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Wann ist es behaglich?

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Wann ist es behaglich?

Seit Januar 2015 ist der Viva-Forschungspark für vergleichende Baustoffe in Wopfing bei Wien in Betrieb. In zwölf Forschungshäusern aus unterschiedlichen Baustoffen werden reale Wohnsituationen simuliert und Zusammenhänge zwischen Baustoffen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit erforscht.

Autorin: Barbara Wiedemann | Fotos: Martin Mansel

Baustoffe und Bauweise haben einen Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden. Durch Erkenntnisse wissenschaftlicher Untersuchungen aus Bauphysik, Bauchemie und Medizin wissen wir heute, welche Parameter für ein gesundes Gebäude relevant sind und welche die Wohnqualität dauerhaft verbessern.

Gute Wärmedämmung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Energieeffizienz. Wichtigste Voraussetzung für ein ausgeglichenes und gesundes Raumklima ist eine geringe Schwankung der inneren Oberflächentemperatur der Außenwände. Diese wird durch eine gute Wärmedämmung und durch große speicherfähige Massen sowie eine hohe Wärmeleitfähigkeit des Wandbildners erzielt.

Energieeffizientes Bauen bedeutet eine immer luftdichtere Bauweise. Wird unzureichend gelüftet, bleiben etwaige Schadstoffe länger im Raum. Baustoffe sollten deshalb frei von Schadstoffen und diffusionsoffen sein sowie eine gute Feuchtespeicherfähigkeit aufweisen.

Raumklima regulieren

Die Innenbeschichtung kann schon bei wenigen Zentimetern eine gute Feuchtepufferung und Regulierung des Raumklimas bewirken. Bei einer Ziegelwand erfüllt diese Anforderung ein mineralischer Innenputz mit dampfdiffusionsfähiger mineralischer Innenfarbe. Kalkhaltige und kalkzementgebundene Innenputze mit hoher Offenporigkeit zeigen hier eine gute Wirkung. In Kombination damit eignen sich Wandfarben mit einer hohen Dampfdiffusionsfähigkeit, wie mineralische Farben oder Dispersionssilicatfarben.

Betonwände werden häufig nur gespachtelt und gestrichen, was einen geringen Nutzen für die Feuchteregulierung hat. Ein Innenputz schafft hier eine deutliche Verbesserung. Bei der Holzriegelbauweise mit Gipskartonbeplankung ist die Situation vergleichbar mit Beton. Bei der massiven Holzbauweise übernimmt Holz die feuchtepuffernde und feuchteregulierende Funktion.

Wann ist es behaglich?

Wesentlich für ein behagliches und gesundes Wohnklima sind die Raumtemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit. Wir fühlen uns bei einer relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent und bei einer Raumtemperatur zwischen 20 und 22 Grad Celsius ( °C) am wohlsten.

Die Differenz der Lufttemperatur zur Oberflächentemperatur sowie der Temperaturunterschied zwischen Fußboden und Decke sollte nicht mehr als vier Grad Celsius betragen. Wird die Oberflächentemperatur eines Gebäudes durch verbesserte Wärmedämmung erhöht, geht bei gleichbleibender Lufttemperatur die Wärmeabgabe des Körpers durch Wärmestrahlung zurück. Die Abkühlung der Raumluft an den Oberflächen wird verringert. Das Entstehen von Kaltluftschichten am Boden wird unterdrückt.

Bei Hitze halten gedämmte Häuser die Raumtemperatur auf erträglichen Werten. Massive Gebäude unterstützen den Kühleffekt und sorgen für konstantere Raumtemperaturen. Langzeitmessungen zeigten: Dämmung schützt vor sommerlicher Überhitzung. So lagen auch in Hitzeperioden von bis zu 36 °C Außentemperaturen die Raumtemperaturen in den gedämmten Massivhäusern aus 25er-Ziegeln sowie Beton zwischen 24 °C und 27 °C. Im ungedämmten Haus (Altbestand, 25er-Ziegel ohne Dämmung) war es mit 30 °C hingegen warm. Neben der Dämmung hat auch die Speichermasse der Wandkonstruktion einen entscheidenden Einfluss auf die Raumtemperatur. Massive Wände sorgen für konstantere Raumtemperaturen und im Sommer für ein kühleres und angenehmeres Raumklima.

Die Forscher simulierten einen Heizungsausfall und schalteten in allen Häusern den Strom und die Heizungen für 48 Stunden ab. So wies das ungedämmte Ziegelhaus (Altbestand, 25er-Ziegel) nach zwei Tagen nur noch eine Raumtemperatur von 4 °C und eine Wandtemperatur von 1 °C auf. Die gedämmten Massivhäuser (25er-Ziegel bzw. Beton) hielten nach 48 Stunden ohne Heizung sowohl bei Raum- als auch bei Wandtemperaturen Werte zwischen 14 und 17 °C.

