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Algen und Pilze – Sto

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Algen und Pilze – Sto

Farben und Putze an der Fassade sind häufig mit Filmkonservierungsmitteln ausgerüstet – gegen Algen und Pilze.

Mikroorganismen wie Algen oder Pilze besiedeln alle Arten von Oberflächen, sobald sie genug Feuchte vorfinden. Sie sind unansehnlich aber sie beeinträchtigen nicht die Leistung der Fassaden und sind nicht gefährlich für Mensch und Tier. Das hat das Fraunhofer Institut für Bauphysik bereits 2003 belegt: „Von auf Baustoffen anzutreffenden Algen ist bis heute noch keine Gesundheitsgefährdung nachweisbar. Bei den vorgefundenen Pilzen handelt es sich vorwiegend um luftgetragene ubiquitäre [überall vorkommende] Gattungen“, die hinsichtlich Größe und Bewuchsart selbst in Innenräumen „in die Kategorie I (Normalzustand bis geringfügiger Schaden“ (IBP-Mitteilung 429) fielen. Begünstigt wird das Wachstum der ungeliebten Untermieter durch konstruktiv schlecht geschützte Fassadenflächen und klimatische Bedingungen (nebel- und niederschlagsreiche Gebiete) sowie die räumliche Nähe zu Feuchtigkeitsspeichern und Nährstoffquellen wie Wäldern, Seen, Flüssen und landwirtschaftlich genutzte Flächen.

 

Abwehr durch Anstrich

Wer dem vorbeugen möchte, kann über Konstruktion und Materialwahl Einfluss auf die Feuchtigkeitsverhältnisse an der Fassade nehmen. Dachüberstände und fachgerecht geplante Wasserführungen halten Regen und teilweise auch Tau von der Fassade fern, hochwertige Putze und Farben sorgen für eine schnelle Rücktrocknung. So sorgen Anstriche mit Lotus-Effekt-Farben oder hochwertigen Silikonharzfarben sowohl für eine geringe Verschmutzungsneigung als auch für eine minimale Wasseraufnahme. Der zweimalige Anstrich einer gedämmten Fassade ist und bleibt darum die beste Versicherung gegen Mikroorganismen. Ein solcher Anstrich wirkt in erster Linie physikalisch: Die Farbe schließt die offene, poröse Struktur des Putzes, sie füllt Mikroporen und verhindert so das Anhaften von Tropfen, Pollen und Partikeln aller Art. Die Folge: Zweifach gestrichene Fassaden werden nicht nur deutlich seltener beziehungsweise entschieden später von Algen oder Pilzen besiedelt, sondern sie verschmutzen insgesamt weniger als ungestrichene Deckputze.

Soll die Wahrscheinlichkeit eines Bewuchses noch weiter verringert werden, lassen sich Beschichtungen auch mit bioziden Filmkonservierungsmitteln ausrüsten, die Algen- und Pilzwachstum hemmen. In diesem Fall zeigt sich ein weiterer Vorteil des zweimaligen Streichens aller Dämmfassaden: Konservierungsmittel können wesentlich besser in die homogene Struktur einer Farbe eingebunden werden als in die poröse Oberfläche eines Putzes. Aus einer Farbe werden wesentlich weniger Wirkstoffe ausgewaschen als aus einem Putz.

Wir begegnen diesen konservierenden Wirkstoffen ständig; sie sind in Schmier- und Desinfektionsmitteln enthalten, in Mückensprays und Holzschutzlasuren, in Flüssigseifen und Putzmitteln, ja sogar in Textilien und Kosmetika. Bei flüssigen beziehungsweise pastösen Farben und Putzen unterscheidet man zwischen dem Haltbarmachen im Eimer (Topfkonservierung) und dem Schutz der fertigen Oberfläche (Filmkonservierung). Letztere nutzt verkapselte Wirkstoffe, die nur eine sehr begrenzte Wasserlöslichkeit aufweisen, darum kaum ausgewaschen werden, also sehr lange wirken und extrem genau dosiert werden können. Alle algen- und pilzhemmenden Filmkonservierungsmittel unterliegen in der Europäischen Union strengen Zulassungsregeln. Die Wirkstoffe werden auf Herz und Nieren geprüft, bevor sie in eine Positivliste aufgenommen werden. Dann folgen nationale Untersuchungen, und erst wenn auch diese jedes Risiko für die Umwelt ausschließen, erfolgt eine Zulassung.

