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Leerstellen

Betrieb & Markt
Leerstellen

Werner Schledt

100.000 junge Menschen brechen bei uns pro Jahr das begonnene Studium ab. Andere quälen sich durch, beginnen dies und das, und antworten auf die Frage nach ihrem Berufsziel inzwischen resignierend „Taxi fahren“. Ein Riesenpotenzial, wenn wir es verstehen, die Chancen aufzuzeigen, die das Handwerk bietet. Auf der Suche nach Auszubildenden offerieren inzwischen schon 75 Prozent aller Betriebe Förderprogramme für leistungsschwache Jugendliche und jedes zehnte Unternehmen lockt mit Zusatzleistungen, wie Mitgliedschaft im Fitness-Studio oder Smartphones. Wenn es aber nicht gelingt, den Wunsch der Abiturienten – und deren Eltern –, um jeden Preis zu studieren, umzuleiten, haben wir bald südkoreanische Verhältnisse: Dort haben fast 90 Prozent einen Uniabschluss – und die Hilfskellner zählen zu den gebildetsten Menschen der Welt.
Punktum
Pünktlich zum Herbst beginnen auch wieder die Versammlungen, Tagungen und Seminare. Leider nicht immer pünktlich. Immer wieder lassen Nachzügler und Verspätete auf sich warten. Das probateste Mittel gegen Unpünktliche, die noch in der Tür, geschäftig das Handy am Ohr, mit abenteuerlichen Entschuldigungen stören, ist so einfach wie erfolgreich: Konsequent pünktlich anfangen!
Dazu noch zwei Tipps: Seien Sie zuvorkommend. Hören Sie sich als Veranstalter aber die Entschuldigung gar nicht erst an, sondern kommen Sie ihr mit einer eigenen zuvor. Sagen Sie einfach: „Bitte entschuldigen Sie, dass wir pünktlich angefangen haben.“ Das wirkt.
Eine meiner regelmäßigen Seminarteilnehmerinnen hat mich – aber vor allem sich – jahrelang daran erinnert, dass ich sie beim ersten Mal mit diesem Satz begrüßt habe. Sie kam nie wieder zu spät. Der zweite Tipp: Setzen Sie für den Beginn eine ungewöhnliche Uhrzeit an. Eine jahrelang überaus erfolgreiche Jungmalergruppe hatte sogar den Beginn ihrer Veranstaltungen zu ihrem Namen gemacht und nannte sich „Gruppe 20.13“. Ihre Veranstaltungen begannen auf die Minute genau um dreizehn nach acht. Alle wussten das und Nachzügler gab es so gut wie nie. Eine gute Veranstaltung beginnt nicht nur pünktlich, sie endet auch zum vorgesehenen Zeitpunkt. Damit sich die Teilnehmer darauf verlassen können, muss den auch der Referent akzeptieren. Übrigens ist „open end“ nicht nur für Versammlungen, sondern auch für Besprechungen Gift und führt meist zu zeitverschwenderischem Geschwafel.
Wer dagegen schon in der Einladung das Ende festlegt, erreicht neben größerer Pünktlichkeit auch, dass die Teilnehmer sich besser vorbereiten, ihre Beiträge schneller auf den Punkt bringen – und nicht zuletzt ihren eigenen Zeitplan einhalten können. Und zwar pünktlich.
„Methode Liegestuhl“
Von wegen Erholung. Der Kampf um den Liegestuhl war im Urlaub ein internationaler Kleinkrieg, den manche strategisch vorbereiten, indem sie die Stühle schon am Abend belegen, zur nächtlichen Kontrolle ihrer Eroberung sogar den Schlaf unterbrechen und ggf. hinnehmen, dass ein Regenguss die Klamotten durchnässt. Frühstarter dagegen unterbrechen für den Stuhl-Gang mehrmals ihr Frühstück. Lächerlich? Durchaus nicht. Dass so viele Menschen im Urlaub um „ihren“ Liegeplatz kämpfen, an dem sie sich heimelig einnisten können, beweist, dass ihnen gerade dies besonders wichtig ist. Verkäufer nennen das den „dominanten Kundenwunsch“. Wird der erfüllt, sieht der Kunde ggf. über Mängel und Nachlässigkeiten großzügiger hinweg und bleibt kompromissbereit. Es ist also völlig unprofessionell, wenn man den Herzenswunsch des Kunden ignoriert und schon beim Begrüßungscocktail versucht, ihm sein primäres Anliegen mit Hinweisen, Belehrungen und Appellen auszutreiben. Die Frage nach dem dominanten Kundenwunsch beantworten die Urlauber durch ihr Verhalten. Bei unseren Auftraggebern ist das anders. Aber wenn Sie Ihren Kunden vor Auftragsbeginn fragen, „Worauf kommt es Ihnen ganz besonders an?