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Röwekamp & Stumpe: Ladengeschäft für Naturfarben

Ladengeschäft für Naturfarben
Zeitgemäß und markant

Ein Ladengeschäft für Naturfarben, ökologische Baustoffe und Handwerk in Münster wurde durch ein individuelles Farbkonzept und Naturfarben zum Erlebnisraum. Nicht nur für die Kunden – sondern auch für die Inhaber.

Autorin: Martina Zingler / Fotos: Röwekamp & Stumpe

Farbe ist eine Empfindung“, sagt Nathalie Pagels. „Der Wirkung von Farbe kann sich niemand entziehen.“ Mit dieser These hat die Düsseldorfer Farbberaterin beim Tischler-Meisterbetrieb Röwekamp&Stumpe einen Nerv getroffen. Die Telgter befanden sich gerade mitten in der Gestaltung ihres neuen 180 Quadratmeter großen Ladenlokals im Münsteraner Osten, als sie beim Spezialisten für Naturfarben Auro an einem Farbseminar für Mitarbeiter und Handelspartner teilnahmen. Das Seminar veränderte alles. „Wir wollten eigentlich zunächst neutral weiß streichen“, erzählt Dorothee Stattmann von Röwekamp&Stumpe. „Nach dem Seminar war alles anders.“

Der Tischlerei-Betrieb suchte schon länger nach einem passenden Ladengeschäft für Naturbaustoffe, Naturfarben sowie ihre Handwerks- und Beratungsleistungen, aber erst im April 2020 ergab sich die Gelegenheit, ein innenstadtnahes Objekt an einer belebten Ausfallstraße im Münsteraner Osten zu übernehmen.

Farbgestaltung mit Naturfarben

Das Thema Farbe war zwar von Anfang an präsent, da Röwekamp&Stumpe seit Jahrzehnten mit Naturfarben arbeitet, doch die finale Entscheidung zur Auswahl der Farben wurde immer wieder hinausgeschoben. „Beispiele von unpassenden oder falschen Entscheidungen zu einer Farbe hatte jeder von uns im Kopf“, sagt Stattmann. „Aber wir möchten unsere Kunden zu ‚farbigen’ Entscheidungen ermutigen, dann müssen wir uns auch selbst ‚in die Farbe trauen’“.

Die Unsicherheit bezüglich der Farbe rührte zum Teil von einer zuerst als problematisch empfundenen Aufteilung der zwei vorhandenen Räume her: Der hintere Raum verfügte über viel Höhe und Tageslicht, wurde aber durch eine doppelflügelige Metalltür beeinträchtigt. Der vordere Raum, der für Verkauf, Planung und Beratung genutzt werden sollte, war dunkler. Zudem musste hier ein Kellerabgang versteckt werden. Die Wandflächen waren generell in einem schlechten Zustand, unterschiedlich gestaltet und die Decke ungleichmäßig. Die Planer wünschten sich ein klar strukturiertes und zugleich einladendes und inspirierendes Ladenlokal – davon war der Urzustand des 1960er-Jahre-Interieurs weit entfernt.

Verwendung ökologischer Baustoffe

Nach den Instandsetzungsarbeiten im Innenbereich – ein Roteiche-Dielenboden wurde verlegt, eine abgehängte Decke mit integrierter Beleuchtung installiert und Trockenbauelemente gefertigt, um den Kellerabgang und den Lagerbereich optisch abzutrennen – übernahm der Malerbetrieb Wieschebrock aus Telgte zunächst wichtige Vorarbeiten: Die abgehängte Decke musste vorbehandelt, die Trockenbauelemente gespachtelt und ebenfalls für den Anstrich vorbehandelt werden. An ökologischen Baustoffen und Farben kamen unter anderem Lehmputz und Lehm-Edelputz sowie Wand- und Lehmfarbe zum Einsatz.

