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Mangel schwächt Betriebe

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Mangel schwächt Betriebe

Das Handwerk leidet unter dem Fachkräftemangel. Ein Roundtable-Gespräch des Vereins Qualitätsgedämmt versuchte, die Aspekte der Krise zu beleuchten und mögliche Lösungen aufzuzeigen.

Autor: Martin Mansel

Der Fachkräftemangel kam nicht über Nacht. Heute stellt sich jedoch die Lage dramatisch dar. Gut ein Drittel der Handwerksbetriebe konnte 2017 keine Auszubildenden für ausgeschriebene Stellen finden. 40% Prozent haben große Probleme, Stellen für Fachkräfte überhaupt zu besetzen, 30% geben an, sie würden vergeblich suchen. Dem Fachkräftemangel gegenüber stehen volle Auftragsbücher und eine boomende Bautätigkeit in Deutschland. Die Konsequenz: Auftraggeber müssen immer länger auf Handwerker warten. Der Fachkräftemangel lähmt also nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung der mittelständisch geprägten Malerbetriebe sondern verhindert auch Investitionen.

Ulrich Krenn von Qualitätsgedämmt e.V. hatte zu einer Gesprächsrunde nach München geladen um diese Problematik mit Teilnehmern aus allen Bereichen der Maler-Arbeitswelt zu diskutieren. Die Teilnehmer:

  • Sabine Maurer, Ministerialrätin Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Forschung, Leiterin des Referats Berufliche Bildung, Fachkräfte
  • Prof. Dr. Franz Boos, wissenschaftlicher Leiter der dualen Hochschule München und Dekan der Fakultät Wirtschaft, Hochschule Hof
  • Thomas Mürdter, Geschäftsführer Fa. Leibbrand, Stuckateurbetrieb, „Qualifizierter Ausbildungbetrieb“
  • Stefanie Bergmann, stellvertretende Teamleiterin Agentur für Arbeit, München
  • Katharina Reseneder, Auszubildende der Fa. Franz Rebl, Malerbetrieb Landau / München

Gründe für den Mangel

Die Ursachen für die Krise sind zahlreich. Neben einer hohen Nachfrage nach Fachkräften aufgrund der guten Konjunktur spielt die demografische Entwicklung in Deutschland eine entscheidende Rolle. So ist die Zahl der Schulabgänger seit Jahren rückläufig (von 2006-2016 um -120.000 pro Jahr). Außerdem entschieden sich 2006 noch zwei Drittel der Schulabgänger für eine Ausbildung und ein Drittel für ein Studium. 2016 war das Verhältnis 50/50. Außerdem stehen den jährlich einer Million Neurentner lediglich 700.000 Schulabgänger entgegen. Hat die Politik zu zu sehr auf „Die Zukunft ist digital.“ gesetzt und darüber das Handwerk vergessen? Dazu Sabine Maurer, Ministerialrätin Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Forschung, Leiterin des Referats Berufliche Bildung, Fachkräfte: „Ich glaube, man hat die Dimensionen nicht erkannt. Als der Fachkräftemangel losging, hat man vor allem auf die MINT-Fächer gesetzt (Anm. der Red.: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik ) und die klassischen Branchen wie Mittelstand und Handwerk sind da ein bisschen zu kurz gekommen.“

Thomas Mürdter, Geschäftsführer Stuckateurbetrieb Leibbrand, beschreibt die Situation in seinem Betrieb wie folgt: „Wir können aufgrund des Fachkräftemangels vor Weihnachten keine Termine mehr anbieten. Es nimmt zu, dass Subunternehmer beschäftigt werden, aber mit diesen kann ich auch nicht bei jedem Projekt den Personalmangel auffangen, da wir sehr in der Region verwurzelt sind und die Bauherren unsere eigenen Mitarbeiter erwarten. Das hemmt unsere Entwicklung schon.