 


Kaum Auswaschung

 

2005 hat die BIOMIK-Studie vor Gefahren für die Gewässer gewarnt. Eine Nachfolgeuntersuchung [M. Burkhardt, C. Dietschweiler, Mengenabschätzung von Bioziden in Schutzmitteln in der Schweiz, 2013] im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Umwelt (BAFU) hat die damals veröffentlichten Zahlen für Außenwände um fast 90 Prozent (!) nach unten korrigiert. Die Autoren weisen auch darauf hin, dass die eingesetzten Wirkstoffe bei weitem nicht so stark ausgewaschen werden, wie ursprünglich angenommen: „Verkapselte Wirkstoffe haben heute im Filmschutz erhebliche Marktbedeutung gewonnen, wodurch sich auch die Freisetzung in die Umwelt verändert hat. Die Biozide werden zu Beginn der Anwendungsphase um einen Faktor 2 bis 10 geringer ausgewaschen.“ Insgesamt warnt Prof. Dr. Michael Burkhardt, das Thema überzubewerten: “Nicht Biozide aus Fassaden machen derzeit die größten Probleme. Wir haben in den Gewässern Stoffe von zahllosen Anwendungsbereichen wie Pharmazeutika, die sehr viel verbreiteter vorkommen.”

Dennoch muss der Einsatz solcher Wirkstoffe so gering wie möglich gehalten werden und möglichst in mikroverkapselter Form erfolgen. Dieses Ummanteln der Wirkstoffe hat zwei positive Effekte: Zum einen erlaubt es geringere und exakt abgestimmte Einsatzkonzentrationen, zum anderen reduziert es die Wasserlöslichkeit. Forscher des Fraunhofer Instituts für Bauphysik haben in einem aufwendigen Freilandversuch [K. Breuer e.a., Wirkstoffauswaschung aus hydrophoben Fassadenbeschichtungen, in: Bauphysik 34 (2012), Heft 1, S. 19ff] nachgewiesen, dass verkapselte Biozide zu einem erheblich geringeren Teil aus einem hochwertigen Putzsystem ausgetragen werden, als bislang angenommen. Die Wissenschaftler hatten ein Jahr lang die Auswaschung von Filmkonservierungsmitteln an den Westfassaden zweier baugleicher Häuser im bayerischen Holzkirchen untersucht. Da der Ort in einem niederschlagsreichen und stark schlagregenbeanspruchten Gebiet liegt, entsprechen die Messergebnisse dem zu erwartenden maximalen Wirkstoffaustrag in Fassadenablaufwasser. Sie zeigen, dass die verschiedenen verkapselten Biozide zwischen 1,5 und 4,9 Prozent ausgewaschen wurden. Das heißt, mehr als 95 Prozent der hochwertigen Filmkonservierungsmittel standen auch nach einem Jahr intensiver Bewitterung für den Schutz der Fassade zur Verfügung.

Geht’s auch ohne?

Ja, Fassaden lassen sich jederzeit auch ohne algen- und pilzhemmende Wirkstoffe ausführen. Im Normalfall bleibt eine Fassade – konstruktiv gut geschützt, in feuchtigkeitsarmer Umgebung und ohne außergewöhnliche Verschmutzungseinflüsse – auch ohne Filmkonservierung sehr lange sauber. Allerdings ist ohne diesen zusätzlichen Schutz das Risiko höher, dass es bei ungünstigen konstruktiven oder klimatischen Bedingungen doch zu einem Befall kommt. Und da bei der heutigen Bauweise der konstruktive Schutz oft zu wünschen übrig lässt, werden die meisten Fassaden aktuell mit Filmkonservierung ausgeführt. Diese entspricht allen gesetzgeberischen Anforderungen und hat sich vielfach bewährt, wenn es um die Verlängerung von Renovierungsintervallen an Fassaden geht. Selbstverständlich kann die Priorität jedoch anders gesetzt und auf Filmkonservierung ganz verzichtet werden. Klarheit schafft nur eine individuelle, auf das jeweilige Bauvorhaben zugeschnittene Fachberatung im Vorfeld. Die Entscheidung trifft dann der Bauherr.

 


Was tun bei Befall?