Nun stand die Entscheidung zur Gestaltung der Flächen an. „Der Kontakt zu Nathalie Pagels kam ‚just in time’“, erzählt Stattmann. Anfang Juni 2020 lud Auro seine Mitarbeiter und Vertriebspartner zu einem Seminar über das Phänomen Farbe und seine weitreichende Wirkung in den Firmensitz nach Braunschweig. „Die Vorgehensweise, die Philosophie und die Sachkenntnis von Nathalie Pagels gefielen Manfred Röwekamp und mir spontan so gut, dass wir sie nach dem Seminar ansprachen und unser Projekt vorstellten. Sie war dann bereit, ‚auf den fahrenden Zug aufzuspringen’“, berichtet Dorothee Stattmann. „Eigentlich sollte der Malermeister am folgenden Montag die Decke weiß streichen. Nach der Beauftragung von Nathalie Pagels wurden unsere bisherigen Ideen erst mal gestoppt.“

Vorstellungen formulieren

Da die Arbeiten im Ladengeschäft schon weit fortgeschritten waren, wich die Farbberaterin von ihrer regulären Vorgehensweise – einem intensiven Briefing und sorgfältiger Recherche, bevor es an das Konzept geht – ab und stieg mit ihren konzeptionellen Vorschlägen direkt in die Briefing-Termine ein. Beim ersten Termin erfolgte zunächst eine Bestandsaufnahme. Alle Beteiligten wurden befragt, um den Vorstellungen und Wünschen zur Gestaltung und Intention des Ladens auf den Grund zu gehen. Pagels kam es dabei sowohl auf rationale, als auch emotionale Kriterien an. „In einem ersten Schritt habe ich alle Beteiligten gebeten zu formulieren, welche Ansprüche und Wünsche sie an die Räumlichkeiten haben und sich noch einmal Gedanken zu den Nutzungsmöglichkeiten zu machen“, sagt Pagels. „Ebenso bat ich aufzuführen, welche Materialien verwendet werden sollen und welche Entscheidungen schon getroffen worden sind. Diese Antworten waren die Grundlage für das weitere Vorgehen.“

Funktionelle Wünsche waren schnell formuliert: Einladend sollte der Raum wirken und neugierig machen. Er sollte motivierend und vielfältig, nachhaltig und regional sowie modern gestaltet sein. Auch in der Nutzung gab es ein gemeinsames Ziel: Die Adresse sollte Showroom und Verkaufsraum sein, Treffpunk für Netzwerk, Bildung und Begegnung, mit viel Raum für Herstellung und Handwerk. Hinzu kamen sehr individuelle Vorlieben der Entscheider: „Bevor ich Farben auswählen kann, muss ich wissen, welche Stimmung ich erzeugen will“, erklärt Nathalie Pagels.

An die Natur angelehnt

„In der Befragung kristallisierte sich heraus, dass alle Beteiligten das Münsterland lieben. Sie mögen es pur und bevorzugen rohe, unbehandelte Materialien. Gleichzeitig sollte gezeigt werden, wie zeitgemäß nachhaltiges ökologisches Wohnen und Bauen ist“, fährt Pagels fort. Sie arbeitete mit Landschaftsbildern des Münsterlandes, um die Farben von Himmel und Feldern zu finden. „Was die unterschiedlichen Helligkeiten und Höhen der Räume angeht, bin ich mit dem Licht gegangen. Ein nach Norden ausgerichteter Raum bleibt ein nach Norden ausgerichteter Raum. Hier bevorzuge ich es, mit dem Licht zu arbeiten, anstatt dagegen. Die unterschiedlichen Lichtsituationen bringen das Beste der Farbe zum Vorschein“, so Pagels.

