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Fokus 4: Hybridlacke

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Fokus 4: Hybridlacke

Wasserbasierte Bindemittelkombinationslacke sind eine Weiterentwicklung der Acrylsysteme. Diese werden auch Hybridlacke genannt.

Sie bestehen aus mehreren kombinierten Bindemitteln, die einen erheblichen positiven Einfluss auf die Anwendungsmöglichkeiten und die Gebrauchstauglichkeit haben.


Der Acryllack zeigt einen schlechten Verlauf.


Die geringere Streifenbildung zeigt den guten Verlauf des Hybridlackes.


Anlaufschwierigkeiten

Jahrelang galten Acryllacke als nicht ausgewogen, problematisch in der Anwendung und wenig oberflächenstabil. Kaum block- und handschweißbeständig, „bahnschienenartig” mäßiger Verlauf, das sind nur einige Aspekte des Negativbildes. Dabei konnten auch diese „alten” Acrylsysteme mit guten Eigenschaften punkten. Sie überzeugten vor allem durch hohe Flexibilität, Vergilbungsfreiheit und, im Gegensatz zu den lösemittelbasierten Systemen, die geruchsneutrale Anwendung. Anders als in Amerika, wo wasserbasierte Acryllacke einfach als Standard gesetzt wurden, konnte diese Technologie im europäischen Markt nicht wirklich punkten.

Erst unter den „drohenden Vorzeichen” der VOC-Richtlinie, die die Reduzierung von Lösemitteln gesetzlich regelt, wurde auch die kontinuierliche Wei-terentwicklung von Bindemittelkombinationen auf Wasserbasis wieder interessant. Die Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, die positiven Eigenschaften wasserbasierter Produkte mit denen der lösemittelbasierten zu kombinieren. Das klang zunächst einfach; die Experimente in den Laboren zeigten jedoch, dass ein einfaches Mischen der Bindemittel nicht zum erwünschten Erfolg führte. Weitere Zusatzstoffe mussten eingesetzt werden, um die nötige Kompatibilität zu erreichen. Auch diese hatten wiederum Einfluss auf die Anwendungseigenschaften, auf die Optik und auf die Dauerbeständigkeit der Oberflächen. Mit großem Entwicklungsaufwand der Industrie konnte diese Hürde genommen und der Anspruch an leistungsfähige wasserbasierte Systeme eingelöst werden.


Der alte Acryllack zeigt eine erhebliche Verblockung.


Test erfolgreich bestanden: Der Hybridlack verblockt nicht.


Verschiedene Welten

Die verschiedenen Bindemittelarten bringen unterschiedliche gute Eigenschaften in die Lackrezeptur ein. So steuert das Acrylat die hohe Flexibilität und Dauerelastizität bei und sorgt für vergilbungsfreie Oberflächen. Die Alkydanteile werden kombiniert, um längere Offenzeiten und härtere Anstrichfilme zu erreichen. PUR-Bindemittel verleihen den Beschichtungen zusätzliche chemische Beständigkeit, ermöglichen eine schnelle Durchtrocknung des Lackfilms und machen sie auch mechanisch hoch belastbar.

Heute sind wasserbasierte Bindemittelkombinationen aus dem Profi-Bautenfarbensegment nicht mehr wegzudenken. Der Marktanteil der Hybridlacke steigt kontinuierlich und sie werden den lösemittelhaltigen Lacken in den kommenden Jahren ernsthaft Konkurrenz machen. Durch die Reduzierung des Lösemittelanteils auf ca. sieben Volumenprozent pro Liter Lack bieten diese Produkte eine nahezu geruchslose und umweltfreundliche Alternative zu den lösemittelbasierten Systemen mit bis zu 70 Prozent Lösemitteln. In einigen europäischen Ländern gilt schon heute die rechtliche Grundlage, dass im Innenbereich ausschließlich wasserbasierte Produkte verwendet werden müssen.

