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Robuste Leichtgewichte

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Robuste Leichtgewichte

Das Landschaftsbild in Norddeutschland wird seit jeher von traditionellem Sichtmauerwerk geprägt. Doch auch in anderen Regionen werden Steinfassaden immer beliebter. Mithilfe von Meldorfer Flachverblendern lassen sich auch wärmegedämmte Fassaden mit einer Steinoptik versehen – und das in jeder individuellen Farbstellung.

Autoren: Ingo Seligmann, Susanne Sachsenmaier-Wahl

Vor allem in Norddeutschland oder in den Niederlanden sind Steinfassaden – meist Klinkerfassaden – schon seit Jahrhunderten sehr beliebt. Denn diese sind Putz- oder Holzfassaden im rauen und nassen Klima überlegen. In der Verarbeitung ist Klinker allerdings aufwendiger als beispielsweise Putz. In der Regel wird eine Klinkerfassade als zweischaliges Mauerwerk ausgeführt, um eine Dämmung der Außenwand zu erhalten. Die innere Wand ist dabei das tragende Mauerwerk, die vorgesetzte Klinkerschale dient als Witterungsschutz. Zwischen diese und die äußere Klinkerwand wird die Dämmung gepackt.

Mit deutlich weniger Aufwand lassen sich Fassaden mithilfe eines Wärmedämm-Verbundsystems energetisch optimieren. Die direkt auf das tragende Mauerwerk verklebte Dämmung auf Mineralwolle-, EPS- oder Polyurethanbasis erhält dabei meist einen Putz als Witterungsschutz. Wo eine Steinoptik gewünscht ist, kann diese entweder mit Klinkerriemchen (das sind echte Klinker, die nur ein bis zwei Zentimeter dick sind) oder aber anderen Verblendern ebenfalls problemlos umgesetzt werden.

Steigende Nachfrage

Seit mittlerweile mehr als 40 Jahren werden beispielsweise in der Original Meldorfer Manufaktur in Schleswig-Holstein solche Verblender produziert. Hergestellt werden Meldorfer Flachverblender aus Sanden, gemahlenen Steinen, Füllstoffen und Bindemittel. Längst erfreuen sich die in traditioneller Handarbeit hergestellten Verblender auch außerhalb Norddeutschlands einer hohen Nachfrage. „In den zurückliegenden sechs Jahren haben wir die Produktion mehr als verdoppelt“, erklärt Werksleiter Ulrich Krückeberg. 2021 lieferte die Manufaktur Verblender für eine Fläche von rund 320.000 Quadratmetern. Etwa 2.000 Einfamilienhäuser ließen sich damit gestalten. Für das laufende Jahr erwartet man erneut ein deutliches Absatzplus von 20 bis 25 Prozent.

Doch worauf ist die Beliebtheit der Meldorfer Flachverblender zurückzuführen? Im Vergleich zu Vollsteinen und Klinkerriemchen lassen sich die nur vier bis sechs Millimeter starken Verblender durch ihr geringes Gewicht deutlich zeit- und kostensparender verarbeiten. Auch statisch kommt das Systemgewicht von nur fünf bis sechs Kilogramm pro Quadratmeter Fassadenfläche zum Tragen. Die Verblender lassen sich unabhängig von der Dämmstoffstärke auf allen Fassadendämmsystemen sowie auf vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden sicher verarbeiten. Anders als bei klassischen Systemen mit Hartbelägen kann eine zusätzliche Verdübelung entfallen und die Dämmung kommt mit einem Klebeflächenanteil von nur 40 Prozent aus. In puncto Langlebigkeit sind die Meldorfer Verblender mit Klinkerriemchen vergleichbar: durch ihre Frostbeständigkeit, UV-Stabilität und die hohe mechanische Belastbarkeit des Materials ist das Gebäude über lange Zeit zuverlässig vor Witterungseinflüssen geschützt.

Unkomplizierte Verarbeitung

Auch hinsichtlich der Verarbeitung können die Meldorfer Verblender punkten. Aufgrund ihrer geringen Dicke lassen sie sich mithilfe einer speziellen Winkelschere bequem auf das benötigte Maß zuschneiden. Das geht nicht nur einfacher und schneller als mit einer Trennscheibe, sondern auch stromunabhängig. Um ein homogenes Fassadenbild zu erzielen, sollten vor der Verlegung alle Verblender aus dem Karton genommen und gemischt werden.

