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Keine Barrieren

Betrieb & Markt
Keine Barrieren

Keine Barrieren
Nikolaus Teves
Vom Malerbetrieb zur Mobilen Wohnberatung – der demografische Wandel führt zu Veränderungen des Marktes.

Nikolaus Teves

Wenn vom demografischen Wandel die Rede ist, entsteht unmittelbar die Assoziation zu älteren und behinderten Menschen. Dabei beobachtet die Wissenschaft von der Demografie sehr viel mehr: Die Entwicklung der Geburten und Sterbefälle, die Altersstruktur und die Wanderungsbewegungen. Bislang war die Auseinandersetzung mit den Fragen, warum junge Paare auf Kinder verzichten, wie sich lokale, regionale, nationale und internationale Altersstrukturen verändern und in welche Regionen Menschen ihren Lebensmittelpunkt durch Wanderung verändern, für viele Unternehmen kein Bereich, mit dem man sich befasste. Dies scheint sich zu ändern. Und es ist sicherlich lohnend, für den Umgang mit dem demografischen Wandel geeignete Strategien zu entwickeln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der demografische Wandel in ein Gesamtsystem eingebettet ist, das den technischen Fortschritt, die politische Willensbildung, Veränderungen persönlicher Ziele, soziale Strukturen, internationale Entwicklungen und finanzielle und rechtliche Komponenten beinhaltet.
Für alle Unternehmen gilt es mehr denn je, Veränderungen im Nachfrageverhalten zu identifizieren und in geeigneter Weise darauf zu reagieren. Nicht zuletzt durch die Digitalisierung vieler Prozesse und das Internet haben sich viele Verfahren und Lebensgegebenheiten in einem bisher nicht gekannten Ausmaß beschleunigt und unterliegen neuen Determinanten:
  • Bis über die Mitte des letzten Jahrhunderts hinaus war es für viele Menschen selbstverständlich, ihr Vermögen zusammen zu halten und zu vererben. Heute ist immer häufiger zu hören, dass die Kinder eine gute Ausbildung und ein gutes Einkommen haben und man daher sein Vermögen selber verzehren könne.
  • Menschen werden nicht nur älter, sondern auch gesünder älter, wie das Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock im Juli 2010 berichtet.
  • Immobilien stellen in etlichen Regionen keine sichere Altersversorgung mehr dar.
  • Seit dem Jahr 2006 wohnen weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land.
  • Der Markt für Produkte und Dienstleistungen für Ältere und Menschen mit Behinderungen wird von neuen Unternehmen entdeckt, verlagert sich ins Internet und lockt internationale Wettbewerber.
Mobile Wohnberatung
Im Jahr 1998 wurde das Problem der Versorgung älterer und behinderter Menschen mit handwerklichen Kleindienstleistungen im Dialog zwischen dem Seniorenbüro der Stadt Mannheim und der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald als wichtiges Zukunftsfeld und als Beschäftigungschance für Handwerksunternehmen identifiziert. Wer kümmert sich um einen tropfenden Wasserhahn, eine klemmende Küchenschublade, einen verkalkten Perlator, den Austausch von Glühbirnen, die Beseitigung eines Schimmelbefalls hinter einem Schrank oder die Ausbesserung von Anstrichschäden im Treppenhaus? Nach zunächst zögerlichem Start kamen weitere Aktionsbereiche dazu, von denen etliche zu den Kernbereichen des Maler- und Lackiererhandwerks gehören. Wie ist das Wohnen zu gestalten, damit man möglichst lange in der gewünschten Lebensumgebung selbstständig verbleiben kann? Wie lassen sich körperliche Beeinträchtigungen durch bauliche Maßnahmen, technische Hilfen und organisatorische Unterstützungen ausgleichen oder mildern? Welchen Wohnformen wird die Zukunft gehören? Wie müssen kontrastreiche Anstriche für Menschen mit Sehbehinderungen gestaltet sein? Welche Farbleitsysteme eignen sich für private Wohnungen, öffentliche Gebäude, Pflegeheime und Krankenhäuser? Wie müssen Bodenbeläge für ältere Menschen beschaffen sein, um Stürze zu verhindern und Informationen zu vermitteln? Wie können Malerbetriebe zur energetischen Optimierung beitragen? Impulse gab zunächst das Veranstaltungsprojekt des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zum Wohnen im Alter und bei Behinderung. Mit dem Programm „Neues Wohnen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend begann der Aufbau des Netzwerkes www.mobile-wohnberatung.de, dem mittlerweile bundesweit über 300 Handwerksunternehmen angehören. Dieses Netzwerk befasst sich grundlegend mit allen Fragen, die im Zusammenhang mit Wohnanpassung, Wohngestaltung, Mobilitätserfordernissen, Kommunikation und Versorgung stehen.
