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„Leidartikel“

Betrieb & Markt
„Leidartikel“

Werner Schledt

„Leidartikel“ – kein Druckfehler, nur zu Beginn ein paar Nachrichten, die so recht zum grauen November passen. Es wird aber weniger trist, je weiter Sie lesen – und am Schluss heißt es sogar: Licht in Sicht. Freilich mit einem Fragezeichen.

Ansehen schlecht

Aufträge gut – Ansehen schlecht. Dieses Fazit hat jetzt Albert Dürr, einer der großen deutschen Baumittelständler, gezogen. Eine der Ursachen: „Der Bau hat sich zu lange über den Preis definiert!“ Wie wahr. Der Imageverlust des Bauhandwerks macht auch uns zu schaffen und ist wohl der wichtigste Grund für den Nachwuchsmangel. Weil Albert Dürr einer der Großen der Branche ist, kann er auch bei der Nachwuchswerbung ein großes Rad drehen: Ein Riesenrad auf dem Cannstatter Wasen, das mit seinem Firmenlogo und dem Slogan „Hoch hinaus“ wirbt und in dem potentielle Bewerber mit den Personalreferenten eine Runde drehen und sich informieren können. Für Malerbetriebe und selbst Innungen sicher eine Nummer zu groß. Aber es gäbe schon ein paar kleinere Rädchen, an denen man in der Nachwuchswerbung drehen und Riesenerfolg haben könnte.

Durchbruch durch Abbruch

Schön ist die Studienzeit – aber was kommt dann? Am schlimmsten sind die Künstler dran. Nur vier Prozent können davon leben. Deshalb gibt es eine Initiative „Exit Art“, ein Aussteigerprogramm, das zum beruflichen Durchbruch durch Abbruch ermuntert. Noch besser wäre freilich, wenn allen Abiturienten vor dem Studium jemand sagen würde, welche realistischen Möglichkeiten sich ihnen nachher bieten.

Lehrstellen bleiben leer

Jede dritte Lehrstelle kann nicht besetzt werden. Wenn das so weitergeht, haben wir in einigen Jahren ein Drittel weniger Mitarbeiter. „Geht’s uns dann besser, weil die Nachfrage bald größer als das Angebot sein wird?“ Das habe ich einige Unternehmer aus unserem Handwerk, die in der Aus- und Weiterbildung besonders engagiert sind, gefragt. Nein, es wird uns schlechter gehen, weil dabei auch Niveau und Know-How sinken werden, haben die gesagt. Wie denken Sie darüber? Schreiben Sie doch mal.

Gelbe Karte

International konkurrenzfähig bleiben kann nur, wer gut bezahlt. Unsere Konditionen für Globalplayer, die man holen und halten muss, sind nicht etwa spitze, sondern Durchschnitt. Kapitalismus pur. Stellen Sie sich vor, so etwa hätte sich eine Unternehmer- oder Managerpersönlichkeit geäußert. Es war aber ein Fußballstar. Fazit: Spielführer dürfen das – Wirtschaftsführer nicht.

Farbe ins Spiel bringen

„Der will doch nur spielen“ – das gilt nicht bloß für bellende Hunde: Auch wir Menschen haben einen starken Spieltrieb. „Gamification“ heißt der neue Begriff, unter dem Unternehmen beginnen, Mitarbeiter zu motivieren und weiterzubilden. Selbst im eher hausbackenen Wahlkampf wurden diesmal für die Helfer App-Spiele eingesetzt. Jetzt bietet SAP mit einer Tochtergesellschaft an, auch andere Firmen und Branchen mit Spielen zu bedienen. Der Softwarekonzern sagt aber auch, dass sich der Mittelstand bisher kaum dafür interessiert. Wann spielen wir endlich mit – und bringen Farbe ins Spiel?

Der Truck ist stark

Die von Brillux in 2015 initiierte professionelle Nachwuchskampagne „Deine Zukunft ist bunt.“ läuft hervorragend. Gut unterwegs ist vor allem der Erlebnis-Truck, eine mobile Entdeckungsstation, voll beladen mit kreativen Ansprachen, wie, Interaktive Videotrainings, individuelle Eignungstests und einer Designerwerkstatt. Da kann man nur wünschen, dass es genug Anhalter gibt, die dafür sorgen, dass der Truck in möglichst vielen Orten Stopp macht. Die Kampagne wirbt auch im Kino und trägt hoffentlich dazu bei, dass handwerklich Begabte nicht um jeden Preis studieren wollen – und am Ende die „Gefilmten“ sind.

In der ersten Reihe

Über die „Montagsmaler“, ein Weiterbildungsangebot der Innung Rhein-Main, bei dem gestalterische Malertechniken vermittelt werden, haben wir schon geschrieben. Jetzt hat auch das Fernsehen über diese Maßnahme ausführlich berichtet. Hunderttausende konnten unserem kreativen Nachwuchs beim Malen, Marmorieren und Vergolden zuschauen. Aus der ersten Reihe. Besser kann man nicht für unseren Beruf werben – und billiger auch nicht.

Ausverkauf der Farben

Immer mehr Farben sind markenrechtlich geschützt und dürfen nicht von anderen verwendet werden. Der iranische Künstler Rozbeh Asmani wusste das nicht und war erstaunt, dass er seine Diplomarbeit, eine Armee kleiner Figuren, nicht lila machen durfte. Weil er das nicht fassen konnte, hat er recherchiert und herausgefunden, dass es allein in Deutschland schon mehr als 100 registrierte Farbmarken gibt, von denen die von Milka, Aral, Telekom, Langenscheidt und Sparkasse nur die bekanntesten sind. Der Künstler nennt die Okkupation von Farben, die doch eigentlich allen gehören, Kolonialisierung geistigen Eigentums. Ausverkauf der Farben – solange der Vorrat reicht.

Kunden kaufen

Die Commerzbank gibt für die Gewinnung eines Neukunden 120 bis 150 Euro aus. Wäre mal interessant zu wissen, was wir ausgeben, um einen Erstkunden zu gewinnen?

Wer fragt, führt!

Hab´ ich mich doch kürzlich bei einer Beratung dabei ertappt, dass ich viel zu oft und zu viel redete. Gott sei Dank fiel mir rechtzeitig ein, was wir vor Jahren bei einem Seminar von Uli Kraft gelernt hatten, nämlich: Wer fragt, führt! Das ist unverändert gültig – auch bei Gesprächen mit Kunden oder Mitarbeitern.

Licht in Sicht?

Jetzt hat eine große Industrie- und Handelskammer mit Nachdruck an die Schulen appelliert, im Unterricht nicht nur die Möglichkeiten des Studiums aufzuzeigen, sondern im gleichen Umfang auch die Chancen beruflicher Ausbildung zu beleuchten. Hoffentlich geht den Lehrern dazu endlich ein Licht auf.


praxisplus

Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und
Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

Tel.: (06109) 34208

werner@schledt.de

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