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Reform des Bauvertragsrechts

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Reform des Bauvertragsrechts

Am 1.1.2018 ist das neue Bauvertragsrecht in Kraft getreten, mit welchem der Gesetzgeber dem bestehenden Bedarf zur gesetzlichen Normierung immer wieder auftretender Fragestellungen im Baurecht nachkommt. Dieser Beitrag befasst sich mit den wesentlichen Neuerungen zu allgemeinen werkvertraglichen Regelungen und dem Bauvertrag.

Autorin: RAin Kathrin Lührs

I. Allgemeines Werkvertragsrecht

In den §§ 631–650 BGB finden sich künftig die allgemein für Werkverträge geltenden Vorschriften. Bereits hier wurden einige Änderungen vorgenommen.

1. Abschlagszahlungen (§ 632a BGB)

Der Auftragnehmer hat nach neuem Recht die Möglichkeit Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und geschuldeten Leistung zu verlangen. Maßstab für die Höhe der Abschlagszahlungen ist jetzt das angenommene Angebot des Auftragnehmers. Der Besteller ist bei Mängeln lediglich noch berechtigt, einen „angemessenen Teil“, d. h. im Regelfall das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten, einzubehalten und nicht mehr den vollständigen Abschlag.

2. Abnahme (§ 640 BGB)

Nach neuem Recht ist eine Abnahmefiktion bereits nach Fertigstellung des Werkes möglich. Auf die Abnahmereife und somit die wesentliche Mangelfreiheit kommt es nicht mehr an. Der Auftragnehmer muss nach Fertigstellung, d. h. Abarbeitung der vertraglich vereinbarten Leistungen, eine angemessene Frist zur Abnahme setzen. Bei Verträgen mit Verbrauchern muss diese Fristsetzung zusätzlich verbunden werden mit dem Hinweis auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme. Reagiert der Besteller hierauf nicht, so gilt das Gewerk als abgenommen.

Problematisch ist, dass der Eintritt dieser Fiktion von dem Besteller nach dem Wortlaut des Gesetzes verhindert werden kann, wenn er einen Mangel rügt. Auf die Wesentlichkeit dieses Mangels kommt es nicht mehr an. Durch diese Regelung wird Missbrauch Tür und Tor geöffnet, so lässt sich irgendein Mangel stets benennen, auch wenn er sich später als unberechtigt herausstellt.

3. Kündigung aus wichtigem Grund
( § 648a BGB)

Unverändert bleibt die Möglichkeit beider Vertragsparteien, den Werkvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Von einer Aufnahme der einzelnen Kündigungstatbestände sowie der Voraussetzungen für Teilkündigungen des § 8 VOB/B wurde ausdrücklich abgesehen. Insbesondere wurde bewusst nicht geregelt, ob die Insolvenz des Auftragnehmers eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigt. Schnelle Entscheidungen für den Fall der Insolvenz werden mithin nicht ermöglicht.

Eine Teilkündigung ist nach dem Wortlaut des § 648a II BGB für „abgrenzbare Teile des geschuldeten Werks“ möglich. Nach dieser Formulierung dürften somit sämtliche durch Aufmaß festzustellenden Leistungen teilkündbar sein, da bereits ein Aufmaß eine Abgrenzung ermöglicht.

Nach einer Kündigung aus wichtigem Grund steht nach § 648 a IV BGB jeder Vertragspartei das Recht zu, eine gemeinsame Leistungsfeststellung zu verlangen. Diese gemeinsame Leistungsfeststellung stellt keine Abnahme dar und soll lediglich quantitativ die erbrachten Leistungen festhalten.

II. Bauvertrag

Für den Bauvertrag gelten zunächst die vorstehenden allgemeinen Regelungen sowie die speziellen Regelungen der §§ 650a – h BGB.

Nach § 650a BGB ist ein Bauvertrag ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.

Nach der Begründung des Gesetzgebers sollen nur Verträge umfasst sein, welche auf eine „längerfristige Zusammenarbeit“ angelegt sind.

1. Anordnungsrecht des Bestellers,
§§ 650b, 650c, 650d BGB

Im Mittelpunkt der Reform steht das gesetzlich geregelte Anordnungsrecht des Bestellers.

