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Maler in der Verantwortung

Werkzeuge & Maschinen
Maler in der Verantwortung

Arbeiten an Fassaden erfordern in der Regel immer den Einsatz von Leitern und Gerüsten. Um dabei die Gefahr von Unfällen und Abstürzen weiter zu verringern, umfasst die seit Februar 2019 gültige TRBS 2121-1 zahlreiche Veränderungen und nimmt alle Beteiligten in die Verantwortung.

Autor: Dr. Klaus Fockenberg I Fotos: Peri

Mehr als 21.000 Sturz- und Absturzunfälle beklagte die Bauberufsgenossenschaft im Jahr 2017. Dabei gehört das Malerhandwerk bedauerlicherweise zu den besonders gefährdeten Berufsgruppen. In vielen Situationen sind es die Beschäftigten selber, die durch Unaufmerksamkeit oder persönliche Überschätzung Unfälle verursachen. Zum Teil mit erheblichen Folgen, denn auch Abstürze aus geringen Höhen sind oft mit fatalen Verletzungen verbunden.

Fallen Mitarbeiter wegen Unfällen oder Abstürzen aus, entstehen für den Unternehmer in manchen Situationen unvorhersehbare wirtschaftliche Risiken. Bei der aktuellen Baukonjunktur mit Vollbeschäftigung und fehlenden Facharbeitern lässt sich der Ausfall von Beschäftigten kaum kompensieren. Deshalb empfiehlt sich, auf nachhaltige Präventionsmaßnahmen zu setzen, um Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Erfolgreicher Arbeitsschutz ist als Wirtschaftsfaktor ein Gewinn für jeden Betrieb.

Dies gilt auch für den Gerüstbau. Verließen sich bisher viele Betriebe in der Praxis auf die Arbeit des Gerüstbauers oder bei eigenem Gerüst auf das praktische Know-how ihrer eigenen Teams, so setzt die Neufassung der Technischen Regeln für Betriebssicherheit TRBS 2121 Teil 1 „Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz bei der Verwendung von Gerüsten“ allen beteiligten Parteien seit Februar 2019 sehr klare und enge Handlungsanweisungen.

Technische Schutzeinrichtungen

Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) setzen dem Stand der Technik, der Arbeitsmedizin und der Hygiene entsprechende Vorgaben für die Umsetzung. Dabei berücksichtigen sie auch sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeits- und Hilfsmitteln beim Bauen sowie dem Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen.

Beim Auf-, Um- und Abbau von Gerüsten sind nach der neuen TRBS 2121-1 technische Schutzeinrichtungen stets vorrangig zu verwenden. Dies bedeutet in der praktischen Konsequenz für den Ersteller des Gerüsts, dass sich seine handwerklichen und zeitlichen Abläufe unmittelbar verändern. Die Neufassung der TRBS 2121-1 erlaubt den bisher etablierten Einsatz von Auffangeinrichtungen oder Persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz (PSAgA) nur noch in Ausnahmefällen, nämlich wenn der Einsatz technischer Absturzsicherungen nicht möglich ist.

Grundsätzlich sind nach der Neufassung der TRBS 2121–1 bestimmte Schutzmaßnahmen zwingend vorgeschrieben. Dazu zählt zunächst einmal der Nachweis der Brauchbarkeit. Dieser gilt als erbracht, wenn der Aufbau nach allgemein anerkannter Regelausführung erfolgt und sofern in der jeweiligen Landesbauordnung (LBO) gefordert, das Gerüstsystem über eine gültige, allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügt. Falls die Brauchbarkeit nicht erbracht ist, muss sie in Form eines Standsicherheitsnachweises sowie der Erstellung einer Montageanweisung (Plan für den Auf-, Um- und Abbau) und einer Gebrauchsanleitung (Plan für den Gebrauch) erfolgen, der alleinige Einsatz einer Aufbau- und Verwendungsanleitung (AuV) reicht nicht aus. Zudem müssen jetzt Angaben zu Zugängen und Prüfzeitpunkten differenziert zwischen Montage und Nutzung erstellt werden.

Besonderes Augenmerk gilt der vorlaufenden Absturzsicherung. Diese ist als Seitenschutz auszuführen – beim vertikalen und horizontalen Handtransport von Gerüstbauteilen. In den Gerüstfeldern für den vertikalen Handtransport muss der Seitenschutz (Geländer und Zwischenholm) zweiteilig sein. Auf der obersten Gerüstlage ist für den Horizontaltransport von Gerüstbauteilen (bei durchgehender Gerüstflucht) mindestens ein einteiliger Seitenschutz oder ein Montagesicherungsgeländer zu verwenden. Bei Einsatz einer PSAgA muss ein Rettungskonzept ausgearbeitet sein. Die erforderliche Rettungsausrüstung ist auf der Baustelle vorzuhalten.

Umfassende Funktionskontrolle

Der Gerüstersteller, in der Regel ein Gerüstbauunternehmen, muss gemäß § 3 ProdSG (Produktsicherheitsgesetz) dem Gerüstnutzer, also dem nachfolgenden Gewerk, hier dem Malerbetrieb, ein sicheres Gerüst bereitstellen. Den Nachweis, dass das Gerüst sicher ist, kann der Gerüstersteller gegenüber dem Gerüstnutzer durch das Protokoll einer Abnahmeprüfung erbringen. Dabei ist die Kennzeichnung am Gerüst Bestandteil der Prüfung und Voraussetzung für die Inaugenscheinnahme.

