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Spielend zu schaffen

Betrieb & Markt
Spielend zu schaffen

Werner Schledt

Zu der hier schon mehrfach publizierten Idee, Spiele für die Playstation zu entwickeln, die Kinder und Jugendliche früh für das Handwerk interessieren, hat sich noch niemand geäußert. Ich verfolge sie aber beharrlich weiter. Was nicht ist, kann schließlich noch werden. Zwei neue Nachrichten bestärken meinen Optimismus: Heute war im Radio zu hören, dass Wissenschaftler herausgefunden haben, dass die Konzentration ab- und die Fehlerhäufigkeit zunimmt, wenn das Handy auch nur in Sichtweite liegt. Also: Beim Arbeiten aus dem Blickfeld damit! Umgekehrt bestätigt die Untersuchung aber auch, dass das Smartphone, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, nicht nur stets in Reichweite liegt, sondern bei vielen schon wie angewachsen an der Hand hängt. Das kann man beklagen -– aber auch nutzen. Für „Geile- Games“-Jargon der Zielgruppen – sprechen als zweites auch diese aktuellen Wirtschaftsnachrichten: Im ersten Halbjahr ist der Umsatz für Computer- und Videospiele um über eine Milliarde gestiegen. In diesem Zusammenhang hat der Bundesverband für Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) ermittelt, dass 40 Prozent der Nutzer nicht alleine, sondern gemeinsam mit anderen spielen und sich 60 Prozent der Jüngeren dazu zusammensetzen. Inzwischen spielen in Deutschland schon über 30 Millionen Menschen. Kein Wunder, dass auch die Bundeskanzlerin zur Messe Gamescom nach Köln gekommen ist. Ein Spiel, mit dem das Handwerk auf den Schirm der Kids kommt, wird sie dort (noch) nicht gefunden haben. Aber bis zur nächsten Gamescom müsste das zu schaffen sein. Spielend.

Neue Wege gehen

Wir müssen schon neue Wege gehen, um unseren Fachkräftebedarf langfristig zu sichern, zumal Arbeitskräfte aus der EU kaum noch zu gewinnen sind, weil die demographische Entwicklung unserer Nachbarn ähnlich wie unsere ist und die Flüchtlinge, wenn überhaupt, nur ganz langsam und mit großem Aufwand in unsere Arbeitswelt integriert werden können.

Auch der Bundeswettbewerb des Handwerks „Kleine Hände, große Zukunft“, bei dem Kinder auf Bildern und Postern ihre Eindrücke von Betriebsbesuchen spielerisch gestalten, ist ein Schritt in diese Richtung. Freilich erst ein kleiner. Da geht noch mehr.

Wie am Fließband

Die Zahl der Fliesenlegerbetriebe wächst wie am Fließband: Seit Abschaffung der Meisterpflicht in 2004 ist sie von rund 12.000 auf 72.000 gestiegen. Nicht zuletzt wegen des damit zusammenhängenden drastischen Rückgangs der Ausbildungsverhältnisse machen sich jetzt auf Betreiben des Handwerks Politiker und Gewerkschaften für eine Wiedereinführung der Meisterprüfung stark. Eines der Probleme dabei: Was geschieht mit den seit 2004 gegründeten 60.000 Neubetrieben, von denen viele als Scheinselbständige oder Schwarzarbeiter auf dem Markt agieren und in anderen Handwerken wildern? Die Sache ist aus den Fugen geraten.

Auch das noch

In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass die EU-Kommission plant, die Qualifikationsstandards im Handwerk zu deregulieren. Dahinter steckt die Idee, jedem EU-Bürger zu ermöglichen ein Handwerk auszuüben, ohne die hier geltenden Standards zu beherrschen. Dieser erneute Angriff auf die Meisterpflicht würde, wenn er erfolgreich ist, nicht nur unseren Kunden und Betrieben schaden, sondern auch den Beschäftigten. Deshalb kritisiert insbesondere die IG-Bau das Vorhaben.

Topp gemacht

Das Freisprechpaket, das der LIV Hessen seit Jahren bundesweit anbietet, enthält nicht nur ein aktuelles Redemanuskript -diesmal unter dem Titel „Folgen Sie Ihrem Talent – nicht dem Trend!“ -– und eine Karrieremappe mit allen Weiterbildungsmöglichkeiten, sondern steckt zusätzlich voller neuer Gags und origineller Ideen für die Zielgruppe. In diesem Jahr unter vielen auch eine passend zum Thema gestaltete Postkarte, als Kurzanalyse der persönlichen Talente, die sich die Junggesellinnen und -gesellen als Erinnerung und zur Vorbereitung auf den weiteren Karriereweg zu sich selbst nach Hause schicken konnten. Ich war von den vielen kreativen Einfällen in diesem Paket begeistert und bin neugierig, ob die Hessen das im nächsten Jahr noch toppen können.

Ausgezeichnet

Angesichts des anhaltenden Trends zum Studium um jeden Preis und zunehmend auch bösartiger Kritik am dualen Ausbildungssystem sind Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung wichtiger denn je. Zu ihnen gehört zum Beispiel in unserem Handwerk die „Aktionsgemeinschaft Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“. Deren Mitglieder haben sich zu einer ganzen Reihe zusätzlicher Ausbildungsleistungen verpflichtet, von denen die Qualifizierung von Gesellen zu Ausbildungsgesellen, die auch selbst regelmäßig weitergebildet werden, ein Kernstück ist. Darüber hinaus bieten die Mitgliedsbetriebe ihren Lehrlingen viele zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeiten und Vorteile, die diese über ein Ausbildungsscheckheft einlösen können. Mit dem überwachten Qualitätsversprechen erhalten die Mitglieder das Qualitätssiegel „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“.

Neophob oder innovativ?

Die einen sagen so, die anderen so: Deutsche Unternehmer seien „neophob“, hätten also Angst vor Veränderung und dem Neuen, behauptet ein bekannter Fachjournalist in „Brandeins“. Klar, nicht nur bei betrieblichen Veränderungen gilt: Das Alte kann noch so schlecht gewesen sein, das Neue ist zunächst einmal noch schlechter. Eine renommierte Innovationsforscherin hält in derselben Ausgabe dagegen und empfiehlt: „Verbessere, was du ohnehin tust, und mache etwas, das du noch nie gemacht hast.“ Das ist sicher ein guter Rat.

Stiefkind Berufsschule

Pünktlich zum Schulbeginn hat ein großer Arbeitgeberverband die Aufwertung unserer Berufsschulen gefordert. Die Klagen über personell und technisch unzureichende Ausstattung sind nicht neu. Eine der Ursachen: Den Berufsschulen fehlen die Eltern als Lobby. Deshalb werden sie öffentlich kaum wahrgenommen. Wenn das so ist, könnten sich zum Beispiel beide Tarifpartner vor Ort zur Stiefelternschaft entschließen.

Keine Abstiegsangst

Die Zahl der Berufstätigen, die sozialen Abstieg fürchten, hat sich im letzten Jahrzehnt nahezu halbiert. Mit rund 33 Prozent haben wir den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Gründe für diese positive Entwicklung sind die niedrige Arbeitslosigkeit ebenso, wie die Tatsache, dass Zeitarbeit und befristete Beschäftigung stagnieren. Und dass nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft im letzten Jahr gut 65 Prozent der Bürger angaben, gerecht am gesellschaftlichen Wohlstand beteiligt zu sein, ist doch mal eine gute Nachricht.


praxis plus

Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und
Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

Tel.: (06109) 34208

werner@schledt.de

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