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Einfach machen!

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Einfach machen!

Thomas Schiek ist seit 2008 Landesinnungsmeister der Maler und Lackierer in Baden-Württemberg. Im Malerblatt-Interview beantwortete er Fragen zum Ehrenamt.

Herr Schiek, Sie sind jetzt seit knapp fünf Jahren Landesinnungsmeister in Baden-Württemberg. Sie waren davor und teilweise noch während dieser Zeit Obermeister der Innung Rems-Murr. Hatten Sie sich auch vorher schon ehrenamtlich fürs Malerhandwerk engagiert? Ja, selbstverständlich! Ich kam nicht und war sofort oben. Vor über 25 Jahren hatte ich mich beispielsweise als Lehrlingswart engagiert. Deshalb ärgere ich mich, wenn ich sehe, dass manche kommen, eine große Klappe haben und schnell alles durcheinanderwirbeln wollen. Und die danach gleich wieder weg sind.

Sie selber akzeptieren nicht, wenn Dinge bei den Innungen und Verbänden hingenommen werden, die verbesserungsfähig sind. Ja, so ist es. Aber zuerst einmal mein Bekenntnis zu den Institutionen: Meiner Meinung nach geht es nicht ohne Verbände, ohne Innungen, nicht ohne Landesinnungsverbände und natürlich auch nicht ohne den Bundesverband. Trotzdem muss man bestimmte Entwicklungen nicht hinnehmen.
Haben Sie ein Beispiel? Ja. Als ich als Landesinnungsmeister Baden-Württemberg anfing, hieß die Parole: keine Verbandstage mehr! Und ich sagte, doch, ich bringe den Verbandstag wieder auf die Füße. Ein Verbandstag ist nämlich die einzige neutrale Plattform für alle in der Branche innerhalb unseres Verbandsgebietes hier. Und diese Plattform kann eben nur ein Verband bieten, nicht die Industrie.
Aber trotzdem schwächeln ja etliche Innungen und Verbände. Wieso? Das liegt mit an der Altersstruktur. Das Problem in Zukunft wird sein, die passenden Ehrenamtsträger zu finden. Das gibt unser Hauptproblem der nächsten Jahre.
Sind Sie da wirklich so skeptisch?
Ja, das bin ich. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte: Kürzlich war ich bei einer Innungsversammlung und dort sollte ein Obermeister gewählt werden. Sie haben aber keinen gefunden, der das Amt übernehmen wollte. Es ging hin und her, und der eine sagte zum andern: mach du es. Dann bin ich aufgestanden und habe gesagt: meine Herren, das Amt des Obermeisters wird nicht verlost und jetzt unterbreche ich die Sitzung. Wir haben einfach die zukünftigen Obermeister nicht mehr. Dann vertrat ich in besagter Runde meinen Standpunkt und erläuterte, wie wichtig dieses Amt auf lokaler Ebene ist, dass es eine Wertigkeit hat und dass es deshalb nicht verlost oder versteigert wird. Man hat mit einem Ehrenamt durchaus auch politischen Einfluss.
Gibt es dazu ein Beispiel?
Ja, ein recht aktuelles: Kürzlich besuchten wir unseren Ministerpräsidenten Kretschmann. In dieser Runde waren nicht nur Maler – es war der Baden-Württembergische Handwerkstag, acht Kammerpräsidenten und acht Landesinnungsmeister – es war das Präsidium des Baden-Württembergischen Handwerkstags. Ein paar fehlten und so waren wir insgesamt 12 Personen bei ihm in der Villa Reitzenstein. Das war eine tolle Atmosphäre und es ging um Wirtschaft, um Politik, auch um Schulen.
Gab es da keine Berührungsängste, weil Winfried Kretschmann ein Grüner ist? Nein, er war völlig offen. Der politischen Landschaft in Baden-Württemberg und auch deutschlandweit hat dieser Wechsel recht gut getan. Früher bei der CDU hätten wir in so einer Konstellation keinen so zeitnahen Termin bekommen. Sowas wie jetzt bei Kretschmann gab es normalerweise nicht. Die CDU war nach 50 Jahren an der Spitze satt und auch ein bisschen arrogant.