Stefanie Bergmann, stellvertretende Teamleiterin der Agentur für Arbeit in München spricht einen weiteren Aspekt an: Wenn die Schüler mit dem späteren Beruf konfrontiert werden, sei es nun bei Praktika oder auf Jobbörsen, ist es enorm wichtig, das diese Erfahrung positiv sei, so Bergmann. Die Auszubildende Katharina Reseneder bestätigt das: „Ich habe 30 Bewerbungen geschrieben und musste sehr lange auf Antworten warten. Bei der Fa. Rebl wurde ich sofort eingeladen und habe nach dem Gespräch auch schnell eine Zusage erhalten. Das hat auch meine Entscheidung beeinflusst. “

Potenzial im Handwerk

Für diejenigen Menschen, die im Handwerk Karriere machen wollen, gibt es gute Entwicklungsmöglichkeiten. Der Lebensarbeitsverdienst eines Handwerksmeisters liegt durchschnittlich 100.000 Euro über dem eines Uniabsolventen in sozialen Berufen. Die Arbeitslosenquote ist bei Meistern geringer als unter Akademikern. Und im Handwerk nicht zu unterschätzen, aus Nachwuchs kann Nachfolge werden, denn 200.000 Betriebe benötigen in den kommenden Jahren einen neuen Chef.

Lösungsansätze

Anreize sind fraglos vorhanden. Was für Möglichkeiten gibt es also und was kann der einzelne Betrieb tun, um das Handwerk attraktiver zu machen? Prof. Dr. Franz Boos, wissenschaftlicher Leiter der dualen Hochschule München, stellte zwei Konzepte vor: Die Studienmodell Verbundstudium und Studium mit vertiefter Praxis verbinden Studium und Ausbildung miteinander und schließen mit einem Bachelor ab, das Verbundstudium zusätzlich mit einem Berufsabschluss. Mit beiden Modellen hat man an den teilnehmenden Hochschulen gute Erfahrungen gemacht. Im Wintersemester 17/18 waren 7.256 Studierenden eingeschrieben. Dazu Prof. Dr. Franz Boos: „Unser Fokus liegt natürlich auf den Abiturienten, denen die z.B. in Handwerksbetrieben mal die Nachfolge antreten möchten.“Ein Beispiel zum Thema Handwerk 4.0 aus dem eigenen Betrieb hatte Thomas Mürdter. Sein Intranet ist auf aktuellen technischen Stand und ermöglicht den Mitarbeitern eine einfache Kommunikation innerhalb des Unternehmens und die Nutzung verschiedenster Dienste, ähnlich wie in einem Industriebetrieb. Nichts ersetzt jedoch den persönlichen Kontakt. Ulrich Krenn listete Möglichkeiten auf, mit denen Maler und Stuckateure ihren Betrieb attraktiver präsentieren können. Nach wie vor erfolgversprechend soll sein, regelmäßigen Kontakt zu Schulen und Berufsschulen vor Ort zu pflegen und einen Stand auf Jobmessen vor Ort in den Kalender einzuplanen. Ebenfalls sinnvoll ist die Durchführung von Girls-Days oder ähnlichen Aktionen. Keinesfalls fehlen sollte ein aktiv bespielter Social-Media-Auftritt um bei Jugendlichen zu punkten.

Expertentipps gab es auch zum Thema: Wie binde ich langjährige Mitarbeiter an meinen Betrieb? Beispielsweise sollte die Erfahrungen der Älteren für die Ausbildung der Jüngeren im Rahmen von Patenschaften genutzt werden. Auch in Bezug auf Fortbildung sollten man die Älteren nicht vernachlässigen, denn wer sich gut eingebunden fühlt, bei dem wächst auch das Zugehörigkeitsgefühl.

Fazit: Der Fachkräftemarkt hat sich vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt entwickelt. Der Fachkräftemangel wird sich eher noch verschärfen. Es kommt also viel auf das Verhalten der Betriebe bei der Nachwuchsgewinnung an. Diese sollten offen sein für neue Wege der Kommunikation. Das gilt auch für den eigentlichen Bewerbungsprozess.

Weitere Informationen:
www.hochschule-dual.de


Hans Peter Wollseifer, Präsident HWK, 2018

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