Der fachgerechte Beschichtungsaufbau aus Grundierung, Zwischen- und Schlussanstrich gehört zu den größten Herausforderungen des Handwerks. Denn die Bandbreite der Untergründe ist extrem. In der Praxis arbeiten Maler und Lackierer auf Hölzern unterschiedlichster Art, ebenso auf Stahl, Eisen, Kunststoff, Aluminium, Kupfer oder auf mineralischen Untergründen. Genauso vielfältig sind die äußeren Bedingungen: geschützt im Innenraum oder draußen der Witterung ausgesetzt, mechanisch belastet oder lediglich zur Dekoration gedacht, im prallen Sonnenlicht oder im Halbdunkel. Erst aus dem Zusammenspiel aller Faktoren ergibt sich ein spezifisches Anforderungsprofil.
VOB Teil B, Paragraph 4 – Untergründe prüfen
Am Anfang steht die Bewertung der rechtlichen Grundlagen. Seit 1926 ist die VOB, die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, das wichtigste Regelwerk bei der Vergabe und Durchführung von Bauaufträgen. In VOB Teil B, DIN 1961, sind die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen geregelt. Unter Paragraph 4, Ausführung, Abschnitt 3 heißt es: „Hat der Auftragnehmer Bedenken
· gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren),
· gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder
· gegen Leistungen anderer Unternehmer,
so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen. Der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich. Damit”, so der Kommentar zur VOB Teil C, DIN 18363 Maler- und Lackierarbeiten, „obliegt dem Auftragnehmer die allgemeine Beurteilung und Prüfung des Untergrundes.” Und weiter: „Für die spezielle Beurteilung und Prüfung des Untergrundes für Maler- und Lackierarbeiten reicht diese allgemeine Formulierung jedoch nicht aus. Aus diesem Grund ist in der ATV (Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen) die Prüfung und Beurteilung des Untergrundes besonders erwähnt.”
„Nur die Oberfläche des Untergrundes kann beurteilt werden. Nicht sichtbare oder anderweitig nicht erkennbare Mängel im Beschichtungsuntergrund müssen als verdeckt vorliegende Mängel gewertet werden“, – soweit der Kommentar zur DIN 18363. Die mangelnde Haftung der Altbeschichtung auf diesem Foto hingegen ist eindeutig.
VOB Teil C, DIN 18363
In der VOB Teil C, DIN 18363 sind diesbezüglich folgende Hinweise zu lesen: „Ergänzend zur ATV DIN 18299, Abschnitte 3, gilt:
3.1. Allgemeines
3.1.1. Der Auftragnehmer hat bei seiner Prüfung Bedenken insbesondere geltend zu machen bei
· absandendem und kreidendem Putz
· nicht genügend festem, gerissenem und feuchtem Untergrund
· Sinterschichten
· Ausblühungen
· Holz, erkennbarer Bläue, Fäulnis oder Insektenbefall
· nicht tragfähigen Grund- oder Altbeschichtungen
· korrodierten Metallbauteilen
Auch hier hilft der Kommentar dabei, die Anwendung der ATV DIN 18363 in der Praxis zu erleichtern: „Obwohl zu Abschnitt 3.1.1. nichts Näheres ausgesagt wird, kann es sich bei der vorgeschriebenen Prüfung und Beurteilung des Untergrundes hinsichtlich seiner Eignung für Maler- und Lackierarbeiten nur um die Feststellung sichtbarer oder anderweitig erkennbarer Mängel sowie um baustellenübliche Prüfungen handeln. Es kann daher als Prüfung des Untergrundes für Maler- und Lackierarbeiten nur die Oberfläche des Untergrundes beurteilt werden. Für den Auftragnehmer nicht sichtbare oder anderweitig nicht erkennbare Mängel im Beschichtungsuntergrund müssen als verdeckt vorliegende Mängel gewertet werden.”
Aus VOB Teil C, DIN 18299, Abschnitt 4.2.8. kann zudem geschlossen werden, dass weitergehende Maßnahmen wie beispielsweise Labor- und tiefergehende Baustellenprüfungen mit speziellen Prüfgeräten keine Nebenleistungen sind, sondern gesondert auszuschreiben und zu vergüten sind.
BFS Merkblatt Nr. 20 – Die wichtigsten Prüfmethoden
Im Kommentar zur DIN 18363, 3.1.1. findet sich ein weiterer für Maler und Lackierer entscheidender Hinweis: „Die wichtigsten Prüfmethoden, der Umfang der Prüfung, die Erkennungsmöglichkeiten sowie technische Hinweise und Maßnahmen, die bei der Feststellung eines Mangels zu ergreifen sind, sind in dem BFS Merkblatt Nr. 20 festgelegt.”
In der Tat spielen die vom Bundesausschuss für Farbe und Sachwertschutz (BFS) herausgegebenen Merkblätter im Tagesgeschäft von Malern, Lackierern, Planern, Architekten, Herstellern, Händlern sowie Sachverständigen, Bauherren und Investoren eine sehr wichtige Rolle. Die Merkblätter beschreiben praxisorientiert die anerkannten Regeln der Technik und auch die aktuellen DIN-Normen und andere technische Regeln fließen regelmäßig mit ein.
Der Teil 2 der Beitragsreihe beschäftigt sich detailliert mit dem BFS-Merkblatt Nr. 20 und gibt in Form von Muster-Formulierungen Beispiele dafür, wie Bedenken form- und fristgerecht angemeldet werden können.