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Leindotter als Bindemittel - Vom Acker in die Lackdose- Malerblatt Online

Leindotter
Vom Acker in die Lackdose

Wenn das Bindemittel für einen Bautenlack auf dem Acker wächst – klingt das für die meisten erst einmal wie eine Fantasiegeschichte. Doch sie ist – zumindest zu einem Teil – schon Realität. Beim Farben- und Lackhersteller Caparol hat der Leindotter Einzug in die Rezepturen einiger Lacke und Lasuren gehalten.

Autorin I Fotos: Susanne Sachsenmaier-Wahl

Dr. Aaron Breivogel, der für das Projekt „Nachhaltige Holzveredelungsprodukte auf Basis von Leindotter“ in der DAW-Forschung und Entwicklung verantwortlich zeichnet, erklärt: „Leindotter ist heute so selten, dass er auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland steht.“ Leindotter ist eine alte Kulturpflanze, gehört zur Familie der Kreuzblütler. Leindotter unterdrückt durch seine bodennahe Blattrosette das Wachstum von Unkraut.  Das reduziert den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, wenn Leindotter als Mischkultur mit anderen Nutzpflanzen angebaut wird. „Außerdem erhöht Leindotter die Artenvielfalt und bietet bedrohten Insektenarten Futter, da er in einer Zeit gelb blüht, in der das Blütenangebot der konventionellen Landwirtschaft gering ist“, ergänzt Dr. Aaron Breivogel. Und „ganz nebenbei“ vertilgen diese Insekten Pflanzenschädlinge.

Leindotter statt Erdöl

Für die DAW, zu denen Caparol gehört, waren das gute Gründe, um auf die Gewinnung eines Lackbindemittels auf der Basis von Leindotter zu setzen. Hinzu kommt, dass der Anbau des Leindotters gemeinsam mit Erbsenpflanzen erfolgt und somit in keiner Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht. Vielmehr erhöhe der Mischfruchtanbau den Gesamtertrag der Fläche und stärke das Ökosystem, erklärt Dr. Breivogel: „Die Erbsenpflanzen können am Leindotter hochranken, was ihr Wachstum positiv beeinflusst.“ Das DAW-Projekt, das Landwirtinnen und Landwirte dafür gewinnen will, von der Erbsen-Monokultur zum Mischfruchtanbau zu wechseln und die dafür notwendige nachhaltige Wertschöpfungskette aufbaut, wird vom Bundesumweltministerium bis 2022 im Bundesprogramm „biologische Vielfalt“ gefördert. Fachlich betreut wird es vom Bundesamt für Naturschutz (BfN). Verglichen mit reinem Erbsenanbau konnten im vergangenen Jahr alle Landwirte (trotz der anhaltenden Trockenheit im Sommer 2018) im Mischfruchtanbau höhere Erträge verbuchen, während der Einsatz an Pflanzenschutzmitteln geringer ausfiel. Im Rahmen des Projektes wird eine Studie zur Biodiversität auf den Feldern durchgeführt. Die Biologin Dr. Stefanie Göttig untersucht hierbei über einen Zeitraum von drei Jahren die Artenvielfalt an Insekten auf den Mischfruchtfeldern und vergleicht diese mit Erbsen-Monokulturen.

Vom Samen zum Bindemittel

Nachdem die Leindottersamen von den wesentlich größeren Erbsen getrennt wurden, kommen sie in eine Ölmühle zum Pressen. Der dabei entstehende Presskuchen wandert keineswegs in den Abfall. Er kann als hochwertiges Futtermittel für Tiere dienen.

Für die Lackherstellung ist jedoch das Leindotteröl von Interesse. Aus diesem wird ein Bindemittel hergestellt, das als Bestandteil von Holzveredelungsprodukten dient. Beim wasserverdünnbaren PU-Lack „PU-AlkydGeo“ beträgt der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen im Bindemittel 50 Prozent, beim „Holz-ÖlGeo“ gar 67 Prozent. Damit kann der Einsatz fossiler Rohstoffe deutlich reduziert werden. Von einem „Greenwashing“, also einem PR-Gag, bei dem sich Caparol ein „grünes Mäntelchen“ umhängen will, kann also nicht die Rede sein, betont Aaron Breivogel. „In unser Geo-Konzept werden nur Produkte aufgenommen, bei denen im Bindemittel mindestens 50 Prozent der Rohstoffe nachwachsende sind.“

Die neuen Lacke im Test

In ökologischer Hinsicht bringt die Entscheidung für ein Produkt aus der Geo-Linie also in jedem Fall einen Gewinn, hinzu kommt das gute Gewissen für den Kunden. Doch wie steht es um die Qualität der neuen Lacke und Lasuren? Wie schneiden sie hinsichtlich Verarbeitung, Verlauf und Beständigkeit ab? Das wollte das Malerblatt für Sie testen. Also schlüpfte ich ein weiteres Mal in den weißen Kittel und traf mich mit dem technischen Produktbetreuer und Malermeister Yannick Heil in der Anwendungstechnik von Caparol.

Yannick Heil präsentiert mir zunächst die Produkte, die gegeneinander „antreten“ sollen: Der wasserverdünnbare Lack „PU-Alkyd Geo“, der wasserverdünnbare Acryllack „Capacryl PU-Satin“ und der aromatenfreie lösemittelhaltige Alkydharzlack „Capalac Seidenmattlack“. Auf die Frage, wie es zu dieser Auswahl kam, erklärt mir Yannick Heil: „Der neue Geo-Lack liegt irgendwie zwischen diesen beiden konventionellen Produkten.“ Aufgrund seiner wasserbasierten Rezeptur sei er eher mit „Capacryl PU-Satin“ vergleichbar, hinsichtlich der Eigenschaften aber mit dem lösemittelhaltigen „Capalac“. Hier führt Yannick Heil beispielsweise die leichte Vergilbungsneigung des innovativen Geo-Lackes an, die dem öligen Bindemittel geschuldet ist.