Aber Grün ist bislang ja nicht die politische Farbe, die im Handwerk so sehr geschätzt wird. Oder jetzt doch?
Wir dürfen nicht immer gegen alles sein, was uns fremd oder ungewiss erscheint. Es kommen manchmal auch aus den uns eher noch etwas fremden politischen Lagern gute Ideen.
Herr Schiek, Sie waren zu Beginn Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten bekannt dafür, ab und zu einmal loszupoltern. Ist das auch das Markenzeichen des Thomas Schiek? Nein, das hat mit den Jahren nachgelassen. Ich sage aber immer noch laut und deutlich, was ich denke, da ist mir die direkte Art näher. Wir sind vom Bau, da muss man auch einmal klare und deutliche Worte sagen dürfen. Allerdings habe ich gelernt, über manche Dinge erst einmal zu schlafen. Ein russisches Sprichwort sagt: Der Morgen ist klüger als der Abend. Das lernte ich schon als Abteilungsleiter im Fußballverein. Damals sagte ich, wir machen erst am Montagabend Sitzung, doch nicht am Sonntag – da hätte man zu viel kaputtgemacht. Immer einmal darüber schlafen, immer!
Trotzdem stecken in Ihren Reden noch eine Menge Emotionen. Emotionen sollen da auch drinstecken. An mir ging ein Italiener oder ein Spanier verloren. Deshalb kommen manchmal eher zu viel als zu wenig Emotionen in die Reden. Aber gerade durch mein freies Reden lernte ich viel dazu. Früher bereitete ich mich vielleicht zu wenig vor. Manche Zuhörer meinen, ich hätte alles aus dem Ärmel geschüttelt. Das stimmt nicht. Ich denke vor einer Rede lange darüber nach, schreibe mir allerdings nur Stichworte auf oder Zahlen, nicht die ganzen Sätze oder gar die gesamte Rede.
Herr Schiek, Sie nehmen jede Menge Termine wahr. Ist das immer vereinbar mit Ihrem Betrieb? Das funktioniert deshalb sehr gut, weil mich meine Frau unterstützt und mir den Rücken freihält. Und weil ich unheimlich loyale Mitarbeiter habe. Man muss die Mitarbeiter mit einbinden. So wissen sie, was ich im Ehrenamt alles mache. Und man muss den Mitarbeitern gegenüber auch Lebensfreude zeigen und mit einbringen, mit ihnen reden, mit ihnen auch zusammensitzen und feiern. So kann ich immer auch zeigen, dass beim Schiek nicht nur eine große Klappe da ist, sondern, dass die Mitarbeiter hinter allem stehen und das erst ermöglichen.
Wird Ihnen das Ehrenamt nicht manchmal auch zu viel? Nein, bisher noch gar nie. Ich bewarb mich immer nur auf Ehrenämter, die ich selber auch gerne machen wollte. Und nach wie vor fahre ich auch zu den Innungen und nehme an Innungsversammlungen teil – allerdings nur, wenn die Einladung zeitlich mit einem entsprechenden Vorlauf kommt und wenn mein Vortrag auf der Tagesordnung steht. Ich werde nicht Hunderte Kilometer fahren und dann dort sagen „grüß Gott“. Ich möchte da schon Inhalte rüberbringen. Anders darf es ja auch nicht sein – die Fahrt zu einer Innung kostet den Verband ja auch Geld. Die Ämter, die ich innehabe, sind mir wichtig und die anderen gab ich im Laufe der Jahre auf. Und so engagiere ich mich nicht mehr für den Gewerbeverein und für andere Vereine. Man muss seine Tätigkeit im Ehrenamt immer wieder überdenken.
Wie machen Sie das mit Ihrem Betrieb? Da wird doch der Chef auch gebraucht. Stimmt. Bei den wichtigen Dingen mache ich auch keine Kompromisse – da bin ich nach wie vor persönlich vor Ort. Aber ich konnte administrativ vieles straffen, arbeite auch mit weniger Banken zusammen. Für den Bereich Werbung, Außenkontakte, Öffentlichkeitsarbeit stellte ich eine gute Mitarbeiterin auf Teilzeitbasis ein. Und meine Frau ist durch unser Farbenfachgeschäft vor Ort für Kunden und für Mitarbeiter erreichbar.
