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Gefährlich chefzentriert

Betrieb & Markt
Gefährlich chefzentriert

Gefährlich chefzentriert
Thomas Scheld
Chef sein ist mehr, als immer jede Entscheidung zu treffen.

Gefährlich chefzentriert – auf den ersten Blick ist diese Formulierung widersinnig. Der Chef und Unternehmer steht im Mittelpunkt seines Unternehmens. Das soll er doch auch, denn schließlich ist es ja seine Sache, ob das Unternehmen funktioniert oder nicht. Er trägt die Verantwortung, also muss er auch den Weg vorgeben, das Zentrum bilden. Das ist so und wird immer so sein. Und das ist auch richtig. Aber es ist auch gefährlich, wenn immer alles über den Chef „läuft“. Chef sein ist mehr!

Chefzentrierte Organisation
In vielen Betrieben wird Verantwortung mit Entscheidung gleichgesetzt. Der Chef trägt die Verantwortung, also entscheidet er auch. Und er entscheidet immer. Im Zeitalter des Handy ist das auch kein Problem. Der Unternehmer ist immer erreichbar. Die Folge ist hinlänglich bekannt: Das Handy des Chefs klingelt eigentlich dauernd, egal, ob er auf der Baustelle, im Büro oder im Urlaub am Strand ist. Und immer gibt es ein kleines Problem. Ein Problem, das es eigentlich nicht geben dürfte und das vom Chef dann schnell am Telefon gelöst wird. Viele Malerbetriebe sind genau so „organisiert“. Es bleibt die Frage, was eigentlich passiert, wenn der Chef mal für einige Tage oder gar ein paar Wochen ausfällt. Dann läuft der Betrieb nicht mehr rund, denn für den „Fall der Fälle“ ist keine Vorsorge getroffen. Und das, obwohl der Betrieb wahrscheinlich das Wichtigste im Leben des Unternehmers und die Lebensgrundlage für seine Familie ist. Eine solche „Unorganisation“ ist unverantwortlich! Aber sie ist leider vielfache Realität.
Erlernte Dummheit
Der „Chef im Mittelpunkt“ hat den Eindruck, dass „ohne ihn nichts läuft“. Und in vielen Fällen stimmt dieser Eindruck sogar, denn die Mitarbeiter wenden sich wegen jeder noch so kleinen Kleinigkeit an ihren Chef. Und dieser stellt sich dann die Frage, ob denn „auf der Baustelle keiner mitdenken kann“. Und tatsächlich: Es denkt keiner mit, alle fragen immer den Chef. Man kann das psychologische Phänomen der „erlernten Dummheit“ beobachten: Wenn in Prob-lemsituationen für einen Menschen Entscheidungen permanent von einem anderen getroffen werden oder ein anderer für einen Menschen immer mitdenkt, so gewöhnt sich der Mensch schnell und gerne daran. Es ist für ihn bequemer sich in die Obhut eines anderen zu begeben, als sich selbst mit einem Problem auseinanderzusetzen. Also denkt er nicht mehr selbst mit, sondern trägt selbst kleine Problemchen an seinen Chef heran.
Chefüberlastung
Als Folge hat der Chef eine 60- bis 70-Stunden-Woche und ist trotzdem permanent zeitlich überlastet. Bei der Anzahl an Entscheidungen, die er täglich treffen muss, kommt es vor, dass er etwas übersieht. Er macht Fehler. Fehler, die oft teuer werden und die selbstverständlich nicht passiert wären, wenn er die nötige Zeit gehabt hätte. Der Chef beschäftigt sich mit allem, und das geht nicht, denn alles ist zu viel für einen. Also hat er das Gefühl seinen Aufgaben immer „hinterherzulaufen“. Er ist unzufrieden mit seinem Unternehmen, und er spürt „Stress“. Diesen vermeintlichen „Stress im Unternehmen“ nimmt er mit nach Hause, in die Familie, denn auch dort muss er natürlich immer erreichbar sein und die kleinen Problemchen im Betrieb lösen.
Jetzt ist es an der Zeit darüber nachzudenken, ob der Chef jede Entscheidung selbst treffen muss. Kann er Entscheidungsbefugnisse an andere Mitarbeiter abgeben und sich dann nur noch auf das Wesentliche konzentrieren?
Delegieren lernen
Diese Überlegungen sind oft schwer. Es ist schwer für den Chef selbst kleine Entscheidungen an Mitarbeiter abzugeben. Denn Entscheidungen abzugeben bedeutet für ihn, den Mitarbeitern zuzutrauen, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen werden. Entscheidungen abzugeben heißt Vertrauen entwickeln in die Fähigkeit der Mitarbeiter selbstständig zur Entscheidung in der Lage zu sein. Und es bedeutet auch sich mit 99-Prozent-Lösungen zufrieden zu geben. Und genau diese Fähigkeit muss vielfach erst erlernt werden – sowohl von den Mitarbeitern als auch vom Chef. Und dafür braucht es neben einer gewissen Zeit auch eines Handlungsrahmens. Hierbei darf natürlich nicht verkannt werden, dass nicht jeder Mitarbeiter in der Lage sein wird verantwortungsbewusst Entscheidungen zu treffen, und es wird auch nicht jeder lernen können, wie Entscheiden funktioniert.
Ziele formulieren