Wandbildner mit höherer Speichermasse, wie Ziegel oder Beton, kühlen langsam ab, sie heizen sich aber auch nicht so zügig wieder auf. Andererseits kühlen Häuser in Holzriegelbauweise mit Gipskartonbeplankung aufgrund der geringeren Masse schnell aus, erwärmen sich aber auch rasch wieder.

Raumluftfeuchte

Als angenehmes Raumklima empfinden wir einen Bereich zwischen 40 und 60 Prozent relative Luftfeuchtigkeit. Eine Luftfeuchte unter 30 Prozent führt zur Austrocknung der Schleimhäute von Nase und Rachen sowie zu trockenen Augenbindehäuten. Auch die Staubbildung wird bei niedriger Luftfeuchte gefördert. Darüber hinaus können sich in trockener Luft Bakterien und Viren länger schwebend halten. Dies und die Austrocknung der Schleimhäute erhöhen das Infektionsrisiko.

Die Feuchtigkeit kondensiert vor allem in der kalten Jahreszeit an Wänden sowie in kühlen Raumecken und kann zu Schimmelbildung und Schäden an Bauteilen führen. Im Winter sollte daher die relative Luftfeuchtigkeit den Wert von 45 bis 50 Prozent (je nach Bauweise und Alter) nicht dauerhaft überschreiten.

Relative Luftfeuchtigkeit

Je höher die Temperatur, desto mehr Wasser kann die Luft aufnehmen.

Innenputze haben einen spürbaren Feuchtepuffereffekt. In Häusern mit Innenputz auf Kalk- und Kalkzementbasis werden die Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit stärker gedämpft – das Raumklima ist ausgewogener. Zwei Wochen lang führten die Forscher im Forschungspark spezielle Messungen der Raumluftfeuchte durch. Dabei wurden alle Häuser je nach Jahreszeit dreimal pro Tag befeuchtet (je 110 Gramm Wasser) und zwei- bis dreimalmal pro Tag belüftet (je 30 Kubikmeter für 1,5 Stunden). Die Ergebnisse der Messungen zeigten eindeutig: Mineralische, diffussionsoffene Innenbeschichtungen haben einen spürbaren Feuchtepuffereffekt und sorgen für ein ausgewogeneres Raumklima. Hervorzuheben ist auch die sehr gute Feuchtepufferfähigkeit des Massivholzhauses.

Die Feuchtepufferfähigkeit von Beton ist im Vergleich zu anderen Baustoffen gering. Bereits mit einer dünnen Schicht von 1,5 bis 2 Zentimetern verbessern Kalk- beziehungsweise Kalkzementinnenputze das Raumklima. Faktoren, die unsere Raumluft beeinflussen, sind physikalische und chemische: Starke Schwankungen der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur, Luftströmungen und erhöhte Feinstaubbelastungen können zu einer Schädigung der Atemwege, Beeinträchtigung der Lungenfunktion und sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Lösemittel, Formaldehyd, CO2, VOC und Rauch können von Möbeln und Fußbodenlacken, Abflussrohren oder von der Außenluft herrühren und dabei die persönliche Befindlichkeit stören und sogar Stress auslösen. VOCs sind flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compound), welche von Lösungsmitteln, Farben, Lacken oder Klebern herrühren können.

Sichere Bauprodukte

Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBT) hat die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) mit dem Stand 31.August 2017 veröffentlicht. Darin werden recht genaue Anforderungen an die gesundheitsrelevanten Eigenschaften der verwendeten Bauteile, Bausätze und Baustoffe in Bezug auf die Innenraumhygiene und den Gesundheitsschutz der Bewohner gestellt. Diese Anforderungen werden gestellt an bauliche Anlagen, Bauteile und Baustoffe mit direktem als auch indirektem Kontakt zum Innenraum, das heißt auch für solche Produkte, die zwar mit anderen Produkten verkleidet oder abgedeckt, aber nicht diffusionsdicht abgeschottet sind.

Maximale Grenzwerte von Emissionen durch Baustoffe in Innenräumen sind beispielsweise VOC-Emissionen nach aktueller NIK-Liste zu prüfen und einzuhalten. Die Anforderungen an VOC-Emissionen werden anhand von Prüfkammertests nach der prEN 16516:2015–05 bestimmt. Darüber hinaus ist der Einsatz von kanzerogenen und mutagenen Stoffen in vorgenannten Baustoffen und Bauteilen unzulässig, wenn eine Gesundheitsgefährdung der Bewohner nicht ausgeschlossen werden kann.

Weitere Fotos:
www.malerblatt.de


Als angenehm behaglich empfinden es die meisten Menschen, wenn der Mittelwert zwischen Lufttemperatur und der Oberflächentemperatur bei 20 bis 22 °C liegt. Dabei sollte die Differenz der Lufttemperatur zur Oberflächentemperatur sowie der Temperaturunterschied zwischen Fußboden und Decke nicht mehr als 4 °C betragen.

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