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Umnutzung eines Bunkers

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Umnutzung eines Bunkers

Ein ehemaliger Bunker in der Hansestadt Bremen wurde zum Mehrfamilienhaus umgebaut und in das Stadtbild integriert.

Die Hansestadt Bremen ist mit Bunkern aus dem zweiten Weltkrieg reich gesegnet. Die Standard-Bauform war der mehrgeschossige Hochbunker mit rechteckigem Grundriss, massiven Stützen im Untergeschoss, 110 Zentimeter dicken Stahlbetonwänden und Flachdach. Einen Großteil davon gibt es heute noch. Auf Grund ihrer massiven Bauweise haben sie die Jahrzehnte ohne aufwändige Instandhaltungsmaßnahmen überdauert. Der Bremer Architekt Rainer Mielke, der sich mit seinem Partner Claus Freudenberg der zivilen Nutzung der Relikte des zweiten Weltkrieges angenommen hat, bezeichnet sie als „archaische Architektur“, die dem ursprünglichsten aller menschlichen Bedürfnisse, seinem Schutzbedürfnis Rechnung trage. Mit der Beendigung des kalten Krieges sind die Bunker aus ihrer „Zivilschutzbindung“ entlassen worden. „Wir bauen die Bunker zu Wohngebäuden um und integrieren diese geschichtsträchtigen Bauwerke zeitgemäß und nachhaltig in das Stadtbild, ohne ihre eigentliche Identität zu verleugnen“, erläutert der Architekt das Anliegen. So entstehen großzügige und moderne Wohnungen, die sonst auf dem Markt kaum zu haben sind. Die Herangehensweise an den Um- und Ausbau von Bunkern, so Rainer Mielke, unterscheidet sich im Prinzip nicht von der Methodik bei anderen Bauvorhaben. Haupttätigkeitsfelder des Architektenduos, das seit dem Jahr 2000 in einem Büro zusammenarbeitet, sind die Planung und der Bau von Büro- und Wohngebäuden. Um nichts anderes gehe es auch bei den Bunkern, die allerdings wegen des Verzichts auf tragende Wände statisch größere Freiheiten bieten. Um diesen Spielraum im Dialog mit dem Käufer ausschöpfen zu können, übernehmen die Architekten in vielen Fällen zusätzlich noch die Bauträgerschaft. Erhalten sie für ein Objekt den Zuschlag, liegen bereits grobe Entwurfsstrukturen vor, die zugleich Verkaufsangebot und Grundlage der Planungspartnerschaft mit dem Käufer sind. „Wir haben eine Nische im Wohnungsbau gefunden, die wir mit unseren Ideen ausfüllen.“ Mangel an Interessenten gibt es nicht.

Werben für Wohnen im Bunker

Angefangen hat alles damit, dass Rainer Mielke zu Beginn der 90er-Jahre auf die Idee kam, einen am Weg liegenden, kaum beachteten Bunker als Fundament für den anstehenden Bau der eigenen vier Wände zu nutzen. Er begnügte sich zunächst damit, ein Geschoss auf den Betonklotz zu setzen, ehe er daran ging, auch den Innenraum für Wohn- und Ausstellungszwecke nutzbar zu machen. Seitdem haben die Bunker Mielke und Freudenberg nicht mehr losgelassen. Mit Tagen der offenen Tür sorgen die Architekten dafür, dass solche Vorzüge wie günstige Lage, Ruhe und Individualität auch interessierten Kreisen der Öffentlichkeit bekannt werden.
Wohnungen entstehen meist in den oberen Bunkergeschossen und unter dem Dach. Das trifft auch für den viergeschossigen Bunker F 51 mit quadratischem Grundriss in der Schierker Straße zu, der sich mit seinem nicht allzu häufig anzutreffenden Spitzdach nahtlos in den Straßenzug einfügt. Er beherbergt im Untergeschoss einen Garagentrakt, im Hochparterre eine Wohnung mit eigenem Zugang und in den darüber liegenden Geschossen weitere drei Eigentumswohnungen mit jeweils etwa 160 Quadratmeter Wohnfläche. Die Wohnung im Dachgeschoss erstreckt sich über zwei Ebenen. Hinzugefügt wurde ein Zwischenbau mit Aufzug und Treppe.


