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Teil 4: Kundenrückgewinnung als Marketingaufgabe

Erfolgsfaktoren im Malerhandwerk
Teil 4: Kundenrückgewinnung als Marketingaufgabe

Marketingaktivitäten im Handwerk lassen sich im Wesentlichen vier Bereichen zuordnen, die keinesfalls isoliert zu sehen sind (vgl. Abbildung). Alle Bereiche durchdringen sich gegenseitig, wobei die Kundenorientierung die Basis aller Aktivitäten darstellt. Nachdem wir uns mit der Kundenorientierung und -bindung (Stammkundenpflege) sowie der Akquise von Neukunden beschäftigt haben, soll nun die Rückgewinnung von Kunden thematisiert werden.

Dass die Kundenrückgewinnung im Handwerk bisher fast völlig ausgeblendet wurde, steht in keinem Verhältnis zu dem Potenzial, das mit einer Rückgewinnung von „verlorenen“ Kunden verbunden ist. Zum einen fallen die Kosten im Vergleich zur Neukundengewinnung niedriger aus und die Aufwendungen für die Betreuung von zurückgewonnenen Kunden sind niedriger – und die zurückgewonnenen Kunden sind treuer und ertragreicher als neue.
Abwanderungsgründe
Mangelnde Kundenfreundlichkeit
Eine der häufigsten Ursachen für die Abwanderung von Kunden ist die mangelnde Kundenfreundlichkeit. Dazu zählen nicht nur offensichtliche Unhöflichkeiten des Unternehmers oder seiner Mitarbeiter. Auch ein mangelndes Interesse am Kunden, seinen fachlichen und manchmal auch menschlichen Problemen gehören dazu. Ausgehend vom Chef über die Mitarbeiter bis zum Auszubildenden muss die Kundenfreundlichkeit gelebt werden. Erst wenn Kundenfreundlichkeit gelebt wird, kann überhaupt an die Rückgewinnung abgewanderter Kunden gedacht werden.
Unzuverlässigkeit
Zuverlässigkeit ist die Basis jeder dauerhaften Geschäftsbeziehung. Unzuverlässiges Verhalten des Unternehmers oder seiner Mitarbeiter führt meist zu Unannehmlichkeiten für den Kunden und setzt die Kundenbeziehung leichtfertig aufs Spiel. Als Unzuverlässigkeit gelten beim Kunden auch zu lange Wartezeiten auf Angebote und Rückrufe, schlechte telefonische Erreichbarkeit und natürlich die Nichteinhaltung von Terminen und Absprachen.
Qualitätsmängel
Qualitätsmängel sind dann unproblematisch, wenn sie selten auftreten und professionell damit umgegangen wird. Ob eine Leistung als mangelhaft eingestuft wird, hängt von der subjektiven Wahrnehmung des Kunden ab. Qualitätsmängel – auch in der Art der Auftragsabwicklung – liegen für den Kunden immer dann vor, wenn seine berechtigten oder auch unberechtigten Erwartungen von der tatsächlichen Leistung abweichen.
Preisgünstigere Konkurrenzangebote
Dass Kunden aus Preisgründen zu anderen Anbietern wechseln, wird sich nie vermeiden lassen. Die Gefahr ist umso größer, je höher der Umsatzanteil an Bauträgern, öffentlichen Auftraggebern oder Gewerbekunden ist. Insbesondere im Privatkundenbereich, aber teilweise auch bei Hausverwaltungen und bei Gewerbekunden, ist ein hervorragender Service und die Kundenbindung der wichtigste Grund, um Abwanderungen zu vermeiden. Selbst dann, wenn kostengünstigere Angebote eingeholt werden, erhält man von diesen Kunden meist die Chance, darauf zu reagieren.
Umgang mit Reklamationen
Weil im Handwerk weder objektive Mängel und schon gar nicht vom Kunden subjektiv wahrgenommene Fehler vermieden werden können, ist der professionelle Umgang mit Beschwerden und Reklamationen ganz entscheidend für die zukünftige Kundenbeziehung. Nicht selten sind deshalb auch die ersten Reaktionen auf Beschwerden unüberlegt und man versucht das Problem zu bagatellisieren, sich zu verteidigen oder gar dem Kunden zu widersprechen. Modernes Beschwerdemanagement dagegen begreift Reklamationen als Chance: Reklamationen sind eine Möglichkeit, um aus einem unzufriedenen Kunden einen zufriedenen zu machen1). Am Anfang einer Reklamation ist der Schaden begrenzbar, wenn sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Reklamationen decken handwerkliche, organisatorische oder menschliche Schwachstellen im Betrieb auf. Ihre Beseitigung erfordert zwar Energie und Innovationskraft, ist aber unabdingbare Voraussetzung für den zukünftigen Erfolg. Besser durch eine Reklamationsbearbeitung Geld verlieren als einen Stammkunden.
Unzureichender Service
