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Aerogel-Dämmung: Mit Hightech zur Behaglichkeit

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Aerogel-Dämmung: Mit Hightech zur Behaglichkeit

Die superschlanke Aerogel-Dämmung war viele Jahre hauptsächlich im Flugzeug- und Raketenbau vorzufinden. Doch seit einigen Jahren kann das Hightech-Material auch als Innendämmung für Gebäude überzeugen. Eine spezielle Applikationsweise macht die Verarbeitung nicht nur sicher, sondern auch effizient.

Autorin: Susanne Sachsenmaier-Wahl | Fotos: Sto

Denkmalgeschützte oder erhaltenswerte Fassaden, Mehrparteienhäuser oder Grenzbebauungen – bei vielen Bestandsgebäuden kommt eine Außendämmung nicht infrage. Um diese Gebäude dennoch energetisch optimieren zu können, wird seit vielen Jahren auf Innendämmungen zurückgegriffen. Werden Gebäude nur zeitweise genutzt, wie das etwa bei Vereinsheimen, Kirchen etc. der Fall ist, kann eine Innendämmung sogar die sinnvollere Lösung sein.

Auch wenn die anfänglichen bauphysikalischen Probleme der ersten Innendämm-Systeme zwar weitestgehend der Vergangenheit angehören, besteht ein großer Nachteil der Innendämmung bis heute: die (teilweise gravierende) Verringerung der nutzbaren Raumfläche.

Aerogel-Dämmung  setzt neue Maßstäbe

Vor knapp zehn Jahren brachte Sto die erste Aerogel -Dämmung auf den Markt, mit dem das Raumflächenproblem plötzlich an Bedeutung verlor. Denn aufgrund ihrer sensationellen Wärmeleitfähigkeit von 0,016 W/(mK) (zum Vergleich: Kalziumsilicatplatten liegen bei etwa 0,062 W/(mK), Mineraldämmplatten bei etwa 0,042 W/(mK)) genügen bereits extrem dünne Aerogel-Dämmplatten (je nach Wandbildner 15 bis 40 Millimeter) zur Erreichung der geltenden gesetzlichen Vorschriften. Aerogele wurden ursprünglich in der Raumfahrt, etwa zur Isolation von Raumanzügen, eingesetzt. Es handelt sich um Festkörper, die zu über 90 Prozent aus luftgefüllten Poren bestehen. Diese winzigen Poren sorgen dafür, dass die Energieübertragung, die ja über die Bewegung der Luftmoleküle stattfindet, extrem heruntergefahren wird. Aerogele zählen daher zu den effizientesten Dämmstoffen und weisen eine sehr hohe Schallabsorption auf. Auch das extrem geringe Gewicht von Aerogeldämmstoffen ist auf die Porenstruktur zurückzuführen. Ein Liter dieses Materials wiegt nur 70 bis 100 Gramm und ist somit zehnmal leichter als Wasser. Das Rohmaterial zur Herstellung von Aerogel ist amorphes Siliziumdioxid, das dem Maler und Stuckateur besser als Kaliwasserglas oder Silicat bekannt sein dürfte. Dieser rein mineralische Rohstoff bildet die Grundlage für den höchst leistungsfähigen Dämmstoff. Wasserdampf und Feuchtigkeit können problemlos durch das Aerogel entweichen. Gleichzeitig haben aber selbst feinste Wassertröpfchen keine Möglichkeit, sich ein- oder anzulagern und die Dämmleistung dadurch zu reduzieren.

Kleberschicht mit Funktion

Die Aerogel-Dämmung von Sto ist diffusionsoffen, das heißt, sie kommt ohne Dampfsperre aus. Ermöglicht wird dies durch einen kapillaraktiven Spezialklebe- und Armierungsmörtel. Die Schichtdicke des Klebers, die, abhängig von der Dicke der Dämmplatte zwischen fünf und zehn Millimeter beträgt, besitzt die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen. Anfallende Feuchte durchdringt das diffusionsoffene Dämmsystem und fällt in der Kleberschicht aus, wo sie kapillar verteilt, zwischengespeichert und zeitverzögert durch Verdunstung wieder abgegeben wird. Der Mörtel fungiert also als Kleber und Funktionsschicht zugleich. Zusammen mit der Dämmplatte, den Zwischen- beziehungsweise Schlussbeschichtungen und dem Armierungsgewebe bildet er ein in sich geschlossenes System.

Bei der Entwicklung der Aerogel-Dämmung für innen wurde das Taupunktmanagement also der Kleberschicht zugewiesen. Daraus ergibt sich, dass an die Kleberschicht hinsichtlich ihrer Dicke und ihrer vollflächigen Ausführung klare Forderungen gestellt werden. Nur so wird zum einen die notwendige definierte Speicherkapazität pro Flächeneinheit erreicht. Zum anderen muss die Konvektion dauerhaft und sicher unterbunden werden, um Schimmelbildung hinter dem System zu verhindern. Zur Erfüllung dieser Vorgaben wurde die Kleberschichtdicke in Abhängigkeit von der Dämmstoffdicke festgelegt. Bei einer Dämmstoffstärke bis 20 Millimeter sind fünf Millimeter Kleber vorgeschrieben, zwischen 20 und 40 Millimeter Dämmstoffstärke müssen zehn Millimeter Kleberschicht aufgebracht werden.