Bevor ich schließlich zum Pinsel greifen darf, trägt Yannick Heil die drei Lacke auf Kontrastkarten auf. Anhand dieser Testflächen vergleichen wir die Deckkraft sowie den Verlauf. Hinsichtlich der Deckkraft schneiden alle drei Produkte sehr gut ab, einen Unterschied kann ich nicht ausmachen. Beim Verlauf hat der lösemittelhaltige Lack minimal die Nase vorn. Beim Auftrag mit der Rolle dürfte jedoch kaum ein Unterschied auszumachen sein. Dann endlich darf ich selbst den Pinsel schwingen – und ich bin positiv überrascht: mein Favorit hinsichtlich der Verarbeitung ist der neue Lack! Er lässt sich sehr geschmeidig verstreichen, dagegen fühlt sich der Acryllack etwas zäher an. Yannick Heil bestätigt das: „Das Geo-Produkt hat eine längere Offenzeit als PU-Satin.“ Schließlich schnuppere ich noch an den Lackoberflächen. Während der lösemittelhaltige Lack hinsichtlich des Geruchs deutlich schlechter abschneidet, ist bei den wasserbasierten Produkten kaum ein Unterschied auszumachen. Beide sind ziemlich geruchsneutral, beim Geo-Lack glaube ich einen Hauch mehr Lösemittel zu erahnen.

Neue Generation Lasuren und Öle

Bei den Lasuren, die ich anschließend auf Holzbrettern teste, fällt das Testergebnis ganz ähnlich aus wie bei den Lacken: Als Verarbeitungsfavorit wähle ich wiederum die Produktneuheit (nein, ich bin nicht von Caparol gekauft!), weil sie regelrecht über die Holzoberfläche „flutscht“, während die zur Konkurrenz stehende wasserbasierte Capadur DecorLasur deutlich mehr zieht und zäher ist. Die lösemittelhaltige Capadur UniversalLasur bekommt von mir Punktabzug wegen ihres Geruchs. Da sie nur für den Außenbereich zugelassen ist, dürfte das zwar nicht allzu sehr ins Gewicht fallen; angenehm für den Verarbeiter ist es dennoch nicht.

Was mich etwas stutzig macht, ist die Tatsache, dass die neue Geo-Lasur fungizid eingestellt ist. Ist das nicht ein Widerspruch bei einem ökologischen Produkt? Aaron Breivogel gibt mir zunächst Recht. Selbstverständlich seien Fungizide eine Belastung für die Umwelt. Doch er ergänzt: „Unter dem Strich ist das Produkt dank der zugesetzten Fungizide nachhaltiger und somit ökologisch, weil die mit der Lasur geschützten Hölzer länger halten, folglich weniger Bäume gefällt werden müssen.“ Man muss wohl für Kompromisse offen sein …

Zum Schluss darf ich noch das neue Geo-Holzöl testen. Überrascht bin ich beim Öffnen der Dose: Das wasserverdünnbare Dekorations- und Pflegeöl für Holzbauteile im Gartenbereich (Gartenmöbel, Zäune, Pergolen, etc.) sieht auf den ersten Blick aus wie Schokoladenpudding. Stichfest sozusagen. Nach kurzem Rühren mit dem Rührholz verflüssigt sich die Konsistenz aber bald und das Öl lässt sich bequem mit dem Pinsel auftragen. Wie bei anderen Ölen auch, empfiehlt es sich, den Materialüberschuss nach kurzem Ablüften mit einem fusselfreien Lappen zu entfernen. Auf diese Weise ist die Herstellung ansatzfreier Flächen beinahe ein Kinderspiel.

Praxistauglich

Mein Fazit nach dem Werkstattbesuch in Ober-Ramstadt fällt eindeutig aus: die neuen Geo-Lacke und -Lasuren sind absolut praxistauglich und stehen den konventionellen Produkten hinsichtlich Qualität und Verarbeitungseigenschaften in nichts nach. Und wenn man als Maler beim Veredeln und Schützen von Holzoberflächen ganz nebenbei auch noch die Umwelt und die Ressourcen schonen kann, dann gibt das sicherlich nicht nur dem Kunden ein gutes Gefühl.

Wünschenswert wäre deshalb der Ausbau des Produktsortiments aus nachwachsenden Rohstoffen. Caparol-Markenmanager Wolfgang Hoffmann gibt sich zuversichtlich: „Beim Leindotter-Projekt ist es gelungen, Qualität und Ökologie zu vereinen und damit dem Handwerk hochwertige Produkte für Kunden an die Hand zu geben, die nachhaltig und ressourcenschonend handeln wollen“, freut er sich. „Für Caparol ist das ein weiterer Schritt, das Sortiment in punkto nachwachsende Rohstoffe weiter auszubauen.“

Weitere Informationen zur CapaGeo-Produktfamilie:
bit.ly/2NXbWBn


PraxisPlus

Mit dem Projekt „Nachhaltige Holzveredelungsprodukte auf Basis von Leindotter“ gewann die DAW bei den GreenTec Awards 2018 in der Kategorie „Bauen & Wohnen“. In insgesamt zwölf Kategorien wurden die weltweit besten Projekte ausgezeichnet, die sich für Umwelt- und Ressourcenschutz engagieren und einen nachhaltigen Lebensstil alltagstauglich machen.



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