Startseite » Betrieb & Markt »

Demo

Unverdünnt aufgetragen Mattes und Glänzendes aus dem Malerhandwerk
Demo

Werner Schledt

Demonstrationen gibt es derzeit viele. Die meisten richten sich gegen etwas. Ganz anders die der Handwerkskammer Rhein-Main am Tag des Handwerks. An einem der belebtesten Plätze Frankfurts sprachen rund drei Dutzend Meisterinnen und Meister, einheitlich magentafarben gekleidet, die Passanten an und sammelten schon innerhalb der ersten Stunde fast 1.000 Unterschriften für die Erhaltung des Meisterbriefes. In zahlreichen Gesprächen wurden die Interessenten auch darüber informiert, dass der Meisterbrief sogar zum Studium berechtigt, vor allem aber Qualität garantiert und fundierte Ausbildung sichert. Die sehr professionelle Aktion, bei der auch handwerkliches Können gezeigt wurde, bot mit den Cheerleadern der Frankfurter Eintracht einen zusätzlichen attraktiven Blickfang. Wenn eine Aktion so gut wie diese gemacht ist, erreicht sie zunächst ein paar Hundert oder Tausend Passanten – und über die Berichterstattung in den Medien noch mal Zehntausende. Die Demo „Ja zum Meister“ war eine meisterliche Maßnahme.
Geld oder Leben
Warum die Europäische Kommission lediglich die Meisterschaft im Handwerk, nicht aber die Qualifikationsnachweise anderer Berufe abschaffen will, bleibt ein Rätsel. Ein ungeübter Steuerberater kann den Kunden viel Geld kosten. Ein dilettantischer Elektriker vielleicht das Leben.
Appsolut
Durch den permanenten Zugang zum Netz kann einem Hören, Sehen und Verstehen vergehen. Fast die Hälfte aller von Emnid Befragten glaubt, dass sie durchs Internet geduldiges Zuhören verlernt, und rund 65 Prozent der Interviewten fällt es inzwischen schwer, längere Texte zu verstehen. Von den jüngeren Befragten, die nach Navi fahren, haben zwei Drittel ein Problem damit, eine Straßenkarte zu lesen. Vergessen und verlernt.
Jedes vierte Kind hat bereits ein Smartphone. „Ich bin abhängig, aber nicht süchtig“ sagte kürzlich ein interviewter Schüler. Für seinen Segelschein hat er sich ein „Buch mit sieben Siegeln“ und für wenige Euro eine App gekauft. Das Buch hat er kaum benutzt, die Prüfung aber bestanden. Wichtig und richtig, dass es auch zur Vorbereitung auf die Gesellenprüfung Apps gibt. Appsolut, alternativ: absolut!
Auf Mail-Diät gesetzt
Mails mutieren zu Monstern. Fast überall. Die BASF, so konnte man jetzt lesen, setzt ihre Mitarbeiter auf Mail-Diät und empfiehlt wieder häufiger zu telefonieren, also mehr miteinander zu reden. Für unumgängliche Mails gibt’s dort außerdem ein Kanon der Wortwahl und eine E-Mail-Etikette. Ob die Diät anschlägt?
Essen?
Darf man beim Kunstbetrachten essen? Viele sagen strikt nein. Für sie ist das Museum immer noch so etwas wie ein sakraler Raum, in dem man flüsternd zu staunen hat. Der amerikanische Farbfeldmaler Mark Rothko beantwortet auch die Umkehrfrage „Darf man beim Essen Bilder betrachten?“ mit einem entschiedenen Nein.
So hat er den Auftrag, einen Bilderzyklus für das „Four Seasons“-Restaurant zu malen zwar angenommen und, für viel Geld, auch ausgeführt, aber die Malerei dann nicht anbringen lassen und das Honorar zurückgegeben. Dass vor seinen Bildern gegessen werden sollte, war für ihn unvorstellbar.
Gut, dass die meisten die Verbindung zwischen Kunst und Kulinarischem zu genießen wissen. Ohne die Bilder wäre die Einkehr in manches Lokal nur halb so verlockend. Die von Armin Angert ausgemalte Traditionsgaststätte „Zum Gemalten Haus“ in Frankfurt ist nur ein Beispiel von vielen Malereien begabter Meister.
Noch dazu: Auch Goethe verlangte wohl Andacht vor der Kunst. So soll er einem Boten, der mit seiner Karre pfeifend am Straßburger Münster vorbeizog, mit den Worten „Willst Du wohl gefälligst staunen, Du Lümmel!“ sogar eine Ohrfeige verpasst haben.
Vor zuviel Grau graut’s vielen
Egal, ob Gewölk oder Gebäude, vor zuviel Grau graut’s den meisten. Friedrich Ernst von Garnier hat’s oft, besonders eindrucksvoll am Beispiel eines Seniorenheims in Köln bewiesen: Trotz allem Komfort wollte niemand in den anthrazitfarbenen „Sarkophag“ einziehen. Angenommen wurde der Neubau erst, nachdem er nachträglich ziegelsteinfarben gestaltet wurde. Deshalb überrascht auch eine unter der Überschrift „Die dunkle Seite der Stadt“ erschienene Meldung nicht, nach der 80 Prozent der von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung Befragten den nunmehr dort fertiggestellten dunkelgrauen Betonanbau des Sprengel-Museums vehement ablehnen. „Krematorium“, „Tschernobyl“ und „U-Boot-Bunker“ hieß es in Leserbriefen, und auch der Vorschlag, den Verpackungskünstler Christo mit einer Verhüllung zu beauftragen, wurde gemacht. Nur knapp 10 Prozent der Befragten graut es nicht vor dem Grau in der Stadt.
Die Verkäuferinnen in einer Filialbäckerei tragen nicht nur Kleidung in den Firmenfarben, auch ihre Haare sind einheitlich gefärbt. Das ist die totale Identifikation mit dem Laden.
Geschenkt
Höchste Zeit: Wer jetzt noch kein unverwechselbares Dankeschön für seine Kunden zu Weihnachten hat, wird wohl wieder eins verschicken, zu dem der Empfänger nur sagen kann: „Geschenkt!“ Ein Tipp: In manchen Ländern schenkt man erst zu Dreikönig. Machen Sie das doch auch mal: Schicken Sie Ihr Präsent zu Dreikönig, aber teilen Sie es den Kunden mit einer originellen Karte zu Nikolaus schon mit. Kommt doppelt gut an.
Da kann einem Hören und Sehen vergehen.
Mails mutieren zu Monstern.

PRAXISPLUS

Relevantes für die Branche entdecken, Anstöße geben, manche Dinge auf die Schippe nehmen – genau das macht Werner Schledt in seiner Kolumne „Unverdünnt aufgetragen“. Der Autor war jahrzehntelang Betriebsberater und Verbandsgeschäftsführer im hessischen Maler- und Lackiererhandwerk.
Werner Schledt
Gangstraße 35 c
60388 Frankfurt/Main
Tel.: (06109) 34208
Produkt des Monats
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Malerblatt 4
Ausgabe
4.2024
ABO

Malerblatt Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Malerblatt-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Malerblatt-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Malerblatt-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de