Wände sind die größten Flächen eines Raumes. Ihre Gestaltung bestimmt seine Wirkung. Ob einladend, distanziert oder gar hygge (dänisch: Glücksgefühl) – das Aussehen der Wände hat maßgeblichen Anteil daran, ob wir uns gern in einem Zimmer aufhalten oder nicht. Zu den direkten Vorläufern der Tapetenqualitäten, wie wir sie heutzutage kennen, gehören beispielsweise die wundervollen Wandteppiche des Mittelalters. Sie sahen nicht nur schön aus, sondern isolierten und sorgten so dafür, dass es im Winter in den Schlössern und Burgen ein wenig heimeliger wurde.
Die ersten bedruckten Wandpapiere stammen laut Angaben des Verbandes der Deutschen Tapetenhersteller aus dem 14. Jahrhundert. In dieser Zeit galt die Papierherstellung noch als handwerkliche Kunst. Erst als zum Papier der Druck kam, wurde eine Art Serienfertigung möglich: Es entstanden – in erster Linie in England und Frankreich – sogenannte „Dominopapiere“, einzelne Papierbögen mit rapportierbaren Mustern, die eine fortlaufende Flächengestaltung erlaubten. Die Papierstreifen wurden sowohl aufgehängt als auch geklebt und verzierten nicht nur Wände, sondern auch Schränke und Bücherregale.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich England zur führenden Tapetennation. Dort entstanden gegen Ende des 17. Jahrhunderts die ersten raumhohen Tapetenbahnen. Diese Entwicklung fand in Panoramatapeten ihren Höhepunkt, die auf bis zu 32 Bahnen Landschaften und Stadtansichten zeigt.
Als Durchbruch für die Tapetenherstellung, wie wir sie heute kennen, gilt die Zeit um 1830, als die Erfindung des Rundschöpfsiebes das Endlospapier möglich machte. Der erste Schritt zur industriellen Produktion von Tapeten war gegangen und die konstruierten Maschinen ebneten endgültig den Weg zur kostengünstigen Massenherstellung. Papiertapeten waren nun auch für Menschen mit wenig Geld erschwinglich und erlebten im Laufe des 19. Jahrhunderts einen unglaublichen Aufstieg. Das Tapezieren selbst blieb bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts sehr populär.
Tapetenqualitäten
Heutzutage setzen die Tapetenhersteller verschiedenste Materialien ein. Auf das Trägermaterial werden Granulate gestreut, Perlen und Strasssteine geklebt und sogar Lichtpunkte verarbeitet.
Vliestapeten
Besonders beliebt sind die Vliestapeten. Sie sind farbbeständig, dimensionsstabil und können sogar kleinere Risse überbrücken beziehungsweise kaschieren. Die Verarbeitung ist einfach, da beim Anbringen nicht die Tapete, sondern die Wand eingekleistert wird. Die Weichzeit fällt ebenfalls weg. Und weil sie besonders reißfest sind, lassen sie sich in trockenem Zustand leicht wieder entfernen. Die Vliestapete ist heute die Nummer eins unter den Tapetenarten. Sie hat die Papiertapete abgelöst, die lange Zeit mangels Alternativen an die Wand gebracht wurde. Auch heutzutage existieren noch Papiertapeten, aber längt nicht mehr in dem Umfang wie noch vor 100 Jahren. Das liegt in erster Linie an der Verarbeitung, denn Papiertapeten benötigen einige Minuten Weichzeit.
Vinyltapeten
Bei Vinyltapeten wird Vinyl auf das Trägermaterial aufgetragen, entweder als kompakte Schicht oder geschäumt. An der Entwicklung der geschäumten Variante, auch bekannt als Profiltapeten, hat die Marburger Tapetenfabrik ganz erheblichen Anteil. Der damalige Laborleiter war es, der Anfang der 1970er-Jahre erste Versuche am heimischen (neu gekauften) Herd unternahm, weil sein Ofen im Unternehmen nicht die notwendige Temperatur erreichte. Die Vinyltapeten gab es erst nur auf Papier-, mittlerweile auch auf Vliesträgern. Sie sind wegen ihrer einfachen Reinigung beliebt.
Überstreichbare Tapeten
Großen Anklang finden überstreichbare Tapeten, weil sie im Wunschton gestrichen werden können und so nahezu unendliche Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Auch hier steht die Vliestapete wegen ihrer einfachen Verarbeitung an erster Stelle. Seltener sind Textiltapeten im Einsatz. Sie eignen sich eher für luxuriöse Räume. Auf das Trägermaterial werden entweder einzelne Fäden kaschiert oder das Textilgewebe komplett aufgetragen. Zusätzlich können derartige Tapeten noch bedruckt werden, was sie noch edler erscheinen lässt.
Durch den Digitaldruck erlebt die Fototapete derzeit einen Aufschwung. Die Motive werden – meist auf Vliesträger – als mehrteiliges Wandbild oder im Ganzen bedruckt. Die Marburger Tapetenfabrik kann (theoretisch) sogar unendlich lange Drucke für bis zu 3,08 Meter hohe Wände liefern – ohne eine einzige Naht.
Zu Teil 2 , Teil 3, Teil 4 und Teil 5 der Serie
PraxisPlus
Die 1845 gegründete Marburger
Tapetenfabrik zählt zu den ältesten und renommiertesten Tapetenfabriken Europas und produziert ausschließlich im unweit von Marburg gelegenen Kirchhain. Hochwerttapeten sind ein Schwerpunkt des Vollsortiments im gehobenen Segment, Innovationen
wie Granulatveredelungen, Spezialpigmente und Lichtapplikationen
veränderten das Produkt Tapete.