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Angst ums Überleben

Aus- & Weiterbildung
Angst ums Überleben

Klaus Steinseifer ist Maler- und Lackierermeister und führte 10 Jahre erfolgreich einen eigenen Betrieb. Seit 1989 berät er Maler- und Stuckateurbetriebe. Der dynamische Experte bietet, gemeinsam mit dem Malerblatt, das Seminar „Management im Handwerk“ an. Wir befragten ihn zum Markt und zum Thema Fortbildung.

Herr Steinseifer, warum sind viele Unternehmer im Moment völlig verunsichert?

Der Grund ist, dass es eine ganz lange Zeit im Betrieb fast von alleine lief. Man dachte damals: es läuft doch, ich muss nichts machen. Und jetzt denken alle, dass wir eine Wirtschaftkrise haben, die von der Politik ausgelöst wurde. Das ist aber nur bedingt richtig so. Wir haben nicht nur eine Wirtschaftskrise, sondern dazu einen handfesten Strukturwandel. Und auf den ist keiner eingestellt.
Kam dieser Wandel denn so überraschend, ohne jegliche Vorwarnung?
Nein, das nicht. Es gab durchaus Vorzeichen: in England, in Holland, in Dänemark lief ja derselbe Prozess viele Jahre früher ab. Aber wir waren der Meinung, dass durch die Sonderkonjunktur Ost die ganze Sache an uns vorbei gehen würde. Dem ist aber nicht so. Unsere Experten in den Verbänden hätten es wahrnehmen können.
Was müsste so ein Strukturwandel denn Ihrer Meinung nach noch mit sich bringen?
Wir müssten noch eine totale Steuerreform auf den Weg bringen. Und ich meine auch: eine totale! In unserem System blicken noch nicht mal die Steuerberater durch. Ein Steuerberater, der diesen Namen wirklich verdient, nutzt alle rechtlichen Möglichkeiten aus. Die anderen sind doch nur noch Formular-Ausfüller.
Können Sie ganz pauschal den Betrieben einen Rat geben?
Ich bin absolut davon überzeugt, dass die Unternehmer öfters den Arbeitskittel ausziehen sollten. Am Schreibtisch wird das Geld verdient, auch wenn sich das im ersten Moment vielleicht komisch anhört. Wenn ich dort gut arbeite, dann habe ich letztlich bessere Aufträge und sehe schon im Vorfeld, welche Schwierigkeiten auftreten könnten. So kann ich dann auch manche Aufträge mit einem guten Gefühl ablehnen. Warum sollte ich Arbeiten annehmen, wenn schon ersichtlich ist, dass es Probleme geben wird?
Der Unternehmer ist Ihrer Meinung nach also stets in Versuchung, sich über „falsche“ Aufträge selber aktiv Probleme ins Haus zu holen?
Ja, so sehe ich das. Mancher Handwerker nimmt gerne alles an und lässt sich auch dazu verleiten, Preisabschläge vorzunehmen. Immer noch billiger geht aber nicht. Und wenn die Wettbewerber bestimmte Preise unterbieten, dann haben die ein neues Problem an Land gezogen – andere kochen ja auch nur mit Wasser. Immer mehr Kollegen versuchen auch, das Leistungsspektrum zu erweitern und alles nur Denkbare anzubieten, beispielsweise auch Arbeiten, die sie noch nie ausgeführt haben. Das birgt eine riesige Gefahr. Für mich heißt das Zauberwort deshalb „Spezialisierung“.
Solche Themen werden ja auch in Ihrem Seminar „Management im Handwerk“ behandelt, das Sie mit uns vom Malerblatt zusammen anbieten.
Neben vielen anderen Themen der Unternehmensführung wird auch genau das im Seminar behandelt. Ich versuche immer, auf die einzelnen Teilnehmer einzugehen, und ich lasse mich auch auf die Fragen, Wünsche und Probleme der Teilnehmer ein.
Für alle ist auch immer ganz wichtig, dass mit den Kollegen auch in den Pausen und am Abend in der gemütlichen Runde weiter diskutiert werden kann. Was nach dem Seminar dann regelmäßig zu hören ist, das sind Aussagen wie diese: wenn ich das vorher gewusst hätte, was ich da lerne, dann hätte ich so was vor zehn Jahren schon gemacht.
Da sind wir jetzt ja bei einem insgesamt kritischen Thema: zaudern die Unternehmer zu lange, bevor sie auf irgendein Seminar gehen?
Ich versuche das mal anhand eines Beispiels aus meiner Familie zu erklären. Mein Vater war auch Maler- und Lackierermeister mit eigenem Betrieb. Er hat sich während der Meister-Ausbildung richtig die „trockenen Fächer“ wie Buchhaltung usw. erarbeiten und sich durchbeißen müssen. Nachdem er seinen Meisterbrief hatte, wollte er einfach keine Schule mehr, wollte nicht mehr Ungeliebtes büffeln. Nur: damals war ja der Markt längst nicht so dynamisch wie heute. Ich behaupte, dass jeder irgendwann Probleme bekommen wird, wenn er sein Wissen nicht ständig aktualisiert. Oder, positiver formuliert: wer mehr weiß, kann bessere Aufträge an Land ziehen und mehr Erträge erwirtschaften.
Was ist dann der Knackpunkt, wenn nicht mal die Unternehmer mehr Neues dazulernen und erfahren wollen?
Manche Kollegen haben keine Visionen mehr. Die denken einfach, dass das, was sie die letzten 20 Jahre gemacht haben, auch in den nächsten 20 Jahren so laufen wird. Und dabei können alle sich Anregungen von außen holen. Nichts ist doch einfacher, als eine Idee, die auf dem Tablett serviert wird, im Alltag umzusetzen.
Vielleicht ist ja manchmal einfach auch nur eine Unsicherheit da: was kommt auf mich zu, was hat das für Konsequenzen?
Genau! Manchmal habe ich das Gefühl, dass Ideen fast gefürchtet werden.
Aber jetzt auch mal die „Positiv-Frage“: warum gehen diejenigen Unternehmer, die bei Ihnen in den Seminaren sind, zu einer Fortbildung?
Vermutlich deshalb, weil sie erkannt haben, dass es in ihrem Betrieb Mängel gibt oder dass man auf jeden Fall irgendwo etwas verbessern kann. Die wollen wissen, wie sie Schwächen beseitigen und wie sie ihre Stärken weiter ausbauen.
Das sind jetzt die „harten Fakten“. Gibt es auch andere Gründe?
Natürlich! Man will auch Menschen kennenlernen, will Erfahrungen austauschen, und man möchte genau wissen, wie’s denn die anderen in ihren Betrieben machen. Der Vorteil beispielsweise gegenüber einer Innungs-Veranstaltung: die andern Teilnehmer sind überhaupt keine Wettbewerber, sind geografisch aus einer ganz anderen Ecke. So entstehen dann auch Freundschaften, geschäftliche Partnerschaften und selber organisierte Erfahrungsaustausch-Gruppen. Manche wollen aber einfach auch den Horizont erweitern und haben Mut zur Veränderung.
Herr Steinseifer, herzlichen Dank für das Interview.
Das Gespräch führte Ulrich Schweizer.
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