Die Verklebung der Verblender sowie die Fugenausbildung erfolgen in einem Arbeitsschritt mit einem Material. Hierfür wird der zum System gehörenden Ansatzmörtel mit einer Zahnkelle gleichmäßig aufgezogen. Anschließend werden die Verblender mit schiebender Bewegung vollflächig in den Ansatzmörtel eingedrückt. Unmittelbar nach der Verklebung der Verblender verstreicht man den Mörtel im Fugenbereich mit einem angefeuchteten schmalen Flachpinsel gleichmäßig und arbeitet ihn ringsum an die Flanken der Verblender an. Dies verhindert, dass Wasser durch die Fugen eindringen kann. Nach kurzer Trocknung wird die Fläche mit einem weichen Besen abgebürstet, um lose Mörtelteile zu entfernen. Diese Arbeitstechnik mit den leicht zurückspringenden Fugen verleiht der Fläche das gewollte plastische Bild. Eine ausführliche Verarbeitungsanleitung bietet folgendes Video: bit.ly/3mHxDaH.

Gestalterische Vielfalt

Doch seine technischen Eigenschaften sind längst nicht alles, was den Meldorfer Verblender so beliebt macht. Aus gestalterischer Sicht beeindruckt vor allem die Vielfältigkeit des Materials. Die mineralischen Rohmassen als Ausgangsmaterial lassen sich in nahezu alle Formen und Farben verändern. Neben klassischen Lösungen in Klinkeroptik sowie großen Formaten, länglichen Formen, variierenden Fugenbildern und Oberflächen in Holz-, Naturstein- und Betonoptik reicht das Spektrum bis zu komplexen künstlerischen Gestaltungslösungen. Während die Herstellung des Ausgangsmaterials maschinell erfolgt, werden die Oberflächen der Flachverblender in traditioneller Handarbeit akzentuiert. Ihren Feinschliff erhalten sie durch die gekonnte Bearbeitung mit Werkzeugen wie Besen, Spachteln Glätten und Kellen.

Weil ArchitektInnen oft sehr präzise Vorstellungen von der Farbe und Oberflächenbeschaffenheit von Fassaden haben, bietet die Meldorfer Manufaktur in Nindorf zweitägige Workshops an. In diesen können die Planer ihre eigenen Flachverblender mit der gewünschten Narbung oder Besandung entwickeln. Unterstützt werden sie dabei durch die hauseigene Coloristikabteilung. Bei rund zwei Dritteln aller Verblender, die das Meldorfer Werk verlassen, handelt es sich um individuelle objektspezifisch gefertigte Oberflächen, die allesamt in der Datenbank des Unternehmens erfasst sind. Und damit das Gesamtbild stimmig ist, ist selbstverständlich auch der dazugehörige Ansatzmörtel individuell abtönbar.

Vom Militärbau zum Wohnquartier

Auch für die Umwandlung der ehemaligen Magdeburger Kaserne Ravensberg in ein modernes Wohnquartier mussten individuelle Verblender angefertigt werden.

Während die drei um einen ruhigen Innenhof gruppierten Gebäude des sogenannten „VirchowQuartiers“ heute im Inneren durch modernen Wohnkomfort bestechen, ist der architektonische Charme der von 1880 bis 1890 für die preußische Armee erbauten Häuser an der Fassade wieder erkennbar. Eine Herausforderung stellte dabei der stark zerstörte Ostflügel des Ensembles dar. Von ihm war nur noch das Erdgeschoss und ein Teilstück des Turms vorhanden und er musste deshalb neu aufgebaut werden. Architektonisch sollte der Neubau so an die historischen Häuser angepasst werden, dass der Ensemblecharakter erhalten blieb. Dabei wollte man den Neubauteil jedoch nicht an den Bestand angleichen, sondern klar von den Altbauten abgrenzen und als moderne Ergänzung kenntlich machen. Allein durch die Farbgebung und die Ziegelhaut des Neubaus wird heute der Bezug zu den historischen Fassaden hergestellt. Ein alter Klinker wurde hierfür in die Meldorfer Manufaktur geschickt. Passend zu diesem Original-Klinker wurden die Verblender für den wärmegedämmten Neubau produziert. Die neue Oberfläche wirkt vielleicht ein bisschen brillanter als die historische, dennoch erscheint das Ensemble dank der individuell gefertigten Verblender heute harmonisch und in sich geschlossen.

Weitere Fotos:
www.malerblatt.de

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