Die TRBS 2121-1 sieht vor, dass jeder Arbeitgeber vor dem Gerüstgebrauch durch seine Beschäftigten eine Inaugenscheinnahme und erforderlichenfalls eine Funktionskontrolle durchzuführen hat bzw. durchführen lässt. Dies gilt auch, wenn das Gerüst von mehreren Unternehmern (Gewerken) gleichzeitig oder nacheinander genutzt wird. Dabei ist die Inaugenscheinnahme auf Grundlage der Kennzeichnung des Gerüstes und gegebenenfalls eines Prüfprotokolls des Gerüsterstellers durchzuführen.

Auch der Arbeitgeber, der ein Gerüst für den Gebrauch durch seine eigenen Beschäftigten erstellt, hat vor dem erstmaligen Gebrauch das Gerüst zu prüfen bzw. prüfen zu lassen. Dies gilt auch für zusätzliche Prüfungen nach jeder Veränderung durch Umbau oder Ergänzung bzw. Reduktion. Entscheidend sind in der Praxis eine schriftliche Dokumentation sowie die regelmäßige, nachhaltige Information und Überprüfung aller Beschäftigten im Betrieb, diese auch einzuhalten. Alle Aufzeichnungen sind am Einsatzort mindestens bis zur nächsten Prüfung aufzubewahren.

Gefährdungsbeurteilung erstellen

Eine wirksame Absturzsicherung muss alle Arbeiten mit dem Gerüst berücksichtigen. Insbesondere bei der Montage und beim Arbeiten auf Fassadengerüsten bestehen eine Vielzahl von Gefahren, die durch präventive Maßnahmen verringert werden können. Nach dem Arbeitsschutzgesetz (§5) ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor Beginn der Arbeiten bzw. einer Baumaßnahme zwingend eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Die Gefährdungsbeurteilung erfolgt individuell und hat das Ziel, die bei der Verwendung von Gerüsten möglichen Gefahren im Vorfeld zu ermitteln und daraus die notwendigen Schutzmaßnahmen für jedes Gewerk zu definieren. Die Gefährdungsbeurteilung ist in der Praxis nur dann effektiv, wenn sie von den Verantwortlichen regelmäßig überprüft und an sich ändernde Situationen angepasst wird.

Gerüstmontage aus sicherer Position

Der Grundsatz der hohen konstruktiven Sicherheit mit vorlaufendem Seitenschutz bei Auf-, Um- und Abbau des PERI UP Gerüstsystems ist bereits seit 1998 – mit Einführung des damaligen T-Rahmens für den Familienbetrieb eine Selbstverständlichkeit.

Wie fortgeschritten die systemintegrierte Aufbau- und Verwendungssicherheit heute sein kann, zeigt der modulare Gerüstbaukasten PERI UP. In der Ausführung als längenorientiertes Arbeitsgerüst für Fassaden kann sowohl mit dem asymmetrischen, offenen Easy-Rahmen als auch mit dem Easy-Stiel der Grundaufbau in der Regelausführung aus einer gesicherten Position auf-, um- und abgebaut werden. Dabei können sämtliche Bauteile von unten eingehängt und verriegelt werden, bevor die neu erstellte Gerüstebene überhaupt betreten wird. Wie bei den vertikalen Bauteilen bewegen sich bei PERI UP auch die Flächenmaße der Beläge im metrischen Raster.

Das Gerüstsystem löst sich mit seiner Verbindungs- und Befestigungstechnik von traditionellen Systembauweisen. Rahmen- und Modulgerüst werden in einem Systembaukasten vereint, gleichzeitig die Anforderungen der TRBS 2121-1 mit der vorlaufenden Absturzsicherung systemintegriert, also ohne zusätzlichen Montageaufwand, erfüllt. Dies gilt gleichermaßen für den Easy-Rahmen, den Easy-Stiel und den Flex-Stiel. Auch komplexe und kleinteilige Einrüstungen, wie sie beispielsweise bei Altbauten mit ihren Erkern und Auskragungen regelmäßig vorkommen, lassen sich mit dem System einfach, schnell und vor allem sicher herstellen.

Auch mit den Stielen und Riegeln kann das Gerüst vorlaufend auf-, um- und abgebaut werden. Mit den verschiedenen Längen der Riegel und Beläge, der Belagsbreite von 25 cm und dem möglichen Richtungswechsel der Beläge lassen sich Arbeitsflächen nahezu spaltenfrei abdecken. Bei PERI UP kann die Spannrichtung der Beläge innerhalb eines Feldes mit vier tragenden Stielen an nahezu jeder beliebigen Stelle geändert werden. So lassen sich auch komplizierte Geometrien wirtschaftlich einrüsten.

Diese Maßnahmen können die Absturzgefahr reduzieren und erlauben einen schnellen Aufbau des Gerüsts. So erfüllt der Unternehmer mit dem Gerüstbaukasten die Anforderungen der TRBS 2121-1. Gleichzeitig schafft er die notwendigen Schutzmaßnahmen für seine Beschäftigten.

Der Aufwand des Gerüsterstellers für die erforderlichen technischen Schutzmaßnahmen wirkt sich auch auf die Kosten für die Bereitstellung eines Gerüstes aus. Den Auftraggebern muss bei der Vergabe von Gerüstbauarbeiten klar sein, dass die möglichen Folgen der Neufassung der TRBS 2121-1 – ein gesteigerter Aufwand sowie ein erhöhter Vergütungsanspruch des Auftragnehmers – Ausdruck der Qualität der Werkleistung sind. Eine Leistungsausführung unter Beibehaltung des „alten“ Regelwerks vor Inkrafttreten der neuen TRBS 2121-1 und unter Missachtung der geänderten Arbeitsschutzanforderungen ist nicht möglich. Dies würde einen Verstoß gegen geltende Bestimmungen darstellen mit der Folge, dass der Gerüstbauer die Leistungsausführung verweigern kann.

Broschüren zum Download



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