Zwei Architekturpreise hat dieses Jahr die Pfarrkirche „Seliger Pater Rupert Mayer“ im oberbayerischen Poing erhalten. Der zeitgenössische Sakralbau überzeugte mit seiner klaren Bauform und einer außergewöhnlichen Außenhaut aus 15.000 weißen Keramikkacheln. Auch der Bauherr, das Erzbischöfliche Ordinariat München, ist mit dem neuen Gotteshaus zufrieden, setzt es doch in Form und Höhe einen weithin sichtbaren städtebaulichen Akzent im Ortsbild.
Architekturform
Der Baukörper wird durch den Materialeindruck der weißen Kachellandschaft in der Fläche und durch die zeitgenössische Architektur bestimmt. Innerhalb der Keramikfassade mit ihren fein gegliederten, dreidimensionalen, scharflinigen Kachelreihen setzen einzelne Lichtpunkte der Sonnenspiegelung unendliche Akzente. Farbe und Licht bestimmen die Wirkung der architektonischen Form.
Raumwirkung
Weiß stellt im physikalischen Sinn die Summe aller Farben des Lichts dar, steht für das Göttliche, die Vollkommenheit, die Reinheit und gilt als die vollkommenste Farbe. Die veränderte Weißwirkung in den Kachelformen der Kirchenfassade fällt bei unterschiedlichem Licht besonders auf: Im Gegenlicht wie auch bei diffuser Sonneneinstrahlung wirken die Fassade und die bekleidete Dachlandschaft mit den Farbreflexionen des Himmels wie aufgehoben.
Um ein Gebäude im Ganzen verstehen zu können, darf man nicht nur die äußere Hülle betrachten. Auch der Innenraum mit seiner Aufteilung und Gestaltung gehört dazu.
Im Fall der Poinger Kirche erscheint der Innenraum mit seiner Funktion und Gliederung als zuerst entworfen. Tatsächlich entstand nach der Lichtsilhouette des Kircheninnenraums die Geometrie der Raumschale, welche wiederum verkleinert für die plastische Gestaltung der Keramikkacheln aufgenommen wurde.
Beim Betreten der Kirche beeindruckt die liturgische Qualität, die der Dreifaltigkeit folgend von drei Lichtöffnungen geprägt wird und die so eine eigene, besondere Raumstimmung ergibt. Das Morgenlicht der größten Öffnung füllt zusammen mit der Musik von der Empore den Raum, das Licht der vertikalen Zenitöffnung trifft auf Altar und Tabernakel, das nördliche Seitenlicht vom Fenster zum Weiher betont den Taufstein.
Auch von der Materialverwendung gibt es Wiederholungen im Innenraum; Boden, Altarinsel und Wandsockel der Kirche sind aus dem gleichen oberbayerischen Naturstein wie der massive Außensockel gestaltet und bringen mit ihrer arteigenen Oberfläche eine raumbildende, zutrauliche Farbstimmung, die mit dem übergeordneten Raumweiß, welches den Kirchenraum auch höher wirken lässt, harmoniert. Dazu ein Zitat der Jurybewertung, die sich „… innen für eine differenzierte, liturgisch sinnfällig organisierte Raumwirkung“ begeisterte.
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PraxisPlus
Der Landesverband Bayern des Bundes Deutscher Architekten zeichnete die Kirche in der Kategorie „Besondere Bauten“ für die „bestechende Klarheit und die skulpturale Form“ aus.
Begründung:
„Zeitgenössische Sakralbauten müssen zum einen der baulichen Tradition und Symbolik der jeweiligen Glaubensrichtung folgen … und Architekturentwicklung mitgestalten“.
Die „Große Nike“, den das Münchner Architekturbüro Meck für die neuartige sakrale Baukörpergestaltung bekommen hat, ist der höchstrangige Architekturpreis des BDA.
Begründung:
Weil u. a. gezeigt wird „..wie mit den Mitteln der Architektur Überzeitlichkeit erzeugt werden kann.“