Auch dort, wo keine Qualitätsmängel vorliegen und die Leistungen zur Zufriedenheit des Kunden ausgeführt wurden, besteht noch die Gefahr, dass Kunden abwandern. Diese Gefahr wird dann erheblich verringert, wenn nicht nur die Erwartungen der Kunden erfüllt werden, sondern er durch zusätzlichen Service positiv überrascht wird (vgl. Malerblatt 5/2006, S. 54). Durch gezielte Kundenbindungsmaßnahmen (Betreuungsintervalle, Geburtstagskarte, Weihnachtskarte, Präsente, Events) wird dieser positive Eindruck wach gehalten oder sogar verstärkt.
Nicht beeinflussbare Gründe
Schließlich gibt es zahlreiche Gründe für „verlorene“ Kunden, auf die der Unternehmer überhaupt keinen Einfluss hat. Dazu zählen beispielsweise der Umzug oder die Arbeitslosigkeit von Kunden und die Verlagerung oder Insolvenz von Betrieben. Und schließlich sollte man zu diesen kaum beeinflussbaren Gründen auch alle abgewanderten Kunden zählen, mit denen man trotz Freundlichkeit, Qualität und Service keinen „Draht“ hat. Manchmal stimmt einfach die so genannte Chemie nicht und das sollte man akzeptieren.
Identifikation der Kunden
Kundenrückgewinnung ist eine aufwändige Sache. Aus diesem Grunde ist genau zu überlegen, welche Kunden man wieder zu seinen Stammkunden zählen möchte. Hilfreich ist dabei eine Kundendatei. In den Rückgewinnungsprozess können alle offensichtlich „verlorenen“, aber auch alle inaktiven Kunden aufgenommen werden.
Rückgewinnung von Kunden
Im Handwerk sind im Wesentlichen vier Rückgewinnungsmaßnahmen möglich:
E- Mailing
E-Mailings setzen voraus, dass der Kunde überhaupt eine E-Mail-Adresse hat und diese dem Handwerker auch bekannt ist. E-Mails wirken zudem unpersönlich, so dass sie sich eher für inaktive Kunden eigenen, um sich wieder ins Gespräch zu bringen.
Feed-back-Brief
Jeder Brief mit dem Ziel der Rückgewinnung von Kunden sollte dem Abwanderungsgrund und der Bedeutung des Kunden angepasst sein. Briefe sind persönlicher als Mails. Am besten verbindet man diese Briefe mit einem kleinen Fragebogen, um den Kunden besser kennen zu lernen.
Telefongespräch
Wenn der Abwanderungsgrund nur unzureichend bekannt ist, ist es sinnvoll, ein Gespräch mit dem Kunden zu führen. Telefongespräche sind ohne größeren Aufwand zu führen, müssen aber trotzdem gut vorbereitet sein:
  • Guten Einstieg überlegen, nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen
  • Bei Nichterreichbarkeit des Ansprechpartners Wiederanruf vereinbaren
  • Aufhänger für Anruf überlegen (z. B. Sonderaktion, neue Leistung)
  • Falls erforderlich, den Grund der Abwanderung oder Inaktivität erfragen
  • Angebot für zukünftige Zusammenarbeit überlegen und einbringen
  • Gespräch stichwortartig in Kunden- datei festhalten
  • Über betriebliche Konsequenzen aus dem Gespräch nachdenken
  • Persönliches Gespräch
Jedem persönlichen Gespräch geht eine Kontaktaufnahme voraus. Diese erfolgt am besten telefonisch. Das persönliche Gespräch ist sehr zeitaufwändig. Es ist daher nur für besonders wichtige Kunden möglich. Persönliche Gespräche sind noch besser vorzubereiten als Telefongespräche.
Nachbetreuung
Alle zurückgewonnenen Kunden bedürfen einer besonderen Nachbetreuung. Dazu zählen, neben dem hervorragenden Service bei der Abwicklung neuer Aufträge, die konsequente Umsetzung der Kundenorientierung und der Einsatz konkreter Kundenbindungsmaßnahmen (vgl. Malerblatt 3/2006, S. 49 und Punkt 6 der Abwanderungsgründe).
Wurde ein Kunde trotz Bemühungen für das Unternehmen nicht zurückgewonnen, so war diese Maßnahme dennoch nicht ohne Nutzen. Zum einen wird die Wertschätzung der Geschäftsbeziehung signalisiert, die einen nachhaltig positiven Eindruck des Unternehmens beim Kunden hinterlässt. Zum anderen werden Informationen über Abwanderungsgründe und deren Vermeidung gewonnen. Eines darf aber nie aus dem Blickfeld geraten: dass ein Rückgewinnungsmanagement nur dann zu einer erfolgreichen Wiederbelebung von Geschäftsbeziehungen führt, wenn es systematisch durchgeführt und in einer konsequent beziehungsorientierten Unternehmenskultur verankert wird.

1) Damit Reklamationen nicht zur Verärgerung oder Abwanderung von Kunden führen, sind grundsätzliche Verhaltensregeln zu beachten. Siehe hierzu: Eberhard Schilling, Auftragabwicklung, DVA München-Stuttgart 2003, Seite 149f.


Eberhard Schilling, Akademie für Betriebsmanagement und Meisterschule in Stuttgart

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