Jetzt noch zu einem Thema, das Ihnen immer am Herzen lag und noch liegt: die Akademie des Maler- und Lackiererhandwerks. Das ist ja eine Erfolgsgeschichte, doch durchaus mit Höhen und auch zwischendurch mit Tiefen. Wie steht für Sie heute die Akademie da? Ja, es ging auf und ab und wir haben Fehler gemacht. Ich sage jetzt hier aber einmal ganz unbescheiden: Ohne meine Beharrlichkeit würde es die Akademie in dieser Form nicht mehr geben, weil ich unglaublich für deren Fortbestand gekämpft hatte. Da steckte ich wirklich viel Energie hinein, was sich rückblickend auch voll gelohnt hat. Wichtig für die Zukunft des Maler- und Lackiererhandwerks ist es, eine neutrale Bildungseinrichtung zu betreiben. Und mit Nicole Stegmüller haben wir wieder eine Geschäftsführerin gefunden, die die Akademie weiter nach vorne bringt. Die Akademie ist also auf einem sehr guten Weg.
Herr Schiek, haben Sie für Ihren Alltag einen Leitspruch oder ein Erfolgsrezept? Meine Devise heißt: Bei allen Dingen, die man anfasst muss man wissen, welche Auswirkungen das haben kann. Oder ein bisschen salopper ausgedrückt: Wenn ich vorne am Teppich ziehe, dann muss ich wissen, wer hinten umfällt. Derjenige im Hintergrund ist wichtig, nicht derjenige vorne, den man sowieso immer im Auge hat.
Und mein Erfolgsrezept: Ich stehe dazu, wenn ich etwas falsch mache. Heutzutage ist es in der Gesellschaft ja oft so, dass die Suche nach Schuldigen beginnt und dass nur bei anderen gefragt wird: wer war es? Ich kann zu meinen Fehlern stehen. Und den folgenden Satz sage ich gerne hier im Interview: Alle Fehler, die ich bisher persönlich gemacht habe, muss ich selber verantworten.
Ihr Engagement als Landesinnungsmeister war hauptsächlich das Thema unseres Gesprächs. Am Schluss des Gesprächs aber noch einmal kurz zum Unternehmer Thomas Schiek. Gibt es im Betrieb auch eine Philosophie, mit der Sie besonders gut gefahren sind?
Ich gehe auf die Menschen zu, auf Mitarbeiter und auf Kunden. Und jeder kann sich auf mich verlassen. Wenn man mich braucht, bin ich da. Ich sage immer, wenn man etwas zusammen trinken kann, dann hilft man sich auch gegenseitig, wenn einer ein Problem hat. Das gehört dazu. Das Ergebnis zählt, sonst nichts. Für mich ist das Entscheidende: nicht herumdiskutieren, sondern machen. Einfach machen.
Herr Schiek, herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Ulrich Schweizer.

PRAXISPLUS

Thomas Schiek wurde 1965 in Schwäbisch Gmünd geboren. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Die Stationen des Unternehmers Thomas Schiek:
  • 1987 Wiedereröffnung des väterlichen Malerbetriebs (mit 22 Jahren)
  • 1987 Eröffnung eines Fachgeschäftes für Farben, Tapeten und Bodenbeläge
  • 1999–2008 Vorsitzender des Gewerbevereins Urbach; ehrenamtliche Aktivitäten in Sportverein und Kirche
  • Seit 1990 in verschiedenen Ausschüssen und im Vorstand der Maler- und Lackiererinnung Waiblingen
  • Seit 1999 Obermeister der Innung Waiblingen
  • Seit der Fusion bis 2013 Obermeister Gesamtinnung Rems-Murr
  • Seit 2005 stellvertretender Landesinnungsmeister und seit September 2008 Landesinnungsmeister Baden-Württemberg Seit 2007 Verwaltungsratsmitglied der Krankenversicherung IKK classic
Thomas Schiek
TS Farben Maler Boden
Tel.: (07181) 99855-0/Fax: -21
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