Ein Unternehmen kann nur erfolgreich sein, wenn die Unternehmensziele von allen Mitarbeitern konsequent verfolgt werden, oder, einfacher gesagt: „Alle müssen in die gleiche Richtung laufen, sonst bricht das Chaos aus“. Die Richtung einzuhalten ist sehr einfach, wenn der Chef die Richtung täglich aufs Neue vorgibt, er also mit seinen Weisungen darauf achtet, dass alle das Richtige tun. Aber genau das wollen wir ja reduzieren. Das Unternehmen soll von selbst laufen, der Chef nicht mehr permanent im Mittelpunkt stehen und jeden Einzelnen anweisen müssen. Also müssen die Ziele, die der Unternehmer für sich und sein Unternehmen gewählt hat, öffentlich gemacht werden. Der Unternehmer muss seine Unternehmensziele formulieren und kommunizieren. Er muss eine eindeutige Strategie vorgeben, mit der er die festgelegten Ziele erreichen will. Und er muss auf die Einhaltung pochen, ohne Kompromisse!
Strukturen schaffen
Sind die Ziele einmal festgelegt, dann muss bestimmt werden, wer für was im Unternehmen verantwortlich ist. Es muss eine Struktur geschaffen werden, die geeignet ist die Ziele zu erreichen. Im einfachsten Falle werden zunächst Stellenbeschreibungen für Facharbeiter, Vorarbeiter, Verwaltungspersonal usw. erstellt. In den Stellenbeschreibungen wird jeweils festgelegt, welche Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse die jeweilige Stelle hat. Und es wird der Dienstweg beschrieben, d.h., wer sich bei welchen Fragestellungen an wen zu wenden hat.
Delegieren heißt raushalten
Durch die Festlegung von Zuständigkeitsbereichen erhalten die Mitarbeiter Handlungsspielräume, in denen sie im Tagesgeschäft Entscheidungen eigenverantwortlich treffen können. So wird der Chef entlastet. Jedoch nur, wenn er den Handlungsspielraum, den er dem Mitarbeiter einräumt, für sich selbst gleichzeitig als Einschränkung begreift. Einfacher gesagt: Hat der Chef eine Aufgabe einmal delegiert, dann muss er sich raushalten und dem Mitarbeiter die Erfüllung zutrauen. Das heißt natürlich nicht, dass der Chef nun nicht mehr die Verantwortung trägt. Er hat selbstverständlich weiterhin die Gesamtverantwortung und muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter, an die er die Aufgaben delegiert hat, auch in der Lage sind diese Aufgaben zu erfüllen. Und natürlich muss er sich Ergebnisse vorlegen lassen und bei Fehlverhalten einschreiten. An seiner Verantwortung ändert sich nichts – er ist nur nicht mehr für jeden Einzelfall selbst zuständig.
Vorgehen standardisieren
Um sicherzustellen, dass Routineaufgaben zielorientiert erledigt werden, eignet sich die Anwendung von Checklisten besonders gut. Wie hat beispielsweise eine Materialbestellung beim Großhandel durchgeführt zu werden, und wie und wann werden die vom Händler für die einzelnen Materialien in Rechnung gestellten Preise kontrolliert? Was ist zu tun, wenn etwas falsch geliefert oder berechnet wurde? Standardprobleme, die mit standardisierten Vorgehensweisen im Tagesgeschäft von Mitarbeitern gelöst werden können statt den Chef zu belasten. Wer Entscheidungen auf mehrere Schultern verteilt, der muss für eine Abstimmung der einzelnen Entscheider sorgen. Hier haben sich regelmäßige Dienstbesprechungen bewährt. In solchen Meetings werden Probleme diskutiert und Lösungen gefunden. Und es werden Ziele für die einzelnen Unternehmensbereiche präsentiert und deren Ergebnisse verglichen und bewertet.
An Nachfolge denken
Ein Unternehmen zu führen ist eine Lebensaufgabe. Die meisten Unternehmer gehen in dieser Aufgabe voll und ganz auf und ordnen ihr alles andere unter. Und das muss wohl auch so sein, denn das Unternehmen fordert den ganzen Menschen und das nicht nur für einige Stunden am Tag. Dazu ist die Verantwortung zu groß und die Aufgabe zu wichtig. Manche Unternehmer sind ihrem Unternehmen so sehr verbunden, dass sie vergessen rechtzeitig darüber nachzudenken, wie es einmal nach ihnen weitergehen wird. Wie ist sichergestellt, dass ihr Lebenswerk dann weitergeführt wird? In der Praxis beobachten wir immer wieder, dass die eigenen Kinder vielfach das Unternehmen nicht übernehmen wollen. Sicher spielen hier Negativerfahrungen mit der Belastung der Eltern durch das Unternehmen und den dadurch bedingten Einschränkungen für die Familie eine Rolle. Darüber muss sich der Unternehmer frühzeitig Gedanken machen. Er muss frühzeitig nach Wegen suchen sein Lebenswerk zu erhalten.
Thomas Scheld
Kontakt: Thomas Scheld c/o C.A.T.S.-Soft GmbH Eigenroder Straße 1 35075 Gladenbach Tel.: (06462) 9374–0 Fax: (06462) 9374–30 scheld@cats-soft.de www.maler-software.net
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