Anspruchsvolle Lösung

Mangel an Tageslicht herrscht im ehemaligen Bunker nicht. Denn rund 30 Prozent der Betonwände wurden mittels Seilsäge zugunsten von großformatigen Fenstern entfernt. Der Hinweis auf die Herkunft des Bauwerkes, so Claus Freudenberg, fehle auch in diesem Fall nicht. Eingangs- und Teilbereiche des Treppenhauses wurden in Beton belassen. Weitere Fassadenteile kamen im Ergebnis der Entscheidung für eine Außendämmung der Bauwerkshülle dafür nicht in Frage. Stahlbeton besitzt einen niedrigen Dämmwert und muss nach der gültigen Energieeinsparverordnung trotz meterdicker Wand zusätzlich gedämmt werden. Gegen die Innendämmung sprachen u.a. die Risiken einer nicht exakt ausgeführten Dampfsperre. Angesichts mancher Unwägbarkeit zogen die Architekten Fachleute aus Industrie und Handwerk zu Rate.
Aus dem umfangreichen Angebot an Wärmedämm-Verbundsystemen empfahl Planer- und Objektberater Bernd Göttinger von Caparol den Einsatz von Dämmtechnik unter Verwendung der Dalmatiner-Platte, für die eine Dämmstärke von 140 Millimeter errechnet wurde, in Verbindung mit der neu auf den Markt gekommenen Carbonfaser-Armierung. Dieser Vorschlag trug den Farbgestaltungsplänen der Architekten Rechnung, deren Entwurf für die Fassade ein kräftiges Rot vorsah. Steigende Dämmstärken und intensive Farbtöne begünstigen jedoch Temperaturschwankungen und die Entstehung von Spannungen im Dämmmaterial. Die Dalmatiner Platte vereint die Vorzüge von weißem und grauem Polystyrol-Hartschaum und besitzt mit einem Wärmeleitwert von 035 nicht nur eine bessere Dämmwirkung als die Standardplatte, sondern zeichnet sich auch durch eine hohe Formstabilität aus. Verlängert wird die Lebensdauer des Vollwärmeschutzes durch den Auftrag der Carbon-Armierung. Die nur drei Millimeter dicke, mit Carbonfasern angereicherte Schicht sorgt für Spannungsabbau und schützt den empfindlichen Dämmstoff zugleich vor Beschädigung und Feuchtigkeit.
Dipl.-Ing. Sven Kühnast, Geschäftsführer des Bremer Malereibetriebs Kühnast GmbH, der den Zuschlag für Wärmedämmung und Malerarbeiten erhielt, verwies darauf, dass der Aufwand im Außenbereich größer als erwartet ausfiel. Das sei vor allem den Ungenauigkeiten des Baukörpers geschuldet. Durch die in die Spachtelmasse integrierten Carbon-Fasern ist die Arbeitszeit etwas aufwändiger, der Effekt jedoch umso nachhaltiger. Dagegen erwies sich die Gestaltung des Innenbereichs als unproblematisch. Angesichts der Dominanz von Ständerwänden aus Gipskarton, der zur Rissbildung neigt, empfahl sich der Einsatz eines hochwertigen Vlieses, das im so genannten Nespri-TEC Spritzverfahren mit der speziell dafür vorgesehenen Innnenfarbe beschichtet wurde. Ihre lange Offenzeit ermöglicht einen ansatzlosen Anstrich, womit der Gefahr von Streiflicht im Bereich der großen Fensteröffnungen begegnet wird.
Die Architekten sind nach Abschluss der Arbeiten mit dem Resultat zufrieden. Der Umbau des Bunkers F 51 ermöglicht Wohnen in hoher Qualität und gibt dem durch die Vergangenheit belasteten Bauwerk eine sinnerfüllte Zukunft. Für die aus seinen Besonderheiten erwachsenen technischen Herausforderungen haben sie mit Unterstützung von Hersteller und Verarbeiter effektive Lösungen gefunden. Spannend bleibt, ob sich in der Wohnpraxis die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen.

Wolfram Strehlau
Quelle: Malerblatt 03/2009


Das in einem kräftigen Rot gehaltene Wohngebäude erinnert nur noch in Details an sein Bunkerdasein. Die Stahlbetonhülle musste trotz meterdicker Wände gedämmt werden.

Der in Beton ausgeführte Eingangsbereich ist eine der Reminiszensen, die auf die Herkunft des Bauwerks hinweisen.

Die bunkerseitige Treppenwange präsentiert sich in weitgehend ursprünglichem Zustand und verweist mit ihrem Erscheinungsbild beiläufig auf die Vergangenheit.

Die Ausschnitte von Fenstern und Türen avancieren durch die Wandstärke zu eigenständigen Räumen.

Eingangs- und Teilbereiche des Treppenhauses wurden in Beton belassen.

Eingangs- und Teilbereiche des Treppenhauses wurden in Beton belassen.

Vor Spannungen, die bei grellen Farben infolge Temperaturschwankungen an der Dämmung auftreten können, schützt eine Carbon-Armierung.Fotos: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Stephan Falk

 

 

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