“, wird er es Ihnen sagen. Auch wenn Ihnen diese Frage nur schwer über die Lippen kommt, sollten Sie sie stellen. Immer. Die Antwort sagt Ihnen, worauf es dem Kunden besonders ankommt. Und darauf kommt es an.
Unkalkulierbares kalkulieren
Zu meinem Beitrag über die Arbeiten F. E. von Garniers im letzten Heft fällt mir noch eine Begebenheit ein, bei der es um das Kalkulieren von vermeintlich Unkalkulierbarem ging. Er hatte für ein riesiges Gewerbegebäude einen Entwurf mit zahlreichen bewegten, kleinteiligen Formen und vielen Farbtönen gemacht, dessen Umsetzung von allen aufgeforderten Malerbetrieben nur im Stundenlohn angeboten wurde. Natürlich war der Auftraggeber nicht einverstanden und bestand auf einem Festpreis. Und der sollte mit meiner Hilfe von einem Innungsmitglied kalkuliert werden. Auch ich wehrte mich anfangs, nutzte aber dann REFA-Know-how, das auch heute noch unverändert für die Kalkulation komplexer Leistungen gilt. Weil die zeitabhängigen Kosten fix sind und die mengenabhängigen bei Malerarbeiten hauptsächlich von der Auftragsdauer bestimmt werden, geht es also vor allem um eine möglichst präzise Zeitbedarfsermittlung. Dazu zerlegt man die erforderlichen Positionen in viele kleine Teile, schätzt also den Zeitbedarf pro Einheit z.B. nicht etwa nur für Grundierung, Zwischen- und Schlussanstrich, sondern auch für Tätigkeiten und Handgriffe wie: einen Farbton mischen – streichfertig einstellen – eine Schablone für eine Rundung machen – die Rundung anzeichnen – Farbfelder durchnummerieren – beschneiden – ausfüllen usw. Je detaillierter, desto besser. Nun schätzt man den Zeitbedarf für jeden einzelnen Schritt. Dabei vertut man sich natürlich. Mal nach oben, mal nach unten. Und genau dadurch wird die Zeitvorgabe so präzise. Die Schätzfehler gleichen sich – wenn man nicht gerade eine starke Tendenz zum Über- oder Unterschätzen hat – nämlich über die Vielzahl der Schritte so aus, dass man am Ende zu einem erstaunlich genauen Zeitbedarf kommt und Einheits- oder Pauschalpreise sicher kalkulieren kann. Wir lagen damals bei einigen Tausend Quadratmetern am Ende um ganze 16 Stunden daneben.
Schrankenlos kommunizieren
Die Bahn will ihren Beschäftigten die Firmenkultur näherbringen. Dazu soll mit „Zukunftskonferenzen“ eine kurze Verbindung zwischen Beschäftigten und Bossen hergestellt werden: Mitarbeiter dürfen dann dem Vorstandsvorsitzenden persönliche Fragen stellen. Schrankenlose Kommunikation also. Ob die Beschäftigten darauf abfahren? Ich versteh’ da nur „Bahnhof“. Bei uns können die Mitarbeiter jeden Tag mit dem Chef reden – gleich nach der Ankunft oder kurz vor der Abfahrt.
Textmarkerfarbige Fassaden
Werden die textmarkerfarbigen Fassaden wirklich weniger oder fielen sie im Licht dieses Sommers nur nicht so auf? Wenn es immer mehr gelungene Beispiele für kultivierte Fassadengestaltung gibt, ist das nicht zuletzt ein Verdienst der Farbstudios namhafter Hersteller. Die werden immer besser.
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