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Gesetzliche Normen für Leitern, Tritte und Fahrgerüste

Steigtechnik
Unfälle minimieren

Um das Absturzrisiko von Leitern, Tritten und Fahrgerüsten zu minimieren, sollte die gewählte Steigtechnik nicht nur sicher und stabil sein, sondern auch ergonomische Kriterien und gesetzliche Normen – wie die jetzt mit den Änderungen für Teil 4 veröffentlichte EN 131 für tragbare Leitern oder die derzeit überarbeitete EN 1004 für Fahrgerüste – erfüllen. Volker Jarosch, Geschäftsbereichsleitung Steigtechnik Serie bei Hymer-Leichtmetallbau, erläutert die aktuell gültigen Vorgaben.

Fotos: Hymer

Bei der Fertigung folgen Ihre Produkte konsequent den aktuellen Normvorgaben für die jeweilige Produktgruppe. Welchen Vorteil haben die Anwender hierdurch?

Volker Jarosch: Das bringt nicht nur den Anwendern, sondern beiden Seiten einen Vorteil: Für uns als Hersteller sind sie die Richtlinie für die im Produktsicherheitsgesetz festgelegte Forderung, ausschließlich sichere, nicht gesundheitsgefährdende Produkte auf den Markt zu bringen. Der Anwender, der so ein normkonform gefertigtes und entsprechend gekennzeichnetes Produkt erwirbt, kann darauf vertrauen, dass das Produkt mit höchster Sorgfalt hergestellt wurde und ihm eine – dem Konsens der Fachleute nach – verkehrsübliche Beschaffenheit und bestmögliche Sicherheit beim Einsatz gewährleistet.

Die im Maler- und Lackiererhandwerk am häufigsten eingesetzte Arbeitshilfe sind tragbare Leitern. Für die Herstellung gilt die europäische Norm EN 131, die seit einigen Jahren überarbeitet wird. Was hat sich inzwischen geändert?

Volker Jarosch: Bereits seit 2018 gilt die Änderung, dass Anlegeleitern wie Schiebe- oder Seilzugleitern ab einer Länge von drei Metern grundsätzlich eine Standverbreiterung vorweisen müssen. Mit der nun veröffentlichten neuen Fassung des vierten Teils der EN 131 müssen auch Gelenkleitern wie Teleskopleitern oder Vielzweckleitern, die als Anlegeleiter in ausgefahrenem Zustand eine Länge von drei Metern überschreiten, mit einer Standverbreiterung ausgestattet sein. Eine gängige Konstruktion hierfür ist eine Traverse. Diese Querbalken gewährleisten zwar eine verstärkte Standsicherheit der Leiter. Für den Transport und die Lagerung der Arbeitshilfe sind die breiten Bauteile eher unpraktisch. Wir hatten schon zur Reform der Teile 1 bis 3 der EN 131 für einige betroffene Leitern in unserem Sortiment eine Alternative entwickelt: klappbare Ausleger, die ebenfalls die erforderliche Stabilität garantieren, sich darüber hinaus durch ihre Verstellmöglichkeit an die räumliche Situation vor Ort anpassen und nach dem Einsatz platzsparend zusammenklappen lassen.

Welche weiteren Änderungen bringt die jetzt veröffentlichte EN 131–4 mit sich?

Volker Jarosch: Eine weitere Änderung betrifft Vielzweckleitern mit 4 x 3 Sprossen, die eine Möglichkeit des Aufbaus als Arbeitsbühne bieten. Diese müssen von uns als Hersteller künftig inklusive einer passenden Plattform ausgeliefert werden.

Welche Normvorgaben gilt es für Fahrgerüste zu berücksichtigen?

Volker Jarosch: Hier gilt die europäische Norm EN 1004, die ebenfalls aktuell überarbeitet und in Kürze veröffentlicht wird. Für Hersteller wird sie eine gravierende Änderung mit sich bringen: Bisher galt die EN 1004 nur für fahrbare Arbeitsbühnen und Fahrgerüste ab einer Standhöhe von 2,5 Metern. Diese Einschränkung entfällt: Künftig gilt die Norm für alle Fahrgerüste, sozusagen ab einer Standhöhe von 0 Metern. Eine weitere Änderung wird den Auf- oder Abbau von Fahrgerüsten betreffen. In diesen Phasen sind Anwender besonders gefährdet, da die sichernden Geländerteile und Streben erst im Verlauf angebracht werden. Die neue Fassung der EN 1004 wird vorsehen, dass Fahrgerüste so konstruiert sein müssen, dass bereits während des Aufbaus ein kontinuierlicher Seitenschutz gewährleistet ist. Auch in dieser Produktgruppe bieten wir bereits seit Langem Lösungen, die die zu erwartenden neuen Vorgaben der EN 1004 vollständig erfüllen. Die Fahrgerüste 8472, 8771, 8171 und 8371 aus unserem Profisortiment basieren auf dem von uns entwickelten Comfortaufbau. Diese, für den intensiven Dauereinsatz gefertigten, massiven Fahrgerüste sind für einen stabilen Stand entweder mit Fahrtraverse oder mit den von uns patentierten Bajonett-Auslegern ausgestattet, die sich vom Boden aus montieren lassen. Auch die Fahrgerüst-Serie Advanced Safe-T mit patentiertem Sicherheitsgeländer, das von unten in die Bühne eingeklinkt und über selbstsichernde Haken arretiert wird, bietet viel Sicherheit.

