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Teil 10: Unproduktive Zeiten als Kostenfaktor

Erfolgsfaktoren im Malerhandwerk
Teil 10: Unproduktive Zeiten als Kostenfaktor

Sicher kennen Sie folgende oder ähnliche Situationen. Sie haben ein Angebot solide kalkuliert. Auf einen Gesellenlohn von 13,00 Euro/Stunde wurden die notwendigen Gemeinkosten von beispielsweise 200 Prozent aufgeschlagen und ein Gewinn von fünf Prozent eingerechnet. Dies ergibt einen Stundensatz von 40,95 Euro und eine Lohnminute von 0,68 Euro.
Leider haben Sie den Auftrag nicht erhalten, weil einige Mitbewerber erheblich unter dem von Ihnen kalkulierten Preis lagen. Nun mag man den Wettbewerb beklagen – häufig werden die Preise ja tatsächlich von den Ahnungslosen „kaputtgemacht“.
Man mag den Wettbewerb beklagen, doch er ist fundamentaler Bestandteil unseres Gesellschaftssystems. Zwar ist es einigen Malerbetrieben gelungen, sich unabhängiger zu machen vom Markt, indem sie Nischenbereiche bedienen oder vorwiegend mit treuen Stammkunden arbeiten. Aber die meisten Betriebe kennen die oben beschriebene Realität nur zu gut.
Bereits im letzten Beitrag (Heft 11/2007) wurden einige Maßnahmen diskutiert, wie sich die betrieblichen Kosten reduzieren lassen. Ein äußerst wichtiger Faktor wurde dabei noch ausgeklammert, der ein erhebliches Potenzial vermuten lässt: die unproduktiven Zeiten.
Untersuchungen haben gezeigt, dass im Handwerk von acht bezahlten Arbeitsstunden am Tage bis zu drei Stunden nicht oder ineffizient gearbeitet wird. Um ein Missverständnis vorab auszuräumen: Es geht nicht einfach darum, die Leistungsvorgaben der Mitarbeiter zu erhöhen, um so einen höheren Output zu erzielen. Das Ziel einer umfassenden Analyse besteht darin, die Mitarbeiter durch entsprechende Maßnahmen auch in die Lage zu versetzen, dass sie eine höhere Produktivität erzielen können (Tabelle 1).
Nun reduzieren wir die tägliche unproduktive Zeit um durchschnittlich 50 Prozent. Das heißt, aufgrund von entsprechenden Maßnahmen sind die Mitarbeiter insgesamt 30 Minuten länger auf der Baustelle. Man wird es kaum glauben, aber der Gemeinkostensatz reduziert sich dadurch um etwa 19 Prozent auf nur noch 181 Prozent. Statt einem Stundenverrechnungssatz von 40,95 Euro benötigt der Betrieb nur noch 38,36 Euro/Stunde (inkl. 5 Prozent Gewinn).
Der Vergleich in Tabelle 2 zeigt die Auswirkungen für das Angebot eines Fassadenanstrichs: Dies ergibt einen Vorteil von etwa 68 Cent je m². Berücksichtigt man die für einen Privatkunden nicht abziehbare Umsatzsteuer, sind es bereits gut 80 Cent/m². Bei einem Zweifamilienhaus mit 300 m² Fassadenfläche ergibt sich ein Preisunterschied von 240 Euro allein für die Beschichtung der Fassade.
Das ist doch Grund genug, um die unproduktiven Zeiten genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir wollen dabei zwischen der Betriebsorganisation und der Baustellenorganisation unterscheiden.
Betriebsorganisation
Die betriebsorganisatorischen Ursachen für unproduktive Zeiten betreffen im Wesentlichen zwei Bereiche. Zunächst geht es um die grundsätzliche Organisationsstruktur eines Betriebes, die immer vom Unternehmer selbst zu verantworten ist. Alle Führungskräfte vom Meister bis zum Vorarbeiter finden diese Struktur vor und haben kaum Einfluss darauf. Den zweiten Bereich nenne ich die Planung. Die Planung der Auftragsausführung wird natürlich durch die vorgegebenen Abläufe mitbestimmt.
