Startseite » Betrieb & Markt » Betriebsführung »

Controlling Teil 3

Betriebsführung Malerblatt Wissen
Controlling Teil 3

Bevor wir den Gemeinkostenzuschlagssatz und weitere Kennzahlen ermitteln können, muss zunächst die betriebliche Jahreskapazität bekannt sein.

Als Maßstab für die Kapazität gelten im Malerhandwerk die geleisteten produktiven Arbeitsstunden. In Unternehmen, die über ein digitales Zeiterfassungssystem verfügen, lassen sich diese Stunden sehr exakt ermitteln. Ist eine Zeiterfassung nicht vorhanden, bedarf es zusätzlicher Berechnungen.

Die folgende Ausführungen beziehen sich auf ein Praxisbeispiel mit folgender Kernbelegschaft:

· 1 Unternehmer

· 6 Gesellen

· 1 Lehrling

Außerdem sind noch Zeitarbeitnehmer und unproduktive Aushilfen temporär beschäftigt.

Produktive Gesellenstunden

Für die Ermittlung der produktiven Gesellen ist zunächst die durchschnittlich im Jahr beschäftigte Gesellenzahl festzustellen. Nur zeitweise beschäftigte Mitarbeiter sind auch nur anteilig zu rechnen, wobei für einen voll beschäftigten Monat mit einem Wert von 0,08 Gesellen gerechnet werden kann. Außerdem ist die durchschnittliche tägliche Arbeitzeit bezogen auf den gesamten Beschäftigungszeitraum zu ermitteln. Schließlich benötigt man noch die durchschnittlichen produktiven Arbeitstage eines Gesellen im Jahr. Für das Praxisbeispiel gilt:

· Durchschnittlich beschäftigte Gesellen: 6,00 Personen

· Tägliche Arbeitszeit 8,0 Std./Tag

· Durchschnittliche produktive Arbeitstage 210,0 Tag/Jahr

· Gesamtstunden Gesellen 10.080,0 Std./Jahr

Bei den ermittelten Gesamtstunden der Gesellen handelt es sich nicht immer um die tatsächlich produktiv gearbeitete Zeit. Je nach Betriebsorganisation und Auftragsstruktur können noch folgende unproduktive Zeiten anfallen, sofern sie als Arbeitszeit vergütet werden:

· Materialbeschaffung und -bereitstellung

· Fahrten von und zur Baustelle

· Baustellenwechsel außerhalb von Pausen

· Fortbildungen

· Besprechungen mit Kunden und Architekten

· Baustellenschriftverkehr und Aufmaße

· Nacharbeiten.

Werden in unserem Beispielbetrieb für diese unproduktiven Zeiten durchschnittlich 0,80 Stunden je Tag angesetzt, entspricht dies bei einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden einem unproduktiven Anteil von 10 Prozent. Die direkt verrechenbaren Gesellenstunden ergeben sich dann wie folgt:

Gesamtstunden von 10.080 Stunden/Jahr x 90 Prozent = 9.072 Stunden/Jahr

Produktive Aushilfen

Die produktiven Stunden für den Unternehmer und für produktive Aushilfen werden aufgrund von Aufzeichnungen festgestellt oder einfach geschätzt. Diese Stunden werden zu den Gesellenstunden hinzugerechnet.

Gewerbliche Lehrlinge arbeiten produktiv an der Leistungserstellung mit. Deshalb ist eine Aufteilung in einen produktiven und einen unproduktiven Lohnanteil notwendig. Der Produktivanteil eines Auszubildenden ist abhängig vom Lehrjahr, dem individuellen Leistungsvermögen und dem betrieblichen Einsatz. Im Vergleich zu einem Facharbeiter liegt der Produktivanteil in der Regel zwischen 35 Prozent und 65 Prozent.

Im Praxisbeispiel wird angenommen, dass Lehrlinge aufgrund von Fehlzeiten (Berufsschule, überbetriebliche Ausbildung, Urlaub, Feiertage und Krankheit) dem Betrieb im Durchschnitt nur 30 Wochen im Jahr zur Verfügung stehen. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ergibt dies eine Bruttoanwesenheitszeit von 1.200 Stunden im Jahr. Wird diese Zeit mit dem Leistungsfaktor von 50 Prozent multipliziert, entspricht dies einer produktiven, gesellenäquivalenten Zeit von 600 Stunden im Jahr.