Was kann der Anwender tun, um das Risiko eines Absturzunfalls beim Arbeiten auf einer Leiter zu senken?

Volker Jarosch: Die Risikominimierung beginnt schon bei der Auswahl der passenden Steigtechnik für den jeweiligen Einsatzzweck. Hier unterstützen die Technischen Regeln für Betriebssicherheit, die sich auf den betrieblichen Einsatz von Leitern beziehen: die TRBS 2121–2. Eine wesentliche Vorgabe der Betriebssicherheitsverordnung wie auch der TRBS 2121–2 ist, dass Unternehmen, deren Mitarbeiter an höhergelegenen Stellen arbeiten, grundsätzlich zuerst eine Gefährdungsbeurteilung durchführen müssen. Geprüft werden Aspekte wie die Komplexität und die Dauer der geplanten Tätigkeit, der Höhenunterschied oder das bauliche Umfeld. Auf Basis dieser Gefährdungsbeurteilung wird entschieden, welches Arbeitsmittel zum Einsatz kommt – ob eine Leiter, ein Fahrgerüst oder eine Hebebühne. Klare Richtlinien gibt die TRBS 2121–2 auch für den Einsatz vor: Bei der Verwendung der Leiter als Verkehrsweg – also als Zugangshilfe zu einem höhergelegenen Arbeitsplatz – dürfen bis zu einer Zustiegshöhe von maximal fünf Metern geeignete Sprossen- oder Stufenleitern eingesetzt werden. Liegt der Arbeitsplatz darüber, muss eine Alternative verwendet werden, zum Beispiel ein Treppengerüst wie unser Treppen-Fahrgerüst 6273 mit Fahrtraverse. Ist die Leiter selbst der Arbeitsplatz, dürfen ausschließlich Produkte verwendet werden, auf denen der Anwender mit beiden Füßen fest auf einer mindestens 80 Millimeter tiefen Stufe oder einer Plattform stehen kann. Hier bieten wir beispielsweise mit der beidseitig begehbaren Holz-Stufenstehleiter 71499, der Stufenstehleiter 4024 mit eloxierten Holmen, der Stufenstehleiter 4026 mit Plattform und eloxierten Holmen und der teleskopartig bis zu vier Metern ausziehbaren Alu-Diele Telesteg 6859 auf die Anforderungen im Malerhandwerk abgestimmte Produkte. Die Nutzung der Leiter als Arbeitsplatz ist jedoch zusätzlich zeitlich reguliert: Bis zu einer Standhöhe von zwei Metern ist die Nutzung uneingeschränkt, bei einer Standhöhe ab zwei Meter und bis fünf Meter nur für den Zeitraum von maximal zwei Stunden erlaubt. Ab einer Standhöhe von fünf Metern muss generell ein alternatives Arbeitsmittel gewählt werden, beispielsweise ein Fahrgerüst wie unser klappbares Fahrgerüst 6177 – ein leichtes, flexibles Arbeitsgerüst mit einer TRBS-konformen Arbeitsfläche sowie kompakten Lager- und Transportmaßen.

Viele Unternehmen haben ja noch Leitern und Fahrgerüste im Betrieb, die nach einer alten Norm produziert wurden. Was geschieht nun mit dem Altbestand?

Volker Jarosch: Für den vorhandenen Bestand bei den Anwendern oder im Handel gibt es keinen akuten Handlungsbedarf. Normen wie die EN 131 und die EN 1004 richten sich an die Hersteller, die bei Änderungen nach Ablauf der jeweiligen Übergangsfrist alle Produkte ausschließlich nach den Vorgaben der neuen Fassungen produzieren müssen. Auch wenn die Normänderungen der Verbesserung der Arbeitssicherheit dienen, bleiben auch nach alter Norm produzierte Leitern oder Fahrgerüste rechtskonform und gelten nicht automatisch als unsicher. Da Unternehmer ihre Arbeitsmittel gemäß Betriebssicherheitsverordnung in regelmäßigen Abständen entsprechend einer Gefährdungsbeurteilung prüfen müssen, empfehlen wir jedoch, beim Neukauf auf normkonform produzierte Produkte zu achten.

Weitere Informationen:
www.hymer-alu.de



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