Beim Einsatz von Hybridlacken kommt es ganz besonders auf das fachgerechte Werkzeug an. Nur in der Verbindung dieser Profi-Lacksysteme mit systemkompatiblen Rollen und Pinseln können hochwertige Lackoberflächen hergestellt werden. Hierbei sollte auf Pinsel mit neuer hochwertiger Synthetikfaser und sehr fein zulaufenden, weichen Spitzen zurückgegriffen werden. Diese Pinsel ermöglichen eine optimale Farbaufnahme und -abgabe. Das Ergebnis sind hervorragend verlaufende Flächen. Bei der Verarbeitung mit einem Rollenwerkzeug muss auf eine gleichmäßige Farbaufnahme und Farbabgabe geachtet und mit einer „fusselfreien” Rolle gearbeitet werden, sonst könnten im getrockneten Film visuelle Mängel entstehen. Wird das nicht beachtet, enttäuscht das Ergebnis meist nicht nur den Endkunden, sondern auch den Verarbeiter selbst. Dabei können neben der optisch unschönen Oberfläche auch erhebliche Mängel auftreten, die die Schutzfunktion des Lackfilms beeinträchtigen. Die Leistungsmerkmale moderner Bindemittelkombinationslacke zeigen sich am anschaulichsten, wenn man sie anhand einiger Beispiele den „alten” Acryllacken gegenüberstellt.

Die Blockfestigkeit spielt bei allen Untergründen eine Rolle, die miteinander im Flächenkontakt stehen. Das sind zum Beispiel Türen und Fenster, aber auch Untergründe, die nach der Beschichtung und Trocknung aufeinander gelagert werden. Alte Acrylsysteme hatten hier erhebliche Schwächen. Die Fotos zeigen das Ergebnis nach einem Verblockungstest auf Basis der Richtlinie 4 „Anstrichsysteme für Holzfenster”. Zur Prüfung wird ein Farbfilm auf eine spezielle Folie aufgezogen. Der Farbfilm wird getrocknet, die Folie mit der Beschichtungsseite aufeinander gelegt und unter Temperaturbelastung durch ein Gewicht beschwert. Nach der festgelegten Belastungszeit werden die Folien wieder voneinander getrennt und das Ergebnis beurteilt. Die linke Seite zeigt in diesem Fall eine erhebliche Verblockung. Fenster, die mit diesem System beschichtet werden, lassen sich nach dem Schließen nur schwer oder mit erheblichen Schäden wieder öffnen, da die Lackschichten miteinander verkleben (verblocken). Die rechte Seite zeigt keine Verblockung.

„Alte” Acrylsysteme sind nicht dauerhaft resistent gegen Handschweiß und chemische Substanzen. Bei Türen waren deshalb die Kontaktstellen im Bereich der Türklinke häufig schnell schmuddelig und der Lackfilm wurde weich.


Die Acrylsysteme waren nicht dauerhaft resistent gegen Handschweiß.


Bei der Beschichtung mit einem Wasserhybridlack bleiben die Kontaktstellen sauber.

Um den Verlauf und das Ausspannen einer Lackoberfläche zu überprüfen, kann man zu einem einfachen Hilfsmittel greifen. Die Flächen werden hierbei mit handelsüblichem Ruß bestrichen und anschließend mit einem Schleifpapier leicht angeschliffen. Hierbei legt sich der Ruß in die Täler der beschichteten Oberfläche. Breite dunkle Streifen, gefolgt von schmalen hellen Streifen zeugen von einer schlecht verlaufenden Oberfläche. Weniger kontrastreiche Abbildungen und eine gleichmäßige, nur leichte Streifenbildung lassen auf einen gut verlaufenden Lack schließen.

Benedikt Müller-Wortmann Leiter Anwendungstechnik bei der CD-Color
Fotos: CD-Color
Quelle: Malerblatt 09/2012
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