Die Farbberaterin wählte zunächst acht Farben aus. Diese stammen aus der „Colours for Life“-Serie von Auro, einer umweltfreundlichen Farbe für innen und außen mit 800 individuell abmischbaren Farbtönen. Da es später im Laden auch eine Auro-Farbmischanlage geben wird, in der für die Kunden der jeweilige Wunschfarbton hergestellt wird, erweist sich die Wahl dieser Produktlinie als sehr passend. Pagels brach die enorme Auswahl runter auf die im Ladenlokal präsentierte „Designers Collection“, die 96 Farbtöne umfasst. Natur und Münsterland gaben bereits einen gewissen Farbraum vor. Auch hatten alle Beteiligten eine Vorliebe für Grün- und Blautöne. Ausschlaggebend war jedoch der Roteicheboden. „Durch die gewählten Farbtöne aus der Gegenfarbe kommt er in besonderem Maße zur Geltung“, sagt Nathalie Pagels.

Alle acht Farbtöne wurden bemustert, d. h. als Aufstriche auf großflächige Fließtapetenabschnitte aufgebracht und vor Ort in ihrer Wirkung im Raum und untereinander begutachtet. „Farben müssen immer unter dem gegebenen Licht und Echtbedingungen probiert werden“, sagt Pagels. „Dann wird gegebenenfalls nachjustiert.“ Auch in Münster musste eine der Farben aus dem Ockerbereich ausgetauscht und neu bemustert werden, weil sie im Licht vor Ort nicht so ausfiel wie gewünscht.

Aus dem Farbraum der acht Töne aus dem Grundspektrum von Ocker, Grün und Blau wurden im weiteren Verlauf vier für die Wände und Decke gewählt. Weitere vier Farben kamen für Akzente zum Einsatz. Farbig gefasste Heizkörper und Leisten in Wandfarbe lassen Großzügigkeit entstehen. Die Farbe Weiß findet ihre Bedeutsamkeit nun in weißen Türrahmen und Türen.

Individuelles Konzept mit Naturfarben

Stück für Stück erarbeiten sich die Beteiligten auf diese Weise das Farbkonzept. Als erstes wurde die Decke farbig gestrichen. „Mit der Festlegung für die Deckenfarbe nach dem zweiten Termin hangelten wir uns konzeptionell weiter zu den Farbgestaltungen der Wände im vorderen Raum“, berichtet Dorothee Stattmann. „Weitere Bemusterungen entstanden, Materialien wurden Schritt für Schritt entwickelt. Auf Zweifel folgte Klarheit – ein durchaus anspruchsvoller Prozess für alle Beteiligten.“ Denn die farbige Decke wirkte zunächst im Vergleich zu den noch weißen Wänden sehr bunt. „Die Decke ist Teil der Gesamtstimmung und kann nicht einzeln beurteilt werden“, so Pagels. Der Irrglaube, eine Decke müsse Weiß sein, sei in unserer Gesellschaft tief verwurzelt. Hier half ein „Vertrauensvorschuss“ der Bauherrenschaft. Auch die ursprünglich als schwierig empfundene Situation der unterschiedlich beleuchteten Räume, löste sich auf, indem beide Räume in all ihrer Unterschiedlichkeit ebenbürtig gestaltet wurden.

„Es ist ein individuelles Farbkonzept entstanden, welches genau auf Raum und Nutzung abgestimmt ist“, resümiert Nathalie Pagels. „Es setzt die unterschiedlichen Hölzer in Szene und hebt sich klar von gleichartigen Ladenlokalen für ökologisches Bauen ab. Die Bauherrenschaft hatte den Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen!“

Mittlerweile ist der Laden eröffnet. Der Prozess der Farbkonzeption war außerordentlich lehrreich für das Team von Röwekamp&Stumpe und bietet viel Gesprächsstoff in der Kundenberatung. Viele Kunden und Besucher haben nun die Raumwirkung schon erlebt. „Man fühlt sich sofort wohl“ oder „die Farben wirken einladend und vertraut“, war zu hören. Die Verantwortlichen bei Röwekamp&Stumpe können voll und ganz bestätigen, was Nathalie Pagels am Anfang der Zusammenarbeit versprochen hatte: „Am Ende werden alle glücklich sein!“

Weitere Fotos:
www.malerblatt.de


Nathalie Pagels, Farbberaterin

„Menschlichkeit ist mein erstes Kriterium.“

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