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WDVS-Toleranzausgleich

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WDVS-Toleranzausgleich

Teil 3: Beim Toleranzausgleich kann einiges falsch gemacht werden. Deshalb gibt es bei diesem Thema viele Haftungsfälle.

Andreas Becker: Im letzten Artikel (Malerblatt 11/2012, Seite 76) haben wir die Untergrundprüfung beleuchtet, jetzt geht es los mit der Dämmplattenverklebung, oder gibt es weitere wichtige Punkte die Beachtung finden müssen? Martin Siegel: Vor dem Verlegen der Dämmplatten sollte der Untergrund auf Ebenheit geprüft werden. Denn sind hier Toleranzen vorhanden, besteht die Möglichkeit, einen Ausgleich z.B. für einen Ausgleichsputz über einen Nachtrag abrechnen zu können, aber dazu können Sie sicher mehr sagen, wie das zu handeln ist. Die Zulassungen für die Dämmsysteme beschreiben je nach Befestigungsart, welcher Ausgleich mit dem Kleber zulassungskonform ist. Im Regelfall gilt folgendes: Bei rein geklebten Systemen darf der Ausgleich 1 cm/m betragen, bei geklebten und gedübelten Systemen sind es 2 cm/m.

Andreas Becker: Die Toleranzen sind doch schon sehr großzügig, oder? Martin Siegel: Sie haben im Prinzip Recht. Schauen wir in die DIN 18202 (Toleranzen im Hochbau), dann können wir dort in der Tabelle 3 in Zeile 5 die zulässigen Toleranzen des Untergrundes, die wir in unserem Gewerk ansetzten können, dort entnehmen. Dort ist zu entnehmen, dass bei einem Messabstand von 1 m der Untergrund, den wir vorfinden sollten, max. 10 mm an Toleranz aufweisen sollte.
Andreas Becker: Die DIN gilt doch
für alle Gewerke im Hochbau, dann müssten die anzutreffenden Untergründe alle direkt mit dem WDVS belegt werden können. Martin Siegel: Die Realität zeigt uns aber ganz andere Situationen. Häufig sind Bestandsgebäude näher an der DIN 18202, als Neubauten. Woher dieses rührt, wollen wir hier nicht näher hinterfragen. Beachten wir, dass der Untergrund nicht immer so ist, wie er nach der DIN sein sollte.
Andreas Becker: Was heißt das jetzt für den Handwerker? Martin Siegel: Die zu bearbeitenden Fassadenflächen sind mit entsprechenden Hilfsmitteln auf die Ebenheit zu kontrollieren (Richtscheit, Schnüre oder Laser). Wichtig ist, dass die der Ebenheit der Fläche nicht mit der Lotrechtigkeit verwechselt werden darf.
Andreas Becker: Was bedeutet hier der Unterschied zwischen Ebenheit und Lotrechtigkeit? Muss die Fassade nicht automatisch lotrecht sein? Martin Siegel: Nein. Lotrecht und eben müssen wir im Sinne der DIN unterscheiden. Die DIN fragt bei der Ebenheitsprüfung nicht nach der Lage der Fassade in Bezug auf lotrechte Ausrichtung. Wird bei der Ebenheitsprüfung festgestellt, dass die Fassade nicht im Lot steht, sollte dieses angesprochen werden. Soll evtl. eine Fassade, die nicht im Lot steht ins Lot gebracht werden, ist dieses schon möglich. Aber der Aufwand und die technische Machbarkeit müssen abgewogen und bewertet werden.
Andreas Becker: Was ist zu tun, wenn die Messungen erfolgt sind und Abweichungen in der Ebenheit ermittelt wurden. Martin Siegel: Der Handwerker sollte nicht mit dem Klebemörtel der Dämmplatten die Toleranzen ausgleichen. Ein Kleberauftrag sollte im Rahmen der Angaben aus der Zulassung entsprechen. Größere Kleberschichtstärken führen häufig zu Haftungsverlust zwischen Untergrund und Klebemörtel oder zwischen Klebemörtel und Dämmplatte. Ein Ausgleichs-putz zum egalisieren der Toleranzen ist eine Leistung die vergütet werden muss. Aber hierzu können Sie bestimmt bessere Argumente anbringen.