Anliegen der Mobilen Wohnberatung sind darüber hinaus: Die Motivation von Menschen, Wohnungsunternehmen, Vermietern, Mietern, Organisationen, Unternehmen und Kommunen, sich vorausschauend mit Fragen der Barrierefreiheit und der selbstständigen Teilhabe am sozialen Leben auseinanderzusetzen. Die Unterstützung bei Planungen. Die Identifikation von Handlungsfeldern, insbesondere für das Handwerk. Die Identifikation von Märkten, die sich in der älter werdenden Gesellschaft abzeichnen. Die Entwicklung geeigneter Produkte und Dienstleistungen. Die Förderung des Ehrenamtes. Die bauliche, technische und organisatorische Unterstützung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege. Die Integration älterer Menschen und von Menschen mit Behinderung in Arbeitsprozesse.
Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel wurden neben der Mobilen Wohnberatung eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen entwickelt, die auch für das Maler- und Lackiererhandwerk von Interesse sind:
  • Unter der Adresse www.mobile-wohnberatung.de können 60 Checklisten abgerufen werden, die sich mit unterschiedlichsten Aspekten der Wohn- und Lebensgestaltung befassen.
  • In regelmäßigen Tagesschulungen werden Basiskenntnisse zu den Normen DIN 18024, 18025 und E 18040, zum Finanzierungsangebot der KfW, zu Förderprogrammen von Krankenkassen, Pflegekassen, Ländern und Kommunen und zu Marketingkonzepten vermittelt.
  • Beim Nachweis von Kenntnissen zur Anpassung von Wohn- und Lebensumgebungen an den demografischen Wandel kann ein Zertifikat als Mitglied im Netzwerk www.mobile-wohnberatung.de ausgestellt werden, das von der Handwerkskammer und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterzeichnet wird.
  • In einem Zertifizierungsverfahren können Unternehmen des Maler- und Lackiererhandwerks zeigen, dass sie kinderfreundlich, familienfreundlich, seniorenfreundlich, behindertenfreundlich und zukunftsorientiert aufgestellt sind.
  • Es werden Ausstellungen zur Wohnanpassung gemeinsam mit Kreditinstituten und Kommunen angeboten, an denen sich lokale und regionale Anbieter von Leistungen des Maler- und Lackiererhandwerks beteiligen können.
  • Von Lindau am Bodensee bis Berlin werden gemeinsam mit Handwerkskammern, Kommunen, Unternehmen, Seniorenorganisationen und Wohlfahrtsverbänden Vortragsveranstaltungen angeboten.
  • In ersten Kommunen werden Wohnsprechstunden in Rathäusern und in Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft und Hausbesitzerverbänden angeboten. An diesen Sprechstunden können sich Unternehmen des Maler- und Lackiererhandwerks beteiligen.
Produkte und Dienstleistungen
Das Maler- und Lackiererhandwerk ist mit einer Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen daran beteiligt, für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen lebenswerte Wohnumgebungen zu schaffen:
  • Kontrastreiche Farbgestaltungen, um die Orientierung bei Sehbehinderungen zu ermöglichen.
  • Farbleitsysteme in privaten Wohnumfeldern, öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Einzelhandelsgeschäften, auf Bahnhöfen und an Bushaltestellen, in Pflegeeinrichtungen, Hotels, Gaststätten und Freizeiteinrichtungen.
  • Beim Begehen unterscheidbare Bodenbeläge, um die Orientierung zu ermöglichen.
  • Wärmedämm-Verbundsysteme zur Energieeinsparung.
  • Dekorative Raumgestaltung als Wohlfühlfaktor.
  • Rutschfeste Bodenbeschichtungen und Bodenbeläge.
  • Hygieneunterstützende Beschichtungen in Pflegeumgebungen.
  • Unterstützung Älterer und von Menschen mit Behinderung bei der Planung, Vorbereitung und Umsetzung von Renovierungs-, Modernisierungs- und Gestaltungsmaßnahmen.
Marktchancen nutzen
Der demografische Wandel bietet eine ganze Menge attraktiver Marktchancen, auch im Zusammenwirken mit Kooperationspartnern aus Handwerk, Handel und Industrie. Die Kenntnis der Normen zur Barrierefreiheit und der finanziellen Förderungen kann bei deren Nutzung sehr hilfreich sein. Immerhin bieten Kommunen und Länder Zuschüsse zur barrierefreien Wohnanpassung von bis zu 24.000 Euro pro Wohneinheit an. Aktuelle Informationen sind im Internet auf der Seite www.mobile-wohnberatung.de dargestellt.
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