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Tagung der Sachverständigen und Baufachbranche

Tagung der Sachverständigen und Baufachbranche
Grenzüberschreitender Wissenstransfer

Im Oktober fand in Memmingen nach fünfjähriger Pause die 15. Sachverständigen- und Baufachtagung des Internationalen Sachverständigenkreises Ausbau & Fassade (ISK) statt.

Autorin I Fotos: Susanne Sachsenmaier-Wahl

Rund 200 Fachleute aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Lichtenstein und Südtirol trafen sich vom 19. bis zum 21. Oktober 2022 in Memmingen im Allgäu, um sich über ihre Erfahrungen aus der Sachverständigenpraxis und neue Erkenntnisse aus der Branche auszutauschen. Markus Weißert, Vorsitzender der ISK 2022, betonte in seiner Begrüßungsrede, dass die Veranstaltung außer wegen ihrer Fachvorträge vor allem wegen des persönlichen Austauschs so beliebt sei. Deshalb habe sich der ISK auch ganz bewusst gegen eine digitale Tagung während der Corona-Pandemie entschieden.

Aufgrund der positiven Rückmeldungen aus den vergangenen ISK-Tagungen wurde der Programmteil „Aus Schäden lernen“ in diesem Jahr erneut aufgenommen. Am Abend des ersten Veranstaltungstages startete das Programm mit der „ISK-Arena“. In Kurzvorträgen berichteten Sachverständige aus verschiedenen Ländern über Schäden und deren Sanierungen.

Wassereintrag und Luftdichtheit

An den nächsten beiden Tagen folgten Fachvorträge zu aktuellen „Brennpunkten“ an der Bauschadensfront. Gerhard Enzensberger, Malermeister und Sachverständiger aus Geiersberg/Österreich referierte unter dem klangvollen Titel „Wasserwanderwege“ über das wenig erfreuliche Thema des Wassereintrags in die Wandkonstruktion über das Fenster. Enzensberger stellte klar, dass der Wassereintrag in die Wandkonstruktion meist nicht durch die Dichtung oder den Putzanschluss verursacht wurde, sondern häufig durch das Fenster selbst. Eine Lösungsmöglichkeit zur Unterbindung des Wassereintrags könnte eine Dichtfolie sein, die vor dem Setzen des Fensters auf die Brüstung geklebt wird.

Auch Manfred Haisch, Stuckateurmeister und Sachverständiger aus Gschwend in Baden-Württemberg, betonte in seinem Vortrag „Fensteranschlüsse und deren Schadensquellen bei Putzfassaden und Außendämmungen“ die Bedeutung dieser zweiten Dichtebene. Er stellte klar, dass diese bei Holzbauten und bei Fensterbänken aus wasserdurchlässigen Materialien (wie z.B. Stein) unbedingt erforderlich sei. Haisch zählte häufige Fehler bei Putzanschlüssen auf, wie z.B. das Fehlen einer Hinterfüllschnur bei spritzbaren Füllstoffen und verwies auf die geltenden Regelwerke.

Der Architekt Prof. Roger Blaser Zürcher aus Kiesen in der Schweiz ließ keinen Zweifel an der Notwendigkeit einer Luftdichtheitsprüfung mithilfe des Blower Door-Tests, der leider immer noch viel zu selten durchgeführt werde. „Wir kennen das Risiko der fehlenden Luftdichtigkeit“, mahnte er und nannte dadurch verursachte Konvektionsschäden, Zuglufterscheinungen und hohen Lüftungswärmeverlust. Allerdings stellte Blaser auch klar, dass die Messung der Luftdichtigkeit alleine nicht ausreiche. Denn häufig sei der Test zwar bestanden, obwohl dennoch kleine Leckagen vorhanden seien. Und diese könnten zu großen Schäden führen. Zusätzlich zum Blower Door-Test sollte deshalb unbedingt eine Leckageortung, z. B. mithilfe von Bauthermografie, erfolgen.

Offene Systeme und Bauforensik

Thomas Schmid, Stuckateurmeister und Sachverständiger aus Baden-Baden, erörterte die Frage, warum der Trockenbau offene Lösungen braucht. Von Seiten der Industrie würden geschlossene Systeme favorisiert, bei denen der Verarbeiter genau vorgeschrieben bekommt, welche Produkte eines Herstellers er verarbeiten muss, damit das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (abP) gilt. Eine Komponente kann nicht einfach durch ein vergleichbares Produkt ersetzt werden, ohne dass es zum Verlust der Haftung kommt. Der Verein „WIR für Ausbau und Trockenbau e.V.“, bei dem Schmid stellvertretender Vorsitzender ist, habe deshalb eigene abPs für bestimmte Konstruktionen erstellen lassen, um dem Fachhandwerker wieder mehr Spielraum beim Trockenbau zu erlauben und ihm die Möglichkeit für höhere Erträge zu eröffnen.

