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Voll im Trend

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Voll im Trend

Voll im Trend
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

Tante-Emma-Läden gibt’s kaum noch. Innenstädte und Dörfer veröden. Auch Einzelhändler für Mode, Wäsche oder Schuhe, um nur einige zu nennen, können sich nicht mehr halten. Viele Metzger und Bäcker haben aufgegeben. Vorhersehen konnte man diese Entwicklung schon – rechtzeitig einsehen wollten sie viele nicht. Jetzt haben sie das Nachsehen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich einem unserer Metzger – es gab damals fünf am Ort, heute gibt‘s keinen mehr – empfahl, einen Laden im neu entstandenen Einkaufszentrum zu eröffnen – und wie entrüstet er das unter Hinweis auf die Qualität seiner Waren und die Treue der Stammkunden ausschloss. Insbesondere von Familienbetrieben wurde die individuelle Qualität über – und die Veränderung des Kundenverhaltens unterschätzt.

Hatte der Kunde vordem „seinen“ Bäcker, hat er inzwischen nur noch „einen“, oft eine Kette, die individuelle Qualität durch Vielfalt toppt, in der Imbissecke Frühstücksbrote schmiert, ein Getränkesortiment offeriert und auch die gängigen Tageszeitungen vorhält. Auch in den Baumärkten gibt es immer mehr aus einer Hand, bei Discountern sowieso, zuletzt sogar Corona-Tests und vielleicht bald auch Autos von Tesla.

Ungeachtet des ebenfalls zunehmenden Onlinekaufs ist im Handel der Trend „Viele Produkte – ein Partner“ nicht aufzuhalten.

Viele Produkte – ein Partner

Und im Bauhandwerk? Auch hier ist die Beschränkung auf’s Gewerk nicht länger Gewähr für Erfolg. Immer weniger All Inclusive-Verwöhnte haben Zeit und Lust sich von mindestens je zwei Bodenlegern, Gas- und Wasserinstallateuren, Elektrikern, Einrichtern, Fliesenlegern und Malern – also insgesamt 12 Handwerkern – beraten zu lassen und dann immer noch sechs verschiedene zu beauftragen, koordinieren und überwachen, bloß, weil sie eine neue Küche brauchen.

Und immer mehr Kunden wollen die Leistungen aus einer Hand, von nur einem Ansprech- und Vertragspartner, insbesondere dann, wenn es, wie absehbar, im Rahmen zunehmender energetischer Anforderungen beim Bauen und Modernisieren um weit komplexere gewerkübergreifende Planungen und Ausführungen geht, von finanziellen Zuschüssen und der Finanzierung gar nicht zu reden. Ein Malermeister hat das in einem Interview für die Regionalzeitung schlicht so beschrieben: „Zum Essen geht doch auch niemand für die Vorspeise in das eine Lokal, fürs Hauptgericht in ein zweites und zum Nachtisch ins dritte, sondern man genießt in einem guten Restaurant entspannt das komplette Menü“ – und auf die Nachfrage des Journalisten „Also Modernisierung als Menü?“ bestätigt: „Ja – und natürlich à la carte“

Besser super vernetzt als Sub

Aus einer Hand und à la carte, also nicht von der Stange, das ist wohl die Zukunft. Sie lässt sich auch im Rahmen der Handwerksordnung meistern. Martin Holl ist mit seinem „Check and Work“ ein gutes Beispiel. Und Wettbewerber aus anderen Bereichen gibt es schon mehr als man auf einer Seite googlen kann. Die Architekten sind es wohl nicht. Wer sich als Handwerker „Besser super vernetzt, als zum Sub zurückgesetzt“ zum Motto macht, braucht vielleicht, wenn ihm das „One right handling“ nicht in die Wiege gelegt ist, dazu jetzt entsprechende Weiterbildungsangebote, vielleicht bald schon in der Meistervorbereitung, aber zeitnäher im Rahmen von HwO-konformen Angeboten der Handwerksorganisationen.

Welche unternehmerisch denkenden Betriebsführer aus dem Handwerk sagen werden: „Wenn schon alles aus einer Hand, dann aus meiner“, wird sich schnell zeigen. Werden es die Maler sein? Wäre schon gut, wenn es bald überall hieße: „Alles aus einer Hand – die Maler machen’s!“

Was folgt

Oft gehörte Sätze und ihre Folgen: „Fangt schon mal an“ – verursacht hohe Kosten. „Das kann nicht sein“: -Bringt Kunden in Rage: „Ich komme auf Ihr Angebot zurück“ – lässt nie mehr von sich hören. „Wollte Mechatroniker werden, aber Maler ist auch ganz schön“ – bricht nach einem Jahr die Lehre ab. Kennen Sie noch mehr? Schicken Sie sie her.

Zur „Stadtverwaldung“

Die „Stadtverwaldung“, von Joseph Beuys anlässlich einer Dokumenta mit dem Pflanzen von 2000 Bäumen begonnen, wächst über sich hinaus: Überall sollen Fassaden begrünt und Dächer bepflanzt werden, um das Klima zu verbessern. Weltweiter Fixpunkt sind derzeit die von dem italienischen Architekten Stefano Boeri gebauten Mailänder Doppeltürme „Bosco Verticale“, die mit 800 Bäumen und 20 000 Büschen bestückt sind. Aber hat das mit einem internationalen Hochhauspreis ausgezeichnete Konzept wirklich eine gute Öko-Bilanz und ist es tatsächlich prima fürs Klima? Das Gewicht der Bäume erfordert eine hochdimensionierte Statik aus Stahl und Beton, die auch die extrastarken Zementkübel für die Pflanzen tragen muss. Dazu die Rohre, Sensoren und eine gewaltige Bewässerungsanlage. Sehen die Befürworter den Wald vor lauter Beton nicht? Statt für solche Märchenwälder plädiert auch der Verband der Wohnungs- und Immobilienunternehmer für Begrünungen, da wo sie angemessen und sinnvoll sind, lehnt aber eine Verpflichtung wie in Baden-Württemberg ab, nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen Mehrkosten beim Bauen und für die Mieter. Apropos bezahlbare Wohnungen: Im vertikalen Wald des ehemaligen Mailänder Arbeiterviertels kostet eine Wohnung bis zu rund fünf Millionen Euro. Dafür muss man lange Klaubholz sammeln. Noch dazu: Wenn schließlich alle Fassaden begrünt sind, braucht’s dafür keine Maler und Verputzer mehr -nur noch Ausputzer.

Eins drauf gesetzt

Voll daneben wäre in diesem Fall besser gewesen: Ein Geselle sollte zwei Farbmuster ansetzen, eines neben dem Fenster, das andere obendrüber. Das hat er tatsächlich gemacht. Der Chef hat gebrüllt, ich auch – vor Lachen.

Das haben wir den Ausbildern immer wieder gesagt und mit Hilfe von lustigen Beispielen beigebracht: „Fehler des Unterwiesenen resultieren meist aus Fehlern des Unterweisers.“


PraxisPlus

Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

werner@schledt.de


Chinesisches Sprichwort

Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die

anderen Windmühlen

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