Andreas Becker: Gibt es zum Thema Toleranzen aus technischer Sicht noch Hinweise, die wir hier aufführen sollten? Martin Siegel: Die wesentlichen Punkte haben wir angesprochen. Wichtig ist, um es zu wiederholen, Ebenheit ist nicht gleichzusetzen mit lotrecht und bei Abweichungen im Sinne der DIN 18202 sind entsprechende Maßnahmen festzulegen.
Andreas Becker: Gäbe es Alternativen zum Ausgleichsputz? Martin Siegel: Ja die gibt es. Es gibt weitere Befestigungssysteme, die bei größeren Toleranzen Anwendung finden können: Es sind die sogenannten Schienensysteme und die Stellfuchssysteme. Wir gehen hier jetzt nicht näher darauf ein, da es eher Nischensysteme sind. Der Handwerker kann sich in derartigen Fällen vertrauensvoll an seinen Systemlieferanten wenden.
Martin Siegel: Gibt es bzgl. des Toleranz-Ausgleiches von Untergrund-Unebenheiten auch rechtliche Aspekte hierzu, die zu beachten sind? Andreas Becker: Die VOB Teil C DIN 18345 WDVS weist darauf hin, dass nach der VOB § 4 Abs. 3 VOB Bedenken insbesondere geltend zu machen sind bei größeren Unebenheiten des Untergrundes, als nach DIN 18202 zulässig.
Der Auftragnehmer hat demnach also die Verpflichtung, den Untergrund auf die Unebenheiten zu prüfen. Stellt er fest, dass diese größer sind, als nach der DIN 18202 zulässig, so muss er Bedenken anmelden.
Martin Siegel: Wie verhält sich der Handwerker rechtlich richtig, wenn er feststellt, dass größere Untergrund-Unebenheiten vorhanden sind? Andreas Becker: Wie schon ausgeführt, muss der Auftragnehmer erst einmal Bedenken anmelden. Dies gilt sowohl beim VOB-, wie auch beim BGB-Werkvertrag. In der Bedenkenanmeldung wird beschrieben, welche Gefahren durch die Unebenheiten im Untergrund entstehen können.
Martin Siegel: Gibt es einen Vergütungsanspruch für den Ausgleich von größeren Untergrund-Unebenheiten? Andreas Becker: Im Einzelnen kommt es auf die vertragliche Regelung an. Soweit nichts anderes vereinbart ist, sind Maßnahmen zum Ausgleich von Untergrund-Unebenheiten, die größer als nach der DIN 18202 zulässig sind, auch zusätzlich zu vergüten. Hierzu muss ein Nachtragsangebot geschrieben werden.
In der DIN 18345 WDVS (VOB/C) ist unter Punkt 4.2.15 geregelt, dass es eine besondere Leistung ist, wenn Maßnahmen zum Ausgleich von größeren Unebenheiten des Untergrundes, als nach DIN 18202 zulässig, erforderlich sind. Diese besondere Leistung ist auch zu vergüten. Voraussetzung ist jedoch immer, dass ein Angebot zur Leistung vorliegt und dass der Auftraggeber dieses Angebot auch angenommen und die Leistung beauftragt hat.
Martin Siegel: Sind Ihnen auch Haftungsfälle bei Handwerksbetrieben bekannt, weil die Untergrundvorbereitung nicht beachtet wurde?
Andreas Becker: Leider gibt es in diesem Bereich sehr viele Haftungsfälle. Die Untergrundprüfung, insbesondere der Toleranz-Ausgleich von Untergrund-Unebenheiten, wird oft vernachlässigt. Wenn während der Ausführung bemerkt wird, dass der Untergrund nicht die erwartete Toleranz besitzt, so wird zum Ausgleich oft die Platte verjüngt oder es wird mit einer stärkeren Kleberschicht als Ausgleich gearbeitet.
Leider habe ich schon Fälle gesehen, in denen bis zu 4 cm Kleber zum Toleranz-Ausgleich verwendet worden sind. Diese Leistungen sind dann als mangelhaft zu bezeichnen und führen dazu, dass schlimmsten Falls die gesamte Wärmedämmung wieder abgebrochen werden muss und das Anbringen eines neuen WDVS geschuldet wird.

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Praxis-Tipp:
Rechtsanwalt Andreas Becker Schiffgraben 17 30 159 Hannover Tel.: (0511) 374841-0/Fax: -20 info@kb-recht.de,
Dipl.-Ing. Bau Martin Siegel Regionalleiter Technik, VR-Nord Sto AG Am Kick 22-26 22113 Oststeinbek Tel.: (0170) 4571476 m.siegel@stoeu.com
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