Wie sich mithilfe spezieller leistungsstarker Forensikkameras Verborgenes sichtbar machen lässt, präsentierte Paul Michael Böhm, Sachverständiger aus Timelkam/Österreich. Die optische Bauforensik entwickle sich nach Meinung Böhms immer mehr zu einem unverzichtbaren Werkzeug bei der Bauwerksuntersuchung. So könnten mit ihrer Hilfe etwa kaschierte Bauschäden, Wasserschäden oder Schäden durch Mikroorganismen (z. B. nicht pigmentierte Schimmelpilze) nachgewiesen werden. Umgekehrt ließen sich mit den Spezialkameras auch Schimmelpilze oder dunkle Verfärbungen auf dunklen Untergründen visualisieren.

Sanierputze und Armierungsmörtel

Unter dem Titel „Sanierputze als Allheilmittel“ setzte sich Dr. Hans Ettl, der in München ein Labor für Erforschung und Begutachtung umweltbedingter Gebäudeschäden betreibt und einen Lehrauftrag an der TU München innehat, kritisch mit dieser Produktgattung auseinander. Er stellte fest, dass Sanierputze häufig pauschal bei Feuchteproblemen angewendet würden. Auch fehle die Einschränkung der Anwendung in den einschlägigen Technischen Merkblättern einiger Putzhersteller. Das WTA-Merkblatt dagegen zeige deutliche Grenzen für den Einsatz von Sanierputzen auf. So dürften Sanierputze in der Regel nur als flankierende Maßnahme zum Einsatz kommen, wenn eine vertikale und/oder horizontale Abdichtung erfolge (die aber bei denkmalgeschützten Bauwerken häufig nicht möglich ist). Ettls Fazit: Häufig sei es besser, einen (hydraulischen) Kalkputz, einen Kalk-Zementputz oder einen speziellen Funktionsputz einzusetzen, um den kapillaren Wassertransport an die Oberfläche zu erlauben.

Harry Luik, Stuckateurmeister, Architekt und Sachverständiger aus Reutlingen, widmete sich nicht minder kritisch einer anderen Putzart: den Armierungsputzen und deren Vielfalt. Mit der Frage „Warum verklebt und armiert man eigentlich mit demselben Material?“, zeigte er sogleich auf, wo bei modernen Armierungsputzen der Schuh drückt. Während ein Kleber schnell abbinden soll, damit die Dämmplatte nicht abrutscht, soll der Armierungsmörtel über eine möglichst lange Offenzeit verfügen, damit man ihn möglichst sauber abglätten kann. „Die Schnittmenge der geforderten Eigenschaften von Kleber/Haftbrücke und Armierungsputz ist relativ klein“, stellte Luik fest. Ein Spezialprodukt für die jeweilige Anwendung einzusetzen, sei vermutlich in den meisten Fällen die bessere Wahl.

Brandschutz und Datenblätter

Auch der dritte Tag hielt interessante Themen bereit. So referierte Jochen Reiners vom Verein Deutscher Zementwerke über Feuchtemessmethoden bei Zementestrichen und Beton. ISK-Mitglied und Sachverständige Dr. Kerrin Lessel aus Bad Ischl/Österreich bestieg das Podium am Freitag zweimal. Einmal ging sie der Frage nach, was Haftbrücken wirklich können und welche Anforderungen Innenputze erfüllen müssen, das andere Mal befasste sie sich mit dem Informationsgehalt in Datenblättern von Bauprodukten. Dr. Gerd Geburtig, Architekt, Sachverständiger und Prüfingenieur für Brandschutz aus Weimar widmete sich dem Brandschutz bei der Bestandssanierung und erörterte die Frage, wie man Fehler bei Putz, Trockenbau und Dämmung vermeidet. Prof. Roger Blaser Zürcher sprach in seinem zweiten Vortrag über die höhere Schadensanfälligkeit von Leichtbaukonstruktionen gegenüber Massivbaukonstruktionen.

www.isk-ausbaufassade.org

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