Sichere Verarbeitung der Aerogel-Dämmung

Damit Fachhandwerker all diese Forderungen möglichst einfach einhalten können, leistet der Hersteller seit Langem Unterstützung in Form neuer, sicherer Klebeverfahren. So entstand zunächst das PFB-Klebeverfahren (Parallel-Floating-Buttering-Verfahren). Das Verfahren beinhaltet eine speziell entwickelte Zahntraufel und ein neues Applikationsverfahren. Bei der Traufel wurde die Zahnung so optimiert, dass bei der Verklebung in Verbindung mit dem neuen Applikationsverfahren die aufgezahnten Kleberstränge perfekt ineinander verschmelzen, damit Konvektion ausgeschlossen wird. Zudem ermöglicht die Traufel in Verbindung mit dem speziellen Applikationsverfahren eine definierte Schichtdicke des Klebers. In der Praxis wird der Kleber mit der entsprechenden Zahntraufel (für 5 oder 10 Millimeter Kleberschicht) auf Wand und Dämmplatte aufgetragen. Entgegen der bisher üblichen Vorgehensweise wird die Wärmedämmplatte dann aber hochkant an die Wand geklebt. Die Kleberstränge auf der Wand und der Dämmplatte verlaufen also parallel. Dadurch entsteht ein nahezu luftporenfreies Kleberbett mit exakt der jeweils definierten Kleberschichtstärke.

Mit maschineller Unterstützung

Um das Innendämmsystem noch schneller und wirtschaftlicher einbauen zu können, schob Sto vor Kurzem ein weiteres Klebeverfahren nach. Das so genannte „Sto-Vibra-Klebeverfahren“ soll bis zu 60 Prozent Arbeitszeit sparen. Technische Voraussetzung sind zwei speziell entwickelte Werkzeuge: eine zum Klebesystem gehörige Zahntraufel und ein „Vibraboard“. Mit der Spezial-Traufel braucht der Kleber nur noch auf die Wand aufgezahnt zu werden. Der Kleberauftrag auf der Dämmplatte entfällt. Die geforderten Kleberschichtdicken von fünf bis zehn Millimetern lassen sich in einem Arbeitsschritt erledigen. Das bedeutet für den Handwerker eine deutliche Zeitersparnis. Durch das vollflächige und luftporenfreie Kleberbett wird zudem Konvektion verhindert und für eine dauerhafte und sichere bauphysikalische Funktionalität gesorgt.

Zum Einschwimmen der Platte kommt schließlich das „Vibraboard“ zum Einsatz. Mithilfe eines Profi-Akkuschlagbohrers versetzt das Werkzeug die Dämmplatte in Vibration, sodass diese mühelos perfekt einschwimmt. Das Resultat: vollflächige und luftporenfreie Verklebung der Dämmplatte mit dem Untergrund. Diese innovative Technologie macht die Verarbeitung von Innendämmsystemen für Fachhandwerker nicht nur sicherer, sondern auch wirtschaftlich attraktiver.

Für den Zuschnitt der Aerogel-Platten ist übrigens keine Maschinentechnik notwendig. Sie lassen sich ganz einfach mithilfe eines Cuttermessers schneiden. Als Zwischen- und Schlussbeschichtung für das Aerogel-Dämmsystem eignen sich diffusionsoffene silicatische oder kalkgebundene Produkte.

Nicht billig, aber preiswert

Selbstverständlich gibt es das Hightech-Produkt Aerogel nicht zum Schnäppchenpreis. Die Kosten für Aerogel-Dämplatten betragen ein Vielfaches von dem herkömmlicher Platten. Allerdings dürften sich die Mehrkosten für die innovative Innendämmung besonders in großen Ballungsgebieten mit eher kleinen Wohnungen und teuren Quadratmeterpreisen schnell bezahlt machen. Auch für Investoren ist dieser Raumgewinn von Bedeutung, vor allem dann, wenn das Gebäude erst nach einer energetischen Sanierung veräußert werden soll. Denn je nach Lage des Objekts bedeutet jeder Quadratmeter mehr auch einen deutlich höheren Verkaufspreis.

Und überall dort, wo nicht um jeden Quadratmeter gegeizt werden muss, kann die Hightech-Dämmung zumindest in Laibungen oder in Heizkörpernischen für maximale Dämmung bei minimaler Dämmstoffstärke sorgen. Denn die Platten können mit anderen diffusionsoffenen Dämmsystemen des Herstellers problemlos kombiniert werden.

Ein Video zum Dämmsystem gibt es hier: https://binged.it/39x0YMy

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Die Aerogel-Innendämmung wird von Sto unter der Bezeichnung „StoTherm In Aevero“ angeboten.

Weitere Informationen:

www.sto.de

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