Verlangt der Besteller eine Änderung des Vertrages, so sind die Parteien künftig verpflichtet, eine Einigung nicht nur über die abweichende Ausführung, sondern auch über die Mehr- oder Mindervergütung zu suchen. Der Auftragnehmer ist zunächst verpflichtet, ein Angebot über die zu erwartende Mehr- oder Mindervergütung vorzulegen. Ist eine Einigung nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens beim Auftragnehmer getroffen, kann der Besteller die Änderung einseitig in Textform anordnen.

Dieses Anordnungsrecht betrifft nicht nur notwendige Änderungen in Folge fehler- oder lückenhafter Leistungsbeschreibungen, sondern auch vollständige Leistungsänderungen. Bei vollständigen Leistungsänderungen besteht das Recht des Bestellers jedoch nur, wenn dem Auftragnehmer die abweichende Ausführung zumutbar ist.

Offen ist, welche Folgen es haben wird, wenn der Auftragnehmer entgegen der gesetzlichen Verpflichtung kein Angebot vorlegt, sowie ob die 30 Tage vor einer einseitigen Anordnung abgewartet werden müssen, wenn bereits zuvor erkennbar wird, dass eine Einigung nicht erzielt werden kann.

Maßgeblich für die Vergütungsanpassung sind nach dem BGB jetzt die „tatsächlich erforderlichen Kosten“ zzgl. angemessener Zuschläge wie allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn. Nach § 650c BGB gilt die Vermutung, dass die auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebenen Preise den tatsächlich erforderlichen Kosten entsprechen, diese Vermutung kann jedoch von den Vertragsparteien widerlegt werden.

Kommt es zu keiner Einigung trotz Angebotserstellung über die Mehrkosten, so kann der Auftragnehmer 80 Prozent der in dem Angebot genannten Mehrvergütung nach Leistungserbringung und vor Abnahme der Gesamtleistung als Abschlagszahlung verlangen, wenn vertraglich Abschlagszahlungen vereinbart worden sind. Über diesen Abschlag ist nach Abnahme abzurechnen. Sollte eine Überzahlung vorliegen, sind zurückzugewährende Beträge zu verzinsen.

Den Parteien steht bei Streitigkeiten über das Anordnungsrecht (bspw. zur Unzumutbarkeit der abweichenden Ausführung) oder die daraus resultierende Vergütung die Möglichkeit zu, den Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht zu beantragen, § 650d BGB.

2. Weitere Änderungen

Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, so sieht § 650g BGB das Recht des Auftragnehmers vor, eine gemeinsame Feststellung des Zustandes seines Gewerkes zu verlangen. Wurden bei der Zustandsfeststellung offenkundige Mängel nicht aufgenommen und wurde das Werk dem Besteller verschafft, greift künftig die gesetzliche Vermutung, dass diese Mängel erst später entstanden und somit vom Besteller zu vertreten sind. Diese Vermutung kann widerlegt werden. Nimmt der Besteller an einem Termin zur gemeinsamen Zustandsfeststellung schuldhaft nicht teil, kann der Auftragnehmer diese alleine durchführen. Dem Besteller ist eine Abschrift des Protokolls der Zustandsfeststellung zur Verfügung zu stellen.

Die Kündigung eines Bauvertrages bedarf künftig der Schriftform, § 650h BGB.

Fazit

Das neue Bauvertragsrecht bietet den Vertragsparteien künftig durchaus Lösungsmöglichkeiten für Konflikte im Rahmen des Bauablaufs. Es wirft jedoch auch vollständig neue Fragen auf, insbesondere im Bereich des Anordungsrechts des Bestellers dürften künftig weiter Konflikte zu erwarten sein.

Zum kompletten Beitrag:
www.magazin-q4.de/


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Kathrin Lührs hat an der Universität Osnabrück Rechtswissenschaft studiert und ist seit 2012 als Rechtsanwältin in der Kanzlei Dr. Hörnschemeyer Rechtsanwälte I Notare tätig. Seit 2015 ist sie Fachanwältin für
Bau- und Architektenrecht.

Dieser Beitrag ist eine gekürzte Fassung des im Magazin Q4 der Schwenk Putztechnik, Ausgabe Nr. 3/2017,
erschienenen Artikels zum Thema.


Die Regelungen lösen alte Probleme und bergen neues Konfliktpotenzial

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