 

Wenn eine Fassade bereits von Algen oder Pilzen befallen ist, muss die Wand zuerst gereinigt werden. Dies erfolgt am einfachsten mit einem Hochdruckreiniger. Durch den Druck dringt das Wasser allerdings tiefer in den Untergrund ein als bei normaler Beregnung, daher trocknet die Wand nur langsam ab. Vor dem nächsten Arbeitsschritt – der Desinfektion – muss also eine Wartezeit liegen, damit der Untergrund auch wirklich austrocknen kann und die dann aufzutragenden desinfizierenden Wirkstoffe auch tief genug in den Untergrund eindringen können. Moderner Fassadenschutz leistet die nun folgenden Schritte – Desinfizieren, Grundieren und Hydrophobieren – in nur einem Arbeitsgang. Verarbeitungsfertige wässrige Desinfektionslösungen wie StoPrim Fungal auf Silan-/Siloxan-Basis werden mit Pinsel, Bürste oder Airlessgerät auf die gereinigten Flächen aufgetragen und besitzen eine hohe Eindringtiefe. Anschließend erfolgt idealerweise eine zweimalige Beschichtung mit einer hochwertigen hydrophoben Fassadenfarbe.

Trocken und sauber

Viele Menschen glauben, dass auf Fassaden mit dickschichtigen mineralischen Dämmsystemen aufgrund des höheren Wärmespeichervermögens viel weniger Tau anfällt und sie darum seltener von Algen und Pilzen befallen werden als dünnschichtige organische Systeme. Doch Untersuchungen zeigen [vergl. Farbe und Lack 4/2014, S. 48ff], dass die Dauer der täglichen Betauung einer Fassade durch die Masse des Putzaufbaus nur unwesentlich beeinflusst werden kann und durch die Dichte des Dämmstoffs überhaupt nicht. Es bräuchte ein Vielfaches des Wärmespeichervermögens selbst der schwersten Dämmsysteme, um die Dauer der nächtlichen Betauung nennenswert zu reduzieren.

Eine weitere verbreitete Vermutung besagt, dass wasseraufnehmende (hydrophil saugende) Beschichtungen weniger anfällig sind, weil ihre Oberfläche – insbesondere bei Betauung – schneller wieder trocken wirkt. Auch diese Annahme hält wissenschaftlichen Mess- und Analysemethoden nicht stand. In einem aufwendigen Freilandversuch wurde die Menge des bei Betauung oder Beregnung auf verschiedenen Beschichtungen angesammelten beziehungsweise in diese aufgenommenen Wassers gemessen. Die dabei aufgezeichneten Maximalwerte für Feuchtigkeitsanreicherung bei Betauung zeigen nur vernachlässigbare Unterschiede. Deutlichere Abweichungen gab es jedoch bei Regen zu beobachten: Die hydrophil saugenden (Wasser aufnehmenden) Oberflächen erreichten eine Gewichtszunahme von maximal 480 Gramm je Quadratmeter, während hydrophobe (Wasser abweisende) Beschichtungen lediglich um bis zu 140 Gramm zulegten. Das heißt: Hydrophil saugende Oberflächen nehmen bei Beregnung bis zu viermal so viel Wasser ins Innere eines Fassadensystems auf wie wasserabweisende. Definitiv auf der sicheren Seite sind beide Varianten also auch unter diesem Gesichtspunkt mit einem fachgerechten Anstrich.

Wenn Betauung eine deutlich kleinere Rolle spielt als vermutet und das Wärmespeichervermögen von Dämmsystemen weit davon entfernt ist, Algen- oder Pilzbewuchs verhindern zu können, bleibt nur die Erkenntnis, nach der bereits unsere Vorfahren gebaut haben: Halte die Fassade durch konstruktive Maßnahmen (z.B. Dachüberstände) so trocken und sauber wie möglich. Dazu kommt der Beitrag der Moderne: Streiche die Oberflächen mit hochwertigen wasserabweisenden Farben und sorge auf diesem Wege dafür, dass sich weniger Schmutz an den Fassaden anlagert und dass die Feuchtigkeit nicht in die Konstruktion eindringen kann. Wenn notwendig und gewünscht, kann dieser Anstrich zudem mit verkapselten Wirkstoffen gegen Mikroorganismen ausgerüstet werden.

Sind die Umstände günstig für sie, besiedeln Algen jede Oberfläche – selbst Edelstahl.

 


 

Ein zweimaliger Anstrich mit einer hochwertigen Farbe ist der beste Schutz vor Mikroorganismen.

 


 

Der Test des Fraunhofer Instituts an diesen beiden identischen Westfassaden belegte, dass verkapselte Biozide in hochwertigen Fassadenbeschichtungen nur in geringem Maße ausgewaschen werden.

 


 

Moderne Wirkstoffe gegen Algen- und Pilzbefall an der Fassade sind umweltschonend verkapselt, um eine möglichst lange Wirksamkeit sicherzustellen.
Fotos: Sto
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