familien wichtig.

Welche Widerstände und Vorurteile müssen Sie in Ihrer täglichen Praxis überwinden?

Markus Grenz: Ausführende Unternehmen suggerieren den Bauwilligen, dass jedes einzelne Gewerk separat betrachtet und unabhängig von weiteren beauftragt werden kann. Durch gezielte Beratung des Auftraggebers vermittle ich die Zusammenhänge, wie z. B. über die Gebäudehülle – angefangen mit der Dämmung des unteren Gebäudeabschlusses. Der Heizwärmebedarf wird ermittelt, um daraufhin die Heiz- und Lüftungstechnik entsprechend planen zu können.

Oft heißt es, eine Sanierung – genau gesagt eine Dämmung – lohnt sich nicht, weil die Kosten zu hoch und die Einspareffekte zu gering sind. Was sagen Sie da?

Markus Grenz: Sich lohnen ist eine Frage der Betrachtung. Die wirtschaftliche und bauphysikalische Betrachtung als auch die hygienischen Gesichtspunkte sind hier zu sehen. Aufschluss und Transparenz sind im ganzheitlichen Sanierungskonzept, welches grundsätzlich mit der Aufnahme und Bewertung des Ist-Zustandes beginnt, zu finden. Mehrwert ergibt sich bei einer Sanierung nach energetischem Konzept z. B. auch durch die neue Wohnbehaglichkeit durch Synergieeffekte der Maßnahmen am gesamten Baukörper.

Sind die Bedingungen und Voraussetzungen, eine BAFA- oder KfW-Förderung zu erhalten, immer noch zu kompliziert, auch wenn Sie als Energieberater Ihren Kunden viel Bürokratie abnehmen? Ist das nach wie vor eine Hemmschwelle?

Markus Grenz: Grundsätzlich JA. Dass die Anforderungen an Dokumentation und Nachweispflicht im Rahmen der Förderrichtlinien erfüllt werden, ist leider meist durch den involvierten Energieberater einzufordern.

Die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen mit Auflagen wären grundsätzlich und konsequent vonseiten der Bauaufsichtsbehörden zu pflegen. Im gleichen Zuge sollten alle am Bau Beteiligten wesentlich besser mit der EnEV, EEWärmeG und EEG vertraut gemacht werden.

Dann ist schnell erkennbar, dass der Anspruch der KfW und BAFA in Bezug auf Dokumentation und Nachweise sich eigentlich an den Anforderungen des Verordnungsgebers orientiert und zum „täglichen Handwerk“ gehören.

Viele (Politiker) favorisieren derzeit statt einer grundlegenden Sanierung die Versorgung von Wohnquartieren mit ortsnah erzeugter, erneuerbarer elektrischer Energie. Kann das flächendeckend funktionieren?

Markus Grenz: Die Quartierlösung ist meines Erachtens nicht wirklich zielführend, um Energiebedarf und Schadstoffausstöße kontinuierlich zu minimieren. Solange der Energiebedarf von Gebäuden im Quartier sehr hoch bleiben kann, wird die technische Ausführung ebenfalls aufwendig bleiben. Der Beitrag zur Energiewende und -einsparung lässt sich nicht schlüssig nachvollziehen. Versorgung mit ortsnah erzeugter, erneuerbarer elektrischer Energie kann meiner Meinung nach nur funktionieren, wenn diese mobil nutzbar ist, d. h. a) effiziente Speicherfähigkeit elektrischer Energie durch Nutzung von beispielsweise Brennstoffzellentechnik bzw.

b) Alternativen zum Akku sind dringend notwendig, da der Akku keine optimale effiziente Nutzung gewährleistet.

Ist Wasserstoff Ihrer Meinung nach auch im Gebäudebereich der Königsweg in Sachen CO2-Bilanz und Energieversorgung?

Markus Grenz: Die Technik im Bereich Wasserstoff ist sicherlich der zurzeit beste Ansatz. Grundsätzlich liegt der Königsweg, immer am Bedarf orientiert, in der Hybridtechnik. Alles, was in der Kraft-Wärme-Kopplung reduziert werden kann, ist gut – allerdings in Gebäuden mit geringem Bedarf, durch gut gedämmte Hülle. Die Wasserstofftechnologie muss vom Wirkungsgrad hoch sein durch lange Laufzeiten und optimaler Nutzung von Strom- und Wärmeproduktion. Strom wird in Zukunft die am meisten benötigte Energie sein. Hier werden in der mobilen Elektro-Kompatibilität sowie –Speicherung die Weichen gestellt werden.

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