Für Zeitarbeitnehmer lassen sich die geleisteten Arbeitsstunden aus den Abrechnungen der Verleihfirmen entnehmen. Da die Zeitarbeitnehmer in den Betriebsablauf eingebunden sind, werden sie kostenrechnerisch wie eigene Gesellen behandelt. Deshalb ist bei ihnen wie bei den Gesellen mit einer unproduktiven Zeit (im Praxisbeispiel 10 Prozent) zu rechnen. Bei einer wesentlich geringeren Leistungsfähigkeit als die eigener Gesellen kann dieser Abschlag entsprechend größer ausfallen. Für das Praxisbeispiel gilt:

· Anzahl der geleisteten Gesamtstunden lt. Abrechnungen 680,0 Std./Jahr

· Unproduktiver Anteil 10,0 Prozent

· Direkt verrechenbare Stunden Zeitarbeitnehmer 612,0 Std./Jahr

Die Gesamtkapazität für unseren Beispielbetrieb ergibt sich nun folgendermaßen:

Zusammenstellung der direkt verrechenbaren Stunden im Jahr :

Gesellen 9.072 Std.

+ Unternehmer 300 Std.

+ Lehrlinge 600 Std.

+ Zeitarbeitnehmer 612 Std.

= Gesamtkapazität 10.584 Std.

Wird die Gesamtkapazität durch die direkt verrechenbaren Stunden eines Gesellen im Jahr geteilt, erhält man die durchschnittlich produktiv Beschäftigten:

Dieser rechnerische Wert wird benötigt für Betriebs- und Periodenvergleiche und für die Ermittlung zahlreicher Kennzahlen.

Personalkosten

Eine Aufteilung in produktive und unproduktive Lohnkosten ist leider in der Praxis nicht immer ganz einfach, jedoch die wichtigste Voraussetzung für die Berechnung des Gemeinkostensatzes. Nur die produktiven Lohnbestandteile, also die Zeit, in der tatsächlich beim Kunden oder in der Werkstatt gearbeitet wird, kann normalerweise direkt abgerechnet werden. Alle unproduktiven Anteile lassen sich nur im Gemeinkostensatz „verstecken“.

Weil die Buchhaltung meistens nicht den Erfordernissen der Kostenrechnung entspricht, sind noch ergänzende Berechnungen und Bewertungen vorzunehmen.

In einem ersten Schritt muss das Lohn- und Gehaltskonto um alle Werte bereinigt werden, die nicht die Gesellen betreffen. Häufig werden auf diesem Konto noch Löhne und Gehälter für folgende Beschäftigte und Sachverhalte gebucht:

· Zeitarbeitnehmer

· Gehälter, technisch

· Gehälter, kaufmännisch

· Gewerbliche Auszubildende

· Kaufmännische Auszubildende

· Geschäftsführergehälter

· Ehegattengehalt

· Tantiemen für Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter

· Vergütungen an angestellte Mitunternehmer

· Aushilfslohn, produktiv

· Aushilfslohn, unproduktiv

Nach Abzug aller nicht gesellenbezogenen Lohn- und Gehaltsteile ergibt sich der Bruttolohn der Gesellen. Auch dieser enthält noch unproduktive Bestandteile, sofern dafür keine eigenen Konten existieren. Als unproduktive Personalkosten der gewerblichen Arbeitnehmer gelten im Handwerk:

· Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

· Lohnfortzahlung an Feiertagen

· Ausbezahlte Urlaubslöhne inklusive zusätzlichem Urlaubsgeld

· Jahressondervergütung (sog. Weihnachtsgeld)

· Vermögenswirksame Leistungen (AG-Anteil)

· Gesetzliche Sozialaufwendungen (AG-Anteil)

· Zahlungen an die Ausgleichskasse abzüglich Rückerstattungen für Lohnfortzahlungen bei Krankheit

· Beiträge zur Berufsgenossenschaft

· Ausgleichsabgabe für Schwerbehinderte

· Freiwillige Sozialaufwendungen

· Urlaubskassenbeiträge abzüglich Rückerstattungen

· Aufwendungen für Altersversorgung

· Lohnsteuer, pauschaliert für Geringverdiener

Wie der Gemeinkostensatz rechnerisch aus der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt wird, zeigen wir im nächsten Teil.

 

 

Autor: Eberhard Schilling, Akademie für Betriebsmanagement und Meisterschule in Stuttgart
Quelle: Malerblatt 02/2012
Produkt des Monats
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 4
Ausgabe
4.2024
ABO

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de