Organisatorische Grundfragen
Zu den organisatorischen Grundfragen, die in diesem Zusammenhang relevant sind, zählen die Bereiche Arbeitszeit, Fuhrpark, Personal, Führung und Auftragsstruktur.
  • Arbeitszeit Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit wird vom Unternehmer selbst festgelegt, ebenso Beginn und Ende. Laut Rahmentarifvertrag beginnt und endet die Arbeitszeit an der vom Arbeitgeber (Unternehmer) benannten Arbeitsstelle. Das sind entweder die Baustelle oder die Werkstatt. In vielen Betrieben wird heute noch die Fahrzeit von der Werkstatt zur Baustelle bezahlt. Bei Fahrzeiten von lediglich 15 Minuten pro Tag fehlen im Musterbetrieb etwa 300 produktive Stunden, die nun als unproduktive Zeiten den Gemeinkostensatz um fast 10 % erhöhen. Natürlich ist eine Umstellung liebgewordener Gewohnheiten nicht immer problemlos möglich. Einige Malerbetriebe bezahlen daher statt den Fahrzeiten zur Baustelle den pauschalen Mehraufwand für die Nahentsendung (Auslöse) nach § 39 RTV. Dies hat für den Arbeitnehmer zugleich den Vorteil, dass dieser unter bestimmten Voraussetzungen sogar steuerfrei ausbezahlt werden kann.
  • Fuhrpark Viele Betriebe haben mustergültig ausgestattete Firmenfahrzeuge mit dem die Arbeitnehmer auf die Baustelle fahren. Die Frage ist allerdings: Wer ist dafür verantwortlich? Für jedes Firmenfahrzeug ist deshalb ein Verantwortlicher zu benennen.
  • Personal Personalplanung und -entwicklung war früher den mittleren und größeren Firmen vorbehalten. Inzwischen spielt sie auch im Handwerk eine größere Rolle, weil man erkannt hat, dass sie einen erheblichen Kostenfaktor darstellt.
  • Führung Eine hohe Fluktuationsrate sollte immer auch Anlass sein, über das Führungsverhalten im Unternehmen nachzudenken. Gehalt und finanzielle Zusatzleistungen sind zwar wichtige Faktoren, aber meist nicht die entscheidenden. Motivierend sind mindestens genauso die Art der Aufgaben, der Vorgesetzte und die Kollegen. Die Wertschätzung der Mitarbeiter zeigt sich auch in der Bedeutung der Weiterbildung. Weiterbildungen während der Arbeitszeit verursachen jedoch unproduktive Zeiten, so dass diese beispielsweise auch samstags stattfinden können. Weiterbildungsmaßnahmen sollten nicht nur im technischen Bereich angeboten werden. Sie können auch allgemeiner Art sein wie z. B. Rückenschulung, Erste Hilfe, Digitalfotografie.
  • Auftragsstruktur/Kleinaufträge Auch die Auftragsstruktur hat unmittelbar Auswirkungen auf die Kostenstruktur. Bei Kleinaufträgen besteht die Gefahr, dass im Wesentlichen nur die vor Ort benötigte Arbeitszeit kalkuliert wird. Kleinaufträge verursachen aber meist erheblich höhere unproduktive Kostenanteile in Form von Rüst- und Fahrzeiten. Diese lassen sich in Einheitspreisverträgen nicht immer durchsetzen. Es ist daher sicher vorteilhaft, bei Kleinaufträgen mehr mit Pauschalpreisangeboten zu arbeiten.
  • Kalkulation Nachkalkulationen und die damit verbundene Auftragsanalyse sind die Voraussetzung dafür, Schwachstellen und unproduktive Zeiten festzustellen. Nur wer dieses Instrumentarium konsequent einsetzt, kann auch Defizite feststellen und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung einleiten.
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