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Von Farben – Farcen – Fakten

Betrieb & Markt News Unverdünnt aufgetragen
Von Farben – Farcen – Fakten

Von Farben – Farcen – Fakten
Foto: Florian Kunde / Adobe Stock

„Es braucht keine Farbe, um schwarzzu- malen.“ Der Schweizer Kolumnist Stefan Wittlin hat schon recht. Denken wir nur an die täglichen Nachrichten, zum Beispiel diese: Die neue Bundesregierung will „die Rente durch die Erwerbsbeteiligung Älterer stärken“ und widerspricht sich gleichzeitig mit: „Es wird keine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters geben.“ Dabei brauchen nicht nur wir, die arbeitsintensiven Handwerke, angesichts der demografischen Entwicklung das Können und die Erfahrung der agilen Älteren – und viele von denen das „Noch-Gebrauchtwerden“ auch.

Bundestag blau

Nein, nicht unsere Abgeordneten sind blau – von denen einige gelegentlich auch – nur deren Sitze. Die Farbe des Geistes und Intellekts hat man aber wohl nicht gewählt, weil sie unseren Parlamentariern durchgängig gemäß ist, sondern weil sie bei der Auswahl noch unpolitisch neutral war und von keiner Partei fürs Corporate Identity beansprucht wurde – was sich seit dem Einzug der AfD (deren lichtblaues Panier vielleicht besondere Helle einbläuen soll), geändert hat. Vielmehr entschied sich der Stararchitekt Norman Foster, wie Architekten bekanntermaßen oft, zunächst für graue Sitze, wogegen aber die Abgeordneten in seltener Einmütigkeit vehement protestierten. Überliefert ist das Schreckensbild, das sich ein namhafter SPD-Politiker ausmalte: „Graue Männer mit grauen Haaren in grauen Anzügen auf grauen Sesseln vor grauen Tischen auf grauem Teppich und rundherum graue Wände – wen packt da nicht das Grauen?“ (Von den Frauen im Bundestag war in diesem Zusammenhang damals nicht die Rede). Kurz, der Verfechter der „Farbenleere“ gab, mehr überredet als überzeugt, nach und beauftragte einen Designer – ein Malermeister hätte das genauso gut ge- konnt – einen Farbton zu finden, und der schlug das sogenannte „Reichstag Blue“ vor, das sich der Architekt, so heißt es, schließlich sogar patentieren ließ. So kam’s zu einer geeigneten Lösung, denn Blau, wir wissen das, senkt den Blutdruck und mindert, wenn im Hohen Haus mal wieder die einen das Blaue vom Himmel versprechen, bei den anderen die Aufregung. Das freilich nur, wenn man die Wirkung nicht „verhintert“, sondern die Farbe rundum auf sich einwirken lässt. Dies sichern unsere Parlamentarier aller Couleur, indem sie bei vielen Sitzungen einfach blaumachen. Blau macht halt schlau. Falls sich Ihr Winterurlaub wegen Corona in blauen Dunst auflöst, tröstet vielleicht das nebenstehende Zitat.

German Blue

Übrigens: Bei der Farbwahl hintergründig und auch modisch nicht farblos, Angela Merkel, die bei wichtigen Terminen auffallend oft blaue Blazer trägt. „Merkel-Blau“, wie es Journalisten nennen. Blau, übrigens mit fast 40 Prozent Lieblingsfarbe der Deutschen, steht zudem für Vordenker und Planer. Das weiß auch unsere neue, beileibe nicht farblose Außenministerin. „Sie will ernst genommen werden“, leitet eine Farbpsychologin aus deren häufigem Outfit in „German Blue“ ab. Auf ihrer politischen Fahrt ins Blaue ist sie mit der Farbe des klaren Denkens nicht nur gut gekleidet, sondern hoffentlich auch stets so gut geleitet, dass ihr Blauhelmeinsätze und andere blaue Wunder erspart bleiben.

Dschungel soll gelichtet werden

20.000 Bauvorschriften, davon allein 4.000 Normen – normal ist das nicht. Deshalb will die baden-württembergische Wohnungsbauministerin, die in diesem Jahr turnusmäßig Vorsitzende der Bauministerkonferenz ist, diesen Dschungel von undurchsichtigem wucherndem Gestrüpp und Schlingpflanzen lichten, die beim Bauen im Weg sind und unnötig viel Geld verschlingen. Dazu braucht’s allerdings Mehrheiten, Mut -und Macheten. Wird nur ein bisschen rumgeschnippelt, bleibt’s beim selben Dickicht in Grün.

Bloß kein Neid

Im Zusammenhang mit einer Erweiterung unserer Notfall- und Nachlassmappe – die Malermeister im Arbeitskreis REFA haben und aktualisieren diese Dokumentensammlung seit vielen Jahren – fragte der Notar den Klienten auch nach der Höhe des Vermögens, nach dem sich die Rechnung, von ihm Kostennote genannt, bemisst. War mir gar nicht gegenwärtig, dass eine Leistung gleichen Umfangs und gleicher Güte zu Vergütungen führt, die fast von null bis in die Tausende gehen können – so, als würden wir für einen Quadratmeter „Drüberschleifen und frisch lackieren“ von einem Minderbemittelten acht, von einem Wohlhabenderen 800 Euro einstreichen. Nie richtig erschlossen hat sich mir auch, warum wir Handwerker gewerbesteuerpflichtig sind, Freiberufler dagegen, obwohl sie die kommunale Infrastruktur genauso nutzen, nicht nur davon befreit, sondern auch weder zu doppelter Buchführung noch zu komplizierten Steuererklärungen verpflichtet sind. Kostennoten statt Kalkulation und Gewerbesteuerfreiheit aus Tradition. Gelb vor Neid über die Rahmenbedingungen dieses Berufsstandes? Nein, wie sagte schon Wilhelm Busch: „Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung.“

Flugunfähig lackiert

Die Qatar Airways sieht rot und fühlt sich gelackmeiert: Weil die Lackierung des A350 den Temperaturschwankungen nicht standhält und abblättert, muss fast die Hälfte der Maschinen am Boden bleiben. Ob Airbus die Flieger nur geairbrusht hat? Jedenfalls ist auch bei deren Image jetzt der Lack ab – und für das Abblättern müssen sie wohl viel hinblättern.

Für die närrischen Tage

Es muss wohl auch dieses Jahr ohne farbige Umzüge, Helau und Alaaf gehen. Wem nicht nur diese Folge von Corona zu bunt ist, sei an eine Pointe nach Ernst Fertl erinnert: „Wer sich grün und blau ärgert, bringt auch Farbe in sein Leben“.


PraxisPlus

Autor Werner Schledt war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.

Werner Schledt

Gangstraße 35 c

60388 Frankfurt/Main

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Johann Wolfgang von Goethe

Um zu begreifen, dass der Himmel überall blau ist, braucht